Mit großen Augen sitzen die 15 Teilnehmer des Bairisch-Kurses am Klinikum Straubing auf ihren Stühlen. Vor ihnen steht Kabarettist Thomas Mayer, alias Vogelmayer, in Lederhose. Ein Beamer wirft Tafeln mit bairischen Begriffen an die Wand. "Der Butter"? Das haben wir im Deutsch-Kurs doch anders gelernt, scheinen sich manche von ihnen zu denken.
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"Ich finde Bairisch sehr interessant"
Immer wieder werden die Handys gezückt und Fotos gemacht. "Ihr kriegt den Kurs auch zugeschickt, ihr müsst euch nicht alles merken", sagt der Vogelmayer in die Runde. Erleichterung macht sich breit. Verständlicherweise, denn auch dem ostwestfälischen Autor dieses Textes fällt es spätestens bei den Vokalen und Zwielauten nicht leicht, zu folgen. Knapp zwei Stunden versucht der Kabarettist, seinen ausländischen Zuschauern die bayerische Mundart mit einer Mischung aus Geschichte, Gepflogenheiten und Grammatik näherzubringen.
Einer, der sein Handy besonders häufig herausholt, ist Remar Gale. "Servus, i bin Remar, i kimm von den Philippinen. Gfreit mi, euch kennenzulernen", sagt er zu Beginn eines kurzen Interviews. Seit zwei Monaten sei er in Bayern, erzählt er, seit einem halben Jahr habe er in Onlinekursen Deutsch gelernt. Remar spricht gut, versteht fast alles. "Ich finde Bairisch sehr interessant. Es ist aber sehr schwer zu reden und zu verstehen. Ich gebe mein Bestes", sagt der 38-Jährige in seiner fröhlichen Art.
Verstehe Patienten nicht, wenn sie Bairisch sprechen
Wie seine Kolleginnen und Kollegen erhält der Krankenpfleger hier am Klinikum auch regelmäßig Deutsch-Unterricht. Sie alle bewegen sich auf dem Sprachniveau B1 oder B2. Im niederbayerischen Klinikalltag kann es aber zu Problemen kommen. Und das läge eben am Dialekt, wie auch Anastasiia Kurakina beschreibt. Die Russin ist ebenfalls seit etwa zwei Monaten in Deutschland. Auch sie hat bereits Online-Deutschkurse besucht.
"Jeden Tag habe ich diese Situation: Ich verstehe Patienten gar nicht, wenn sie auf Bairisch sprechen. Ich stehe dann da, mit großen Augen, und frage 'Wie bitte?‘ oder 'Was haben Sie gesagt?', sagt Anastasiia in sehr gutem Deutsch und fügt lachend an: "Das ist sehr schwer, das ist andere Sprache, das ist nicht Deutsch."
"Ein Buch mit sieben Siegeln"
So wie Remar und Anastasiia geht es hier allen Teilnehmern. Sie haben in ihrer jeweiligen Heimat die Ausbildung gemacht und im Laufe des Jahres die berufliche Anerkennung erlangt. Das Klinikum ist auf sie angewiesen. Wegen des Fachkräftemangels hat das Krankenhaus schon mehr als 170 Pflegekräfte aus 20 Nationen angeworben. Die Idee zum Kurs hatte Claudia Zink aus der Integrationsabteilung. Sie erfuhr von einem Bairisch-Kurs an der Volkshochschule, den der Kabarettist Vogelmayer gab, und holte ihn 2021 zum ersten Mal in die Klinik. "Es wird sehr gut angenommen und ist auch immer sehr lustig", sagt Zink, "Vor dem Kurs fragen sich manche, welche Sprache sie überhaupt gelernt haben."
Der Vogelmayer ergänzt, es käme unter Kollegen oder mit den Patienten oft zu Missverständnissen: "Es ist uns schon bewusst, dass das Bairische für einen Nichtdialektsprecher ein Buch mit sieben Siegeln ist." Er wolle ihnen die Angst vorm Dialekt nehmen.
"Basst scho"
Am Ende des Kurses teilt der Kabarettist noch Sprachtafeln aus. Anastasiia soll die Farben auf Bairisch vorlesen – und meistert es nahezu fehlerfrei. Was ihr Lieblingsausdruck auf Bairisch sei, wird sie danach gefragt. "Basst scho", sagt sie und geht in diesem Moment fast als Niederbayerin durch. Remar mag ein anderes Wort besonders gerne: "Spatzi, das heißt Schatz und ist liebevoll."
Ein Anfang ist gemacht für Anastasiia, Remar und Co. Es wird ihnen helfen, noch besser in ihrer neuen Heimat anzukommen.
Dieser Artikel ist erstmals am 16.12.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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