Wenn die Temperaturen sinken, steigt bei vielen der Appetit – vor allem auf Warmes und Herzhaftes. Das liegt daran, dass der Körper mehr Energie braucht, um seine Temperatur zu halten. Dieser sogenannte Thermoregulations-Effekt sorgt dafür, dass der Stoffwechsel anzieht – und damit auch der Appetit. Laut einer Übersicht des National Center for Biotechnology Information (NCBI) (externer Link) steigt der Energieverbrauch bei Kälte, weil der Körper Wärme erzeugt. Ob wir deshalb automatisch mehr essen, hängt aber vom Menschen ab: In manchen Studien aßen Teilnehmende trotz höherem Energieverbrauch gleich viel wie zuvor.
Auch das braune Fettgewebe spielt mit: Es arbeitet wie ein körpereigenes Heizkraftwerk und verbrennt Kalorien, wenn wir frieren. Forschende der LMU München und des Helmholtz Munich zeigen, dass sich dieses Fett durch Kälte oder scharfe Lebensmittel aktivieren lässt.
- Zum Hintergrund: Kalorienkiller: So aktiviert Kälte und Schärfe das braune Fett
Wie das Gehirn Hunger bei Kälte steuert
Hunger im Winter ist nicht nur ein Gefühl – er entsteht im Kopf. Eine Studie des Scripps Research Institute (externer Link) fand heraus, dass bei Kälte bestimmte Nervenzellen im Gehirn aktiver werden. Diese Zellen lösen bei Tieren ein gezieltes "Essenssuchverhalten" aus, sobald die Umgebung abkühlt.
Beim Menschen sind die Mechanismen komplexer. Aber klar ist: Unser Gehirn verknüpft Kälte mit Energiebedarf – und sendet uns ein deutliches "Iss was!". Früher war das überlebenswichtig. Heute dagegen leben wir in geheizten Räumen und bewegen uns weniger, was die zusätzlichen Kalorien schnell in kleine Fettpolster verwandelt. Das zeigen auch Forschende der University of Queensland (externer Link).
Warum Dunkelheit im Winter den Appetit steigert
Im Winter spielt nicht nur die Temperatur eine Rolle, sondern auch das Licht – oder besser gesagt: sein Fehlen. Wenn weniger Tageslicht auf uns trifft, produziert der Körper weniger Serotonin, ein Hormon, das Stimmung und Appetit reguliert. Sinkt der Spiegel, wächst die Lust auf Kohlenhydrate.
Viele greifen dann zu Nudeln, Kartoffeln oder Süßem, weil Kohlenhydrate die Serotoninbildung anregen – und kurzzeitig für gute Laune sorgen.
Alte Instinkte, neue Gewohnheiten
Evolutionsbiologisch gesehen war es früher sinnvoll, im Winter Reserven anzulegen – Kälte bedeutete Energieverlust und Nahrungsknappheit. Heute leben wir im Überfluss, aber der Körper hat seine uralten Programme nicht vergessen.
Was dazu kommt: Der Winter ist auch die Jahreszeit der Gewohnheiten. Viele verbinden Deftiges mit Geborgenheit, gemeinsames Essen mit Gemütlichkeit. Wenn es draußen stürmt, ist ein Teller Linseneintopf einfach attraktiver als ein grüner Salat.
So lässt sich der Winterhunger zähmen
- Wärme von innen: Scharfe Gewürze wie Ingwer, Chili oder Pfeffer regen den Kreislauf an.
- Regional essen: Kohl, Rote Bete und Lauch aus Bayern liefern Nährstoffe und sorgen für Sättigung.
- Bewusst genießen: Wer Lust auf Deftiges hat, darf zugreifen – aber mit Maß.
- Licht & Bewegung: Spaziergänge im Tageslicht stabilisieren Serotonin und mindern Heißhunger.
Leicht, aber sättigend: Suppen mit Hülsenfrüchten oder Ofengemüse stillen den Hunger, ohne zu beschweren.
Tipps für eine ausgewogene Ernährung im Winter gibt das Verbraucherportal Bayern (VIS): So kommen Sie fit und gesund durch den Winter (externer Link)
Unser Winterhunger ist also kein Mythos: Kälte, Lichtmangel, Hormone und alte Instinkte wirken zusammen – und machen Lust auf Deftiges. Wer weiß, was dahintersteckt, kann den Appetit besser steuern.
Zum Video: Schmidt Max und das Wintergemüse
Zichorie & Co.
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