Hubert Aiwanger (Freie Wähler),  bayerischer Wirtschaftsminister, und Michaela Kaniber (CSU) Forstministerin
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Hubert Aiwanger (Freie Wähler), bayerischer Wirtschaftsminister, und Michaela Kaniber (CSU) Forstministerin

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"Bankrott des Naturschutzrechtes": BUND kritisiert Jagdnovelle

"Bankrott des Naturschutzrechtes": BUND kritisiert Jagdnovelle

Jagdminister Aiwanger will das Jagdgesetz so ändern, dass auch geschützte Tiere wie der Wolf künftig regelmäßig von den Jagdbehörden gemanaged werden können. Der Bund Naturschutz spricht von einem "Generalangriff auf geschützte Arten".

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die von Hubert Aiwanger (Freie Wähler) geplante Reform des Bayerischen Jagdgesetzes sorgt beim Bund Naturschutz in Bayern für Empörung. Die BN-Artenschutzexpertin Christine Margraf fürchtet einen "Naturschutz mit der Flinte", in Zuständigkeit von Behörden, wie den Unteren Jagdbehörden bei den Landratsämtern "die dafür keinerlei Kompetenz" hätten. Mit der Gesetzesnovelle würden "die ganzen Erfolge des Artenschutzes in den letzten Jahrzehnten mit Füßen getreten", so Margraf.

Denn Aiwanger plant, dass Tierarten, die nach EU-Recht als "streng geschützt" oder "geschützt" gelten – wie etwa der Wolf, der Goldschakal oder der Feldhamster – künftig unter das Jagdrecht fallen. Das würde bedeuten: nicht mehr die Naturschutzbehörden wären in Bayern für das Management dieser Arten zuständig, sondern das Wirtschafts- und Jagdministerium und die untergeordneten Jagdbehörden bei den Landratsämtern.

BUND will klagen und notfalls Volksbegehren starten

Für den Ehrenvorsitzenden des Bund Naturschutz, Hubert Weiger, wäre die Umsetzung des Referentenentwurfs aus Aiwangers Jagdministerium "der Bankrott des Natur- und Artenschutzrechtes in Bayern". Außerdem trete das Umweltministerium angestammte Zuständigkeiten im Artenschutz ans Jagdministerium ab.

Würden künftig Jagdbehörden Schutzstatus und Erhaltungszustand geschützter Tierarten beurteilen, dann sei das "fachlich fragwürdig und rechtlich hochproblematisch". Weiger gelobt diesen "Generalangriff" abzuwehren und appelliert an Aiwanger "diesen Irrweg zu verlassen". Andernfalls würde der Bund Naturschutz den Klageweg einschlagen, bei der EU-Kommission Beschwerde einlegen und notfalls sogar ein Volksbegehren starten.

Aiwanger fürchtet Klagen von "Großstadtökologen" nicht

Jagdminister Aiwanger weist im BR die Vorwürfe zurück: "Der Bund Naturschutz versteht wieder mal nichts von der Sache, sondern hier sind wirklich Großstadtökologen an der Diskussion, die nicht wissen, was draußen los ist." Wenn Tiere, wie etwa der Wolf "zunehmend Probleme" machten, dann müsse man sie eben regulieren, wie in anderen Bundesländern, oder auch in Schweden. Schließlich lebten in Bayern mittlerweile "rund 100 Wölfe, deutschlandweit über 2.000", der Bestand sei sprunghaft gestiegen, da müsse man "jetzt eingreifen und nicht länger zuschauen".

Außerdem würden Rotwild, Rehwild und das geschützte Gamswild, ja auch "jagdlich gemanaged", so Aiwanger. Eine Klage des Bund Naturschutz, oder ein Volksbegehren fürchtet Aiwanger nicht. "Ich mache mir da keine Sorgen, aber die finden immer wieder einen findigen Juristen, der irgendwo ein Problem sieht." Der Bund Naturschutz solle sich lieber um die durch Wolf oder Fischotter bedrohten Arten kümmern.

Für Forstministerium ist Jagdgesetznovelle "nicht durchdacht"

Allerdings: Jagdminister Aiwanger bekommt auch vom Koalitionspartner CSU Gegenwind. Das Forstministerium unter Michaela Kaniber teilt auf BR-Anfrage mit, man halte es "für verfassungsrechtlich schwierig und nicht durchdacht", den Umgang mit den nach EU-Recht "streng geschützten" und "geschützten" Arten im Jagdrecht zu regeln. Außerdem seien "die Sorgen des Bund Naturschutz, dass die Ziele des Artenschutzes durch eine Verlagerung der Zuständigkeiten leiden, (..) berechtigt".

Umweltministerium kommentiert Kompetenzabgabe nicht

Das Bayerische Umweltministerium unter Thorsten Glauber (Freie Wähler) will die Kritik des Bund Naturschutz, es trete Naturschutz-Kompetenzen zum Schaden des Artenschutzes ans Jagdministerium ab, nicht direkt kommentieren. Allerdings befürworte Umweltminister Thorsten Glauber "eine Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des fortgeschrittenen Verfahrens auf EU-Ebene zur Herabstufung des Schutzstatus zielführend. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit innerhalb der Staatsregierung in Abstimmung."

Forstministerium will überarbeitetes, "zukunftsweisendes" Jagdgesetz

Auf die noch laufenden Verhandlungen zwischen CSU- und Freie Wähler-Fraktion über die Jagdrechtsnovelle verweist auch Kanibers Forstministerium: Die vom Bund Naturschutz aufgeworfenen Fragen zeigten, dass noch "weitreichender Klärungsbedarf" bestehe. Das Wirtschaftsministerium sei "jetzt gefordert, einen Entwurf für ein zukunftsweisendes Jagdgesetz vorzulegen, das den Interessen von Eigentümern, Naturschützern, Jägern und Gesellschaft gleichermaßen Rechnung trägt". Aiwanger wiederum meint, zunächst sei das Landwirtschaftsministerium am Zug. Das habe "bisher nur kritisiert, selber aber keine Vorschläge vorgestellt. Also in meinen Augen reine CSU-Parteipolitik, was hier betrieben wird, dem Aiwanger ständig in den Arm fallen, aber selber nichts vorschlagen". Nörgeln alleine helfe jetzt nicht mehr weiter.

Mit Blick auf die koalitionsinternen Streitereien hofft der Bund Naturschutz, dass das Jagdgesetz, in seiner von Aiwanger geplanten Form, noch zu verhindern ist.

Im Video: BUND kritisiert Jagdnovelle

Jagdminister Aiwanger will das Jagdgesetz lockern, Forstministerin Kaniber hält dagegen.
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Jagdminister Aiwanger will das Jagdgesetz lockern, Forstministerin Kaniber hält dagegen.

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