Alltagsbegleiterin Claudia Fichtner schaut mit Seniorin Anneliese Gumpp ein Fotoalbum an.
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Zeit zum Reden und Zuhören - auch dafür sind die Alltagsbegleiter da

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Alltagsbegleiter: Ein besonderer Pflegedienst

Alltagsbegleiter: Ein besonderer Pflegedienst

Möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen – das wünschen sich viele. Oft wäre das mit etwas Unterstützung auch möglich, doch Pflegedienste haben für eine solche Betreuung meist keine Zeit. In Höchstädt gibt es deshalb "Alltagsbegleiter".

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Immer freitags um 10 Uhr macht sich Alois Hörmann bereit. Denn dann ist es Zeit für seine wöchentliche Erledigungstour mit Alltagsbegleiter Andreas Weber. Auf die Bank, Lebensmittel einkaufen, zum Baumarkt – allein kann der 92-Jährige diese Tour nicht mehr machen. Er wohnt in einem Reihenhaus in Schretzheim, einem Stadtteil von Dillingen. Hier versorgt er sich weitgehend alleine und kümmert sich um seinen kleinen Garten, aber zum Einkaufen, da braucht er Unterstützung. Alltagsbegleiter Andreas Weber kümmert sich jetzt schon seit zwei Jahren um Alois Hörmann. Die beiden sind ein gutes Team, sagen sie übereinstimmend. Für Alois Hörmann ist Andreas Weber fast so etwas wie ein Sohn, sagt er. Seine Frau ist gestorben, seine Kinder wohnen weit weg. "Ich brauch ihn ja, ich habe sonst niemand", sagt Hörmann.

Ohne Zeitdruck auf Einkaufstour

Erst sei er von einem ambulanten Pflegedienst versorgt worden, aber die hätten ihm nur die Tabletten hergerichtet und seien dann wieder gegangen. Der Zeitdruck war zu groß, die Mitarbeiterin musste schnell weiter. Andreas Weber hat mehr Zeit, er erledigt mit ihm, was zu tun ist: Gemeinsam gehen sie zur Bank, dann zum Baumarkt. Da ist auch ein Bäcker und bei dem, verrät Alois Hörmann, gibt es sein Lieblingsbrot, ein Dinkelbrot. Und außerdem kennt er die Verkäuferinnen dort, hält immer auch einen kleinen Schwatz mit ihnen. Andreas Weber weiß das, wartet geduldig, erst dann gehen die beiden in den Baumarkt. Und dort kann es auch wieder länger dauern - Alois Hörmann hat immer neue Ideen, was er in seinem Garten noch machen könnte. Aber Andreas Weber kann sich die Zeit nehmen.

Seit zwei Jahren gibt es die Alltagsbegleiter in Höchstädt

Claudia Fichtner sitzt unterdessen am Schreibtisch, im Büro der Alltagsbegleiter, in ihrer Wohnung in Höchstädt. Vor zwei Jahren hat sie sich mit den Alltagsbegleitern selbstständig gemacht. Das sei schon ein Wagnis gewesen, mit über 50 seine feste Stelle aufzugeben und noch einmal neu anzufangen, sagt Fichtner. Respekt habe sie schon gehabt vor der neuen Aufgabe. Und jetzt? Hat sie über 50 Mitarbeiter, die an die 500 Menschen in den Landkreisen Dillingen, Donau-Ries und Günzburg betreuen. Die älteste "Klientin", wie Fichtner ihre Kunden nennt, ist 101 Jahre alt, aber die Alltagsbegleiter betreuen auch Kinder, die pflegebedürftig sind, oder unterstützen die Eltern, etwa indem sie für sie einkaufen gehen.

Pflegekasse übernimmt in der Regel die Kosten

Je nach Pflegegrad übernimmt die Pflegekasse einen Teil oder auch die gesamten Kosten. Für die Ausbildung zum Alltagsbegleiter muss man eine Schulung mit 40 Unterrichtseinheiten belegen, lernt dabei etwas über Krankheiten im Alter, über hauswirtschaftliche Tätigkeiten oder auch, wie man mit pflegenden Angehörigen kommuniziert und sie unterstützen kann. Doch auch die Büroarbeit muss erledigt werden: Claudia Fichtner gibt gerade die Daten zu einem neuen Klienten ein: Ein 30 Jahre alter Mann, er hatte einen Schlaganfall und Probleme mit dem rechten Arm. Ihn werden die Alltagshelfer beim Bügeln und der Hausarbeit unterstützen.

Alltagbegleiter: "Wir helfen - aber sind kein Putzdienst"

Unterstützen, nicht alles abnehmen: "Wir sind kein Putzdienst" - das ist Claudia Fichtner ganz wichtig. Jeder soll tun, was er noch kann, mitmachen, mithelfen. So ist Anneliese Gumpp aus Höchstädt gerade dabei, die Blumen von ihrem Fensterbrett zu räumen. Alltagsbegleiterin Bettina Heuer wird das Fenster danach putzen - Arbeitsteilung also. Eingekauft hat sie heute auch schon für die 82-Jährige, die vielen Treppen bis zur Haustüre seien für sie seit ihrem Oberschenkelhalsbruch im Oktober einfach nicht mehr zu schaffen. Trotzdem wolle sie auf jeden Fall in ihrem Haus wohnen bleiben, sagt die Seniorin. Ihr Sohn wohnt auch hier und schaut regelmäßig nach ihr. Trotzdem ist sie froh, dass Bettina Heuer ihr im Haushalt hilft.

Im Haushalt helfen, aber auch mal einfach nur zuhören

Und Claudia Fichtner kommt auch ab und zu vorbei, zum Reden. Heute hat Anneliese Gumpp ein Fotoalbum hergerichtet, zeigt ihre große Familie. Das achte Urenkelchen werde jetzt bald geboren, sagt sie stolz. Aber auch die aktuelle Nachrichtenlage bewegt sie. Auch sie sei geflohen, im Zweiten Weltkrieg, könne sich noch gut an die Luftschutzbunker erinnern. Die Menschen in der Ukraine und die vielen Mütter und die Kinder, die jetzt auf der Flucht seien, täten ihr unendlich leid, sagt die 82-Jährige. Sie sei sehr dankbar, dass es die Alltagsbegleiter gibt. Vor ihrer Reha hätte sie das gar nicht gewusst, ihr Sohn hätte sie darauf aufmerksam gemacht. Jetzt ist sie froh über die Unterstützung, die es ihr ermöglicht, in ihren eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben.

Volles Programm: vom Baumarkt zum Augenarzt

Alois Hörmann ist unterdessen fündig geworden im Baumarkt. Drei Gießkannen hat er gekauft, für die vielen Blumen in seinem Garten. Jetzt hat er noch einen Augenarzttermin. Andreas Weber fährt ihn hin und begleitet ihn. Und nächsten Freitag wird er wiederkommen, Punkt 10 Uhr. Alois Hörmann wird dann wieder bereitstehen - mit einer neuen Liste an Dingen, die sie gemeinsam erledigen werden.

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