Schätzungen zufolge gab es 2019 etwa 55 Millionen Menschen mit Demenz auf der Welt. In Bayern liegt die Zahl bei 270.000 Personen. Etwa 70 Prozent davon sind Frauen. Wer beruflich mit Rettungswagen oder Taxi unterwegs ist, stirbt seltener an Demenzerkrankungen wie Alzheimer. Das legen Ergebnisse einer Studie nahe, die am 16. Dezember 2024 (externer Link) im Fachmagazin British Medical Journal (BMJ) erschienen ist.
Räumliches Denken scheint Alzheimer vorzubeugen
Knapp neun Millionen Todesfälle von Erwachsenen hat der Mediziner Vishal Patel mit seinem Team von der Harvard Medical School in Boston überprüft. Die Daten-Grundlage bilden Sterbeurkunden aus den Jahren 2020 bis 2022, in denen 443 unterschiedliche Berufe der Verstorbenen angegeben waren. Bei 3,88 Prozent der Menschen lautete die Todesursache Alzheimer. Die Rate bei Personen, die ihr Berufsleben mit Krankenwagenfahren verbracht haben, liegt mit 0,74 Prozent deutlich darunter. Auch bei Taxifahrerinnen und Taxifahrern ist der Anteil gering: 1,03 Prozent.
In der Studie heißt es: "Dieser Trend war bei anderen Transportberufen, die weniger auf räumliche und navigatorische Verarbeitung in Echtzeit angewiesen sind, oder bei anderen Demenzarten nicht zu beobachten." Das heißt: Bei Piloten oder Busfahrerinnen, die vorgegebenen Routen folgen, zeigte sich beispielsweise der Effekt nicht. Das Forschungsteam vermutet einen Zusammenhang damit, dass gerade Fahrerinnen und Fahrer von Krankenwagen und Taxis auf ihren vielen täglichen Strecken räumliche Vorstellungen entwickeln müssen. Das erhält die Denkleistung offenbar besser als die Anstrengung in anderen Berufen.
Alzheimer entsteht im Hippocampus im Gehirn
Es geht beim Gehirntraining vor allem um den Hippocampus: Das ist eine der Regionen im Gehirn, in denen sich Alzheimer entwickelt. Der Hippocampus arbeitet als eine Art Zwischenspeicher des Gehirns. Das bedeutet, dass Informationen, die aufgenommen wurden, dann in Ruhephasen verfestigt und zur Speicherung in andere Hirnareale weitergeleitet werden.
Der Mediziner Gerd Kempermann vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Dresden: "Unser Gehirn braucht Bewegung, um gesund zu bleiben: Körperliche und geistige Bewegung und Anregungen sorgen dafür, dass es fit und aktiv bleibt." Eine Heilung von Alzheimer gibt es bisher nicht, obwohl die Forschungsanstrengungen enorm sind.
Statistischer Zusammenhang zwischen Alzheimer und Beruf
Die Auswertung der Studiendaten zeigt einen statistischen und keinen kausalen Zusammenhang zwischen Alzheimer und der früheren beruflichen Situation der Verstorbenen. Eindeutige Schlussfolgerungen über Ursache und Wirkung sind daher nicht möglich. "Weitere Forschung ist notwendig, um definitiv zu sagen, ob die für diese Berufe erforderliche räumliche kognitive Arbeit das Risiko beeinflusst, an Alzheimer zu sterben, und ob kognitive Aktivitäten potenziell präventiv sein können", so der Leiter der Untersuchung Vishal Patel.
14 Faktoren beeinflussen Alzheimer
Am 31. Juli 2024 hat eine Expertenkommission des Fachmagazins Lancet (externer Link) 14 Faktoren vorgestellt, die das Risiko beeinflussen, an Demenz zu erkranken. Um etwas dagegen zu tun, sei es zum Beispiel wichtig, gut zu hören oder ein Hörgerät zu verwenden, einen niedrigen Cholesterin-Spiegel zu haben, nicht zu rauchen und sportlich aktiv zu sein. Der Lebensstil ist also bedeutend in Bezug auf Alzheimer.
14 veränderbare Risikofaktoren sind demnach für 49 Prozent aller Demenzfälle weltweit verantwortlich. Der Job gehört bisher noch nicht zu den Faktoren, die Einfluss auf das Demenzrisiko haben. Jetzt diskutiert die Expertenkommission, auch berufliche Aspekte mit in die Liste aufzunehmen.
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