"Der Adam war schon immer irgendwie anders", sagt die Landwirtin Irene Spengler aus Zusmarshausen. Ihn zum Schlachter zu bringen, hätte sie nicht übers Herz gebracht. Irene hat andere Pläne mit ihrem Adam: Er soll ein Therapie-Ochse werden, also dazu beitragen, dass sich Menschen wohlfühlen, auf andere Gedanken kommen und eine kleine Auszeit bekommen. Demnächst wird Adam also Besuch bekommen - von Seniorinnen und Senioren, Demenzkranken und ihren Angehörigen. Denn Irenes Bauernhof wird zum Auszeithof.
Auszeithöfe – ein Nachmittag auf dem Bauernhof
Die Idee zum Projekt "Auszeithöfe" hatte Initiatorin Viktoria Lofner-Meir. Früher hat sie im Landwirtschaftsministerium gearbeitet, dann gründete sie den Verein Soziale Landwirtschaft und initiierte später die Auszeithöfe. Sie ist überzeugt: "Der Kontakt zu Tieren bewegt die Menschen. Wenn sie sich emotional berührt fühlen, ist das das Schönste, was wir hier mit dem Auszeithof erreichen können."
Immer mehr Bauernhöfe schließen sich an
Dieses Konzept hat der Verein Soziale Landwirtschaft Bayern mit Sitz im schwäbischen Türkheim entwickelt. Insgesamt gibt es nun vier Netzwerke – in Schwaben, im Alpenvorland, in Nord- und Südbayern, mit derzeit 34 Auszeithöfen in ganz Bayern. Durch die Auszeichnung "Gutes Beispiel" von Bayern2 Radio wurde das Projekt noch bekannter, meint Lofner-Meir. "Das Preisgeld ist das eine, aber das Marketing, das wir damit erfahren haben, das ist unbezahlbar."
Win-win-Situation für Landwirte, Demenzkranke und Angehörige
Ältere oder demente Besucher können Tiere streicheln oder Rahm zu Butter schütteln – das weckt bei vielen positive Erinnerungen an früher. Auch die Angehörigen, die durch die häusliche Pflege belastet sind, genießen die Auszeit. Für die Betriebe ist das Projekt eine willkommene Zuverdienst-Möglichkeit. So können die Auszeithöfe ein klein wenig zum Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft in Bayern beitragen. Finanziert wird das Angebot aus Mitteln des Bayerischen Demenzfonds, der Landesregierung und durch Spenden. 160 Euro gibt es pro Besuchergruppe für die Bäuerinnen und Bauern.
Ochse Adam und Ochse Blessi helfen künftig gemeinsam
Irenes Mann, Martin Spengler, war es wichtig, dass nicht nur ein Ochse allein gehalten wird. Deswegen darf auch Ochse Blessi bis an sein Lebensende am Hof der Familie Spengler bleiben. Schon bald werden die ersten Demenzkranken die beiden Ochsen besuchen kommen. Irene Spengler freut sich, dass ihr "Schätzilein" Adam künftig Menschen helfen kann - "Hauptsache, er macht irgendwas", sagt sie und kuschelt sich an den Ochsen.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!