Die KZ-Gedenkstädte Dachau
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Blick auf einen aus abgemagerten und schreienden Menschenfiguren zusammengesetzter symbolischen Zaun an der KZ-Gedenkstätte Dachau.

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90. Jahrestag der Errichtung des KZ Dachau: Streit um Gelder

90. Jahrestag der Errichtung des KZ Dachau: Streit um Gelder

Mit einer Sonderausstellung wird heute in der KZ-Gedenkstätte Dachau an die Errichtung des KZ vor 90 Jahren erinnert. Ministerpräsident Söder wird die Schau eröffnen. Derweil gibt es heftigen Streit über Ausbau und Finanzierung der Gedenkstätte.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Am 22. März 1933 – also genau heute vor 90 Jahren – wurde das Konzentrationslager in Dachau errichtet, keine zwei Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Heute ist auf dem einstigen KZ-Gelände eine Gedenkstätte eingerichtet, die alljährlich von rund einer Million Menschen aus aller Welt besucht wird, darunter auch viele bayerische Schulklassen.

Ein Erinnerungs- und Lernort mit enormer Bedeutung

Dass die KZ-Gedenkstätte wichtig ist als Erinnerungs- und Lernort, gerade in einer Zeit, da extrem rechte Ideologie und Antisemitismus wieder auf dem Vormarsch sind, wird von niemandem ernsthaft angezweifelt und auch von bayerischen Spitzenpolitikern bei Gedenkfeiern in Dachau immer wieder hervorgehoben. Der Präsident der Lagergemeinschaft Dachau, der 90-Jährige KZ-Überlebende Ernst Grube betont: "Die Gedenkstätte hat eine ungeheure Bedeutung für das Vermitteln von Wissen, für die historische Erinnerung und auch um menschliche, humanitäre Fragen zu behandeln und zu beantworten."

Trotz versprochener 110 Millionen Euro geht nichts voran

Obwohl die bayerische Staatsregierung vor drei Jahren für die Gedenkstättenarbeit in Bayern rund 110 Millionen Euro zugesichert hat, kommen wichtige Sanierungs-, Modernisierungs- und Ausbauprojekte jedoch kaum voran. Nun ist ein heftiger Streit über die Finanzierung ausgebrochen, nachdem das Staatsministerium für Kultur und Medien in Berlin pünktlich zum 90. Jahrestag der KZ-Errichtung einen Förderantrag der Stiftung Bayerische Gedenkstätten abgelehnt hat.

Dabei geht es vor allem um die Umgestaltung der nachgebauten Häftlingsbaracken auf dem einstigen Appellplatz. Die Gedenkstätte möchte dort einen Lernort errichten, der didaktisch und auch technisch auf dem neuesten Stand ist. So soll – unterstützt durch eine Multimedia-App – der Alltag der Häftlinge im Lager plastisch dargestellt werden. Außerdem ist geplant, den langen Kampf der Überlebenden für die Errichtung der 1965 eingeweihten Gedenkstätte darzustellen.

KZ-Gedenkstätte Dachau
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90. Jahrestag der Errichtung des KZ Dachau: Streit um Gelder

Antrag abgelehnt! Wegen "Stümperei"?

Doch laut Bundesregierung hat die Gedenkstättenstiftung einen fehlerhaften Antrag eingereicht, in dem unter anderem auch Gelder für Baumaßnahmen beantragt wurden – obwohl das Förderprogramm des Bundes für Gedenkstättenkonzeption solche ausdrücklich nicht fördere. Zudem hätten die Summen, die Bayern gefordert hat, die im Fördertopf vorhandenen Mittel um ein Vielfaches überstiegen, heißt es aus dem zuständigen Staatsministerium für Kultur und Medien in Berlin, dem die bayerische Grünen-Politikerin Claudia Roth vorsteht. Der Antrag habe also gar nicht genehmigt werden können. Darauf habe man die Stiftung auch mehrfach in mündlicher und schriftlicher Form hingewiesen, so Roth in einem persönlichen Brief an Bayerns Kultusminister Piazolo, der dem BR vorliegt.

Die Fraktionschefin der Grünen im bayerischen Landtag Katharina Schulze und die grüne Landtagsabgeordnete Gabriele Triebel werfen der Staatsregierung in einem offenen Brief nun "Stümperei" vor und fordern Aufklärung darüber, wieso und von wem der fehlerhafte Antrag eingereicht wurde und warum trotz Warnungen daran festgehalten wurde. Die international bedeutsame KZ-Gedenkstätte sei sehenden Auges in eine Sackgasse katapultiert worden, so die Grünen-Politikerinnen.

Widerspruch von Kultusminister Piazolo

Kultusministerium und Gedenkstättenstiftung haben dieser Darstellung in einer gemeinsamen Erklärung gegenüber dem BR vehement widersprochen. Man habe im Gegensatz zur Bundesregierung stets offen und transparent kommuniziert. Die Darstellung des Berliner Ministeriums, wonach das Bundesprogramm Gedenkstättenkonzeption grundsätzlich keine Baumaßnahmen bezuschusse, sei angesichts der veröffentlichten Förderrichtlinien "nicht nachvollziehbar". "Ich sage in aller Deutlichkeit, dass Bayern konzeptionell und finanziell in Vorleistung gegangen ist" so Kultusminister Michael Piazolo. Zu hoffen sei, dass sich auch die Bundesregierung ihrer Verantwortung bewusst werde. "Dem Freistaat Bayern ist der Erhalt und die Weiterentwicklung seiner zentralen Gedenkstätten ein besonderes Herzensanliegen."

Marode Gebäude, brachliegende Projekte

Unbestritten ist allerdings, dass in Dachau seit Jahren diverse Vorhaben auf Eis liegen, obwohl dringender Handlungsbedarf besteht: So sind eine der Baracken auf dem einstigen Appellplatz sowie das einstige Krematorium so marode, dass sie bei Schneelast einzustürzen könnten. Der KZ-Friedhof am nahegelegenen Leitenberg droht abzurutschen. Gleichzeitig verfällt der sogenannte Kräutergarten – eine Plantagenanlage, in der Häftlinge unter schlimmsten Bedingungen für die SS schuften mussten.

Seit Jahren ist geplant, den Kräutergarten, der aktuell im Besitz der Stadt Dachau ist, in die Gedenkstätte zu integrieren. Doch dieses Projekt kommt ebenso wenig voran, wie die geplante Umgestaltung der Gedenkstätte. Schon vor Jahren hat die Gedenkstätten-Leitung dafür ein umfassendes Konzept vorgelegt: So sollen unter anderem ehemalige SS-Gebäude des sogenannten ersten Lagers in die Gedenkstätte integriert werden, die aktuell noch von der Bayerischen Bereitschaftspolizei genutzt werden. Außerdem soll die Dauerausstellung im einstigen Wirtschaftsgebäude des KZ erweitert, umgestaltet und modernisiert werden.

Empörung bei der Lagergemeinschaft Dachau

Bei der Lagergemeinschaft Dachau, der Interessenvertretung der einstigen Häftlinge und ihrer Nachkommen, ist man fassungslos darüber, dass all diese Projekte seit Jahren nicht vorankommen und nun auch noch der Förderantrag für die Umgestaltung der Baracken gescheitert ist. "Wir finden das Konzept, das die Gedenkstätte entwickelt hat, sehr gut und sind sprachlos darüber, dass es jetzt heißt: Solche Mittel stehen ja überhaupt nicht zur Verfügung", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Lagergemeinschaft Jürgen Müller-Hohagen dem BR.

In der Gedenkstätte will man die Hoffnung nicht aufgeben, dass den vielen Sonntagsreden der Politik über die Wichtigkeit der Erinnerungsarbeit doch noch irgendwann Taten folgen. Man sei zwar enttäuscht, hoffe nun aber auf Zuschüsse aus anderen Fördertöpfen, so Gedenkstättenleiterin Gabriele Hammermann: "Ich möchte aber eines betonen: Grundsätzlich stehen zahlreiche Gedenkstätten von nationaler Bedeutung vor großen Neugestaltungsvorhaben. Das erfordert von Ländern wie vom Bund entsprechende große finanzielle Anstrengungen."

Was sagt Söder?

Nun bleibt abzuwarten, ob Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei seinem heutigen Besuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau zu dem Streit Stellung nehmen wird. Söder wird dort eine Sonderausstellung zu den frühen Konzentrationslagern der Nationalsozialisten eröffnen, die gemeinsam von 17 deutschen Gedenkstätten entwickelt worden ist und aktuell in ganz Deutschland zu sehen ist.

Insgesamt errichteten die Nazis in den ersten Monaten ihrer Herrschaft rund 80 Lager, um ihre politischen Gegner auszuschalten – vor allem Kommunisten, Sozialisten und Gewerkschafter. Zusammen mit dem KZ Oranienburg bei Berlin war Dachau das erste derartige Konzentrationslager überhaupt, als einziges bestand es während der gesamten Zeit der NS-Diktatur und es wurde bald zum Musterlager des Terror-Systems, mit dem die Nazis ihre Herrschaft sicherten. Insgesamt wurden hier mindestens 200.000 Menschen inhaftiert, über 40.000 ermordet.

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