13.12.2025, Bayern, Dingolfing: Auf dem Marienplatz in Dingolfing steht ein beleuchteter Weihnachtsbaum. Wegen mutmaßlicher Anschlagspläne auf einen Weihnachtsmarkt im Raum Dingolfing in Niederbayern sind fünf Männer festgenommen worden. Noch ist unbekannt, um welchen Weihnachtsmarkt es sich handelt. Foto: Lars Haubner/NEWS5/dpa - ACHTUNG: Autokennzeichen aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
13.12.2025, Bayern, Dingolfing: Auf dem Marienplatz in Dingolfing steht ein beleuchteter Weihnachtsbaum. Wegen mutmaßlicher Anschlagspläne auf einen Weihnachtsmarkt im Raum Dingolfing in Niederbayern sind fünf Männer festgenommen worden. Noch ist unbekannt, um welchen Weihnachtsmarkt es sich handelt. Foto: Lars Haubner/NEWS5/dpa - ACHTUNG: Autokennzeichen aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
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Anschlagspläne Niederbayern: Verdächtiger als Islamist bekannt

Anschlagspläne Niederbayern: Verdächtiger als Islamist bekannt

Neue Erkenntnisse zu den mutmaßlichen Anschlagsplänen in Niederbayern: Der Hauptverdächtige war den Behörden bekannt. Der Verfassungsschutz stufte den 56-jährigen Ägypter bereits länger als Islamisten ein, wie Recherchen von BR und Correctiv zeigen.

Über dieses Thema berichtet: Bayern-2-Nachrichten am .

Fünf Männer wurden vergangene Woche festgenommen, weil sie einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt im Raum Dingolfing-Landau geplant haben sollen. Jetzt gibt es weitere Details zum Hauptverdächtigen: Demnach war der 56-jährige Ägypter dem Bayerischen Verfassungsschutz schon längere Zeit als Anhänger der extremistischen Muslimbruderschaft bekannt. Zudem galt er als Sympathisant des Terrornetzwerks al-Qaida. Das haben der BR und das gemeinnützige Medienhaus Correctiv aus Sicherheitskreisen erfahren.

Islamistischer Anschlagsverdacht auf Weihnachtsmarkt

Wichtig sind diese Zusammenhänge auch deshalb, weil die Ermittler eine islamistische Motivation hinter dem mutmaßlich geplanten Anschlag vermuten. Der 56-jährige Ägypter soll in einer Moschee im Raum Dingolfing-Landau zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt aufgerufen haben, wie die Generalstaatsanwaltschaft München schon kurz nach der Festnahme bekannt gab. Drei der Verdächtigen sollen bereit gewesen sein, den Anschlag auszuführen.

Das durch den Ägypter ausgegebene Ziel war es laut Generalstaatsanwaltschaft, "möglichst viele Menschen zu töten oder zu verletzen". Wie der Ägypter zu den Vorwürfen steht, bleibt unklar. BR und Correctiv konnten keinen Kontakt zu einem Anwalt herstellen. Der 56-Jährige lebt bereits seit rund drei Jahrzehnten in Deutschland und verfügt über eine Niederlassungserlaubnis.

Terrorismusexperte Peter Neumann vom King’s College in London findet den Fall "ungewöhnlich". Der festgenommene Ägypter sei mit 56 Jahren deutlich älter als bei den meisten anderen Festnahmen der vergangenen Monate und Jahre. "Er agierte zudem offenbar als Prediger in einer Moschee, also nicht im Internet, sondern in der sogenannten Echtwelt", sagt Neumann BR und Correctiv.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Sonntag, dass nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge der Anschlag "nicht unmittelbar bevorgestanden" habe. Technische Geräte, etwa Handys, müssten nun ausgewertet werden. Ob organisatorische Verflechtungen des Ägypters zu al-Qaida oder der Muslimbruderschaft bestanden, bleibt bisher unklar.

Al-Qaida weiterhin aktiv

Fakt ist, dass al-Qaida neben dem sogenannten Islamischen Staat (IS) nach wie vor aktiv ist. So verweist etwa das Bundesamt für Verfassungsschutz in seinem Bericht von 2024 (externer Link) darauf, dass das Terrornetzwerk neben dem IS über seine Propagandakanäle weiterhin zu Anschlägen im Westen aufruft.

Sollte der 56-jährige Ägypter "tatsächlich Sympathien für al-Qaida gehegt haben, wäre auch das ungewöhnlich, denn zu wahllosen Anschlägen rief zuletzt eher der sogenannte Islamische Staat auf", sagt Terrorexperte Neumann. "Al-Qaida, vor allem Al-Qaida im Jemen, motivierte seine Anhänger dagegen eher zu gezielten Anschlägen gegen Juden und Amerikaner oder auch gegen militärische Einrichtungen."

So tickt die Muslimbruderschaft in Europa

Vor diesem Hintergrund lassen sich unterschiedliche Strategien islamistischer Akteure erkennen. Während al-Qaida auf Gewalt und transnationalen Terror setzt, verfolgt die Muslimbruderschaft in Europa einen anderen Ansatz: Sie strebt eine langfristige Umgestaltung von Gesellschaft und Staat nach islamischen Normen an, orientiert an der Scharia, jedoch über schrittweisen, legalen Einfluss, sagen Verfassungsschützer. In Europa geschieht dies vor allem durch Bildungsarbeit, Predigten sowie die Vernetzung von Moschee- und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Diese Vorgehensweise erklärt, warum die Muslimbruderschaft europaweit nicht als militant gilt, zugleich aber als ideologisch und demokratiepolitisch problematisch beobachtet wird.

Außerhalb Europas sei das grundlegende Verhältnis der Muslimbruderschaft zur Gewalt taktischer Natur und die Organisation sei immer wieder bereit, auch Gewalt zur Umsetzung ihrer Ziele einzusetzen, sagt Terrorexperte Hans-Jakob Schindler von der Forschungsorganisation Counter Extremism Project. Die terroristische Hamas beispielsweise sei palästinensischer Ableger der Muslimbruderschaft

Vier Haftbefehle, weitere Fragen offen

Wie sich der Fall im Raum Dingolfing-Landau weiterentwickelt, muss sich noch zeigen. Die Generalstaatsanwaltschaft weist ausdrücklich darauf hin, dass für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt.

Nach bisherigen Erkenntnissen sollen drei Marokkaner im Alter von 22, 28 und 30 Jahren bereit gewesen sein, einen Anschlag auszuführen, zu dem der 56-jährige Ägypter in einer Moschee aufgerufen haben soll. Ein 37-jähriger Syrer soll die Männer in ihrem Entschluss zusätzlich bestärkt haben. Gegen vier der Beschuldigten – darunter auch den Ägypter – wurde Haftbefehl erlassen, ein weiterer Mann befindet sich in Präventivgewahrsam.

Gegen welchen Weihnachtsmarkt das mutmaßliche Attentat gerichtet gewesen sein soll, ist bislang noch unklar.

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