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Neben Elektromobilität war das autonome Fahren auf der Straße eines der Hauptthemen auf der IAA in München. Zum Auftakt der Mobilitätsmesse äußerten Vertreter der bayerischen Landeshauptstadt, des Landes, Wissenschaftler und der Branchenverband VDA die Absicht, sich dafür einzusetzen, dass München zur Modellregion für autonomes Fahren wird. Ziel sind 20.000 autonome Shuttles und 5.000 autonome Busse.
Wo bleiben die fahrerlosen U-Bahnen?
"Dann stellt sich aber die Frage, wieso es fast unmöglich ist, fahrerlose U-Bahnen einzuführen, während gleichzeitig fahrerlose Busse, was weitaus komplexer ist, da viel mehr und unterschiedlicher Verkehr berücksichtigt werden muss, kein Problem sein sollen", kommentierte in diesem Zuge BR24-User "Hans.Dampf". "Oder ist das mal wieder die Aversion der Politik gegen alles, was auf Schienen fährt?"
"Fast unmöglich" ist es grundsätzlich nicht. Im Nahverkehr gibt es bereits seit Jahren automatisiert fahrende Züge. Laut "Allianz pro Schiene" sind europaweit in 17 Städten selbstfahrende Metros unterwegs, zum Beispiel in London oder in Paris. Auch weltweit sind einige fahrerlose U-Bahnen im Einsatz. So fahren seit ein paar Monaten in Saudi-Arabien, in Riad, 67 Züge von Siemens Mobility vollautomatisiert und fahrerlos.
In Deutschland gibt es immerhin ein Projekt, in Nürnberg, und das seit 2008. BR24-User "Aus Regensburg" führte in den Kommentaren dieses Beispiel an: "Schienenverkehr müsste tatsächlich einfacher zu automatisieren sein – die Technik gibt's ja schon lange, siehe U-Bahn Nürnberg."
Dass vor allem U-Bahnen fahrerlos unterwegs sind, hat einen einfachen Grund: Es ist auf der Schiene am leichtesten umsetzbar, wie auch die Nutzer argumentierten. U-Bahnen fahren unterirdisch, das heißt der Verkehr ist ziemlich vorhersehbar. Die Züge fahren nur in eine Richtung. Allerdings geht es auch dort nicht ohne Sensoren und Daten. Schließlich muss man wissen, wo der eigene Zug steht und wo andere Bahnen stehen oder mit welchen Geschwindigkeiten sie unterwegs sind. Von großer Bedeutung ist die Situation in den Bahnhöfen, das Zu- und Aussteigen der Fahrgäste an den Gleisen. Nürnberg überwacht das mit Radar.
Keine fahrerlose U-Bahn in München in absehbarer Zeit
In München sind dagegen ähnliche Projekte nicht vorgesehen. Der aktuelle Zugtyp C2 sei nach den aktuellen Anforderungen nicht wirtschaftlich für einen vollautomatischen Betrieb nachrüstbar, teilt die Pressestelle der Münchner Verkehrsbetriebe MVG auf BR24-Anfrage mit. Die nächste Zuggeneration werde für den vollautomatischen Betrieb vorbereitet sein. Das wird allerdings noch einige Jahre dauern.
Zudem weist die Pressestelle darauf hin, dass im Unterschied zu autonom fahrenden Bussen nicht nur das Fahrzeug mit entsprechender Technik ausgestattet sein muss, sondern auch die Infrastruktur, Zugsicherung und Sicherung des Gleisbereichs. Das sei in einem Bestandsnetz aus den 70er-Jahren, wie man es in München hat, nur mit erheblichem Aufwand und ebenso erheblichen Kosten umsetzbar.
Über der Erde wird es deutlich schwieriger
In Kopenhagen wird gerade daran gearbeitet, das komplette S-Bahnnetz für den fahrerlosen Betrieb umzurüsten, bis 2033. S-Bahnen zu automatisieren gilt als ungleich komplexer als U-Bahnen. Denn S-Bahnen fahren auch oberirdisch und damit steigen die Gefahren. Menschen oder Tiere können die Gleise kreuzen, Gegenstände können darauf liegen. Oberirdisch ist der Zugverkehr auch den Witterungseinflüssen ausgesetzt. Und wenn man dann an den Nah- oder Fernverkehr der Bahn denkt, wird es noch komplexer – und zwar je schneller es wird.
BR24-User "AtariSTianer" fragte noch: "Ich verstehe nicht, warum nicht die neue S-Bahn für München fahrerlos, also autonom, gebaut wurde?"
Wahrscheinlich könnte die neue S-Bahn sogar autonom fahren. Bei der Vorstellung in München meinte Siemens CEO Roland Busch jedenfalls, dass diese von der virtuellen Entwicklung bis zum automatisierten Betrieb digitale Intelligenz auf die Schiene bringe. Allerdings fügte eine Pressesprecherin der Deutschen Bahn hinzu, dass "grundsätzlich auch nach 2028" weiterhin Lokführer eingesetzt werden. Es fehle an einer entsprechenden Ausrüstung der Infrastruktur im Gesamtnetz der S-Bahn.
Das Verkehrsbündnis "Allianz pro Schiene" jedenfalls sieht großes Potenzial. Deren Geschäftsführer Dirk Flege meint, die Schiene sei beim autonomen Fahren schon sehr viel weiter als etwa die Straße. Dass gerade im Fern- und Nahverkehr nicht viel vorangeht, liegt seinen Angaben nach nicht an den technisch fehlenden Möglichkeiten, sondern am politischen Willen. Die Politik sehe offenkundig die Notwendigkeit nicht.
Beim bayerischen Verkehrsministerium heißt es dazu, man sensibilisiere immer wieder für das Thema bei entsprechenden Veranstaltungen oder Gremien. Bei Ausschreibungen im bayerischen Schienenpersonennahverkehr werde man sich künftig offen zeigen. Allerdings, fügt das Ministerium hinzu, sobald Technik und Sicherheit dies zuverlässig zuließen. Die Nachfrage nach speziellen Förderprojekten wie beim autonomen Fahren auf der Straße ließ die Pressesprecherin unbeantwortet.
Dieser Artikel ist erstmals am 21. September 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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