Das große Galeria-Kaufhaus in der Augsburger Innenstadt ist Geschichte. Die Sorgen waren groß: Wie werden sich das riesige, großteils leere Gebäude und die fehlende Einkaufsmöglichkeit auf die Umgebung auswirken? Einige Monate nach der Schließung zieht man in der Stadt eine Zwischenbilanz - und zwar eine durchaus positive.
Zwei Geschosse belebt, umliegende Geschäfte haben sich angepasst
Doch die umliegenden Geschäfte hätten schnell reagiert und ihr Sortiment um Produkte erweitert, die es bisher im Kaufhaus gab, sagt Wolfgang Hübschle, Wirtschaftsreferent der Stadt Augsburg, auf Anfrage des BR. Das sei sehr erfreulich, so hätten sie ihre Stammkundschaft halten können. Die Stadt sei im Moment in Gesprächen mit der Eigentümerin des Galeria-Gebäudes und mit potenziellen Mietern für die großen Flächen im Erdgeschoss. Der bisherige Lebensmitteldiscounter, der nach wie vor geöffnet ist, solle weiterhin als Mieter im Untergeschoss bleiben.
Ein Reisebüro, ein Bubbletea-Laden, ein Café und ein Pop-up-Vintage-Store locken derzeit im Erdgeschoß vor allem junges Publikum in den Komplex mitten in der Augsburger Innenstadt. Mitte Mai will Hübschle die IHK, den Handelsverband und weitere Beteiligte zu einem Runden Tisch einladen. Dann soll es um die zukünftige Nutzung der gesamten Immobilie gehen. Denkbar seien in den oberen Etagen auch Arztpraxen oder Schulräume.
Ära der Kaufhäuser in Innenstädten vorbei
Markus Hilpert, Experte für Standortentwicklung von der Uni Augsburg, sieht die Schließung des Kaufhauses als Teil eines größeren Trends: "Die Ära der Kaufhäuser in den Innenstädten ist eigentlich vorbei, deswegen ist die Schließung in Augsburg auch keine große Überraschung gewesen." Das Kaufverhalten habe sich verändert, die Konkurrenz sei größer geworden - Stichwort Onlinehandel – und es gebe die großen Gewerbeparks vor den Toren der Städte. Im Fall von Galeria in Augsburg sei es notwendig, schnell eine Folgenutzung für das leerstehende Gebäude zu finden, um zu verhindern, dass es einen Domino-Effekt gibt - weitere Leerstände also folgen.
Umnutzungen seien meist mit Umbauten, also mit Investitionen verbunden, sagt Hilpert. Da ist dann oft die Frage, ob es sich das dann noch rentiert. "Deswegen wundert es mich nicht, dass das Gebäude in der Augsburger Innenstadt schon seit einiger Zeit leer steht." Doch er ist optimistisch: "Das ist ja eine 1a-Lage. Da findet man bestimmt eine Nutzung."
Aufenthaltsqualität der Innenstädte wichtig
Moderne Innenstädte sollten Hilperts Meinung nach nicht nur Orte zum Einkaufen sein: "Wichtig sind auch Nutzungen, die einen hohen Erlebniswert haben, wo man sich gern und lange aufhält. Wenn man solche Räume integriert, schafft man es, Frequenz in die Innenstadt zu bringen." Das können zum Beispiel Schulen sein, aber auch Verwaltungsgebäude mit viel Besucherverkehr wie Arbeitsamt oder Handwerkskammer, Kultureinrichtungen oder Showrooms für regionale Betriebe. Als positives Beispiel für einen Ort mit großer Aufenthaltsqualität nennt er den Augsburger Stadtmarkt. "Da gehen viele Leute gerne hin und bleiben lange dort." Sogenannte Themenhäuser seien ein weiterer Trend, zum Beispiel in ein Haus des Sports, ein Haus der Begegnung, ein Haus der Kunst oder der Bildung.
Kaufkräftige Kundschaft aus dem Speckgürtel
Andreas Gärtner, Bezirksgeschäftsführer Schwaben des Handelsverbands Bayern, bleibt optimistisch, was die Attraktivität der Augsburger Innenstadt angeht: Eine angenehme Aufenthaltsqualität, die Orte zum Ausruhen und ein vielfältiges gastronomisches Angebot bietet, seien besonders wichtig. Ein Besuch der Augsburger Innenstadt werde schließlich oft als kleiner Urlaubstag betrachtet. Familien mit Kindern benötigten spezielle Angebote: etwa kinderfreundliche Plätze und kleine Spielbereiche. Augsburg sei da schon recht gut aufgestellt. Wichtig ist, laut Gärtner, dass künftig noch mehr Kundschaft aus dem kaufkräftigen Speckgürtel rund um Augsburg in die Innenstadt zum Einkaufen kommt. Dafür müsste es aber auch bessere Parkmöglichkeiten oder günstige ÖPNV-Sondertickets geben.
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