Ein schlechtes Wahlergebnis, wie zuletzt bei der Landtagswahl vor einem Jahr könne man – wie schon häufig zuvor – für aufgearbeitet erklären "oder wir machen etwas anders", sagt Bayerns SPD-Chefin Ronja Endres. Sie ist für Letzteres. Um wieder deutlich mehr als 8,4 Prozent zu erreichen, brauche es mehr Herz, erklärt Endres in ihrer Rede beim Kleinen Parteitag der bayerischen SPD in Schweinfurt. Die Inhalte, für die die SPD künftig eintreten will, müssten dazu in den Herzen der Mitglieder verankert sein, um schließlich auch die Herzen der Wählerinnen und Wähler erreichen zu können.
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"Die Menschen brauchen Sicherheit"
Die Zeichen stehen also auf inhaltlicher Neuaufstellung. Die sucht die bayerische SPD im Ziel, Politik für "echte Leistungsträger" zu machen, für eine breite Mehrheit der arbeitenden Mitte. Endres bringt es auf einen Leitsatz, den sie in ihrer Rede mehrmals wiederholt: "Die SPD in Bayern steht für die Menschen, die das Land am Laufen halten, die das mal getan haben oder es gerade nicht können." Was das bedeutet, um die auch in Bayern schwächelnde Wirtschaft wieder anzukurbeln, erklärt Endres so: Die Menschen "brauchen eben Sicherheit. Die Automobilbranche muss wissen, woran sie ist. Die Zukunft ist elektrisch. Ein Satz - klare Ansage. Tatsache. Wirtschaft retten." Und es brauche strategische Investitionen, günstige Strompreise - und zwar für Industrie und Verbraucher. So könne es Sicherheit geben, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben.
Kampfansage an die Union und Harmonieversprechen intern
Es ist zugleich die Kampfansage der SPD an CSU und CDU, die den Parteien der Ampelregierung vorhalten, keinen wirksamen Weg zu verfolgen, der aus der anhaltenden Wirtschaftsflaute herausführen kann. Ronja Endres revanchiert sich mit Kritik an der bayerischen Staatsregierung. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnet sich sie als "Teilzeit-Ministerpräsidenten". In Richtung Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, der im Kabinett Söder für Wirtschaft zuständig ist, sagt sie: "Wenn wir endlich einen Wirtschaftsminister hätten". SPD-intern verspricht Endres hingegen mehr Harmonie. Mit der unschönen Gewohnheit interner Streitigkeiten solle künftig Schluss sein, und zwar indem die breite Basis der Partei mitgenommen werde.
Im Video: Bayern-SPD-Vorsitzende Ronja Endres im BR24-Interview
Endres’ erster großer Auftritt nach Rücktritt von Florian von Brunn
Es ist nach dem Abtritt von ihrem vormaligen Co-Chef Florian von Brunn die erste Rede von Ronja Endres als alleinige Parteivorsitzende bei einem Parteitag. Von Brunn hatte vor gut drei Monaten seinen Hut genommen. Nach Kritik an seinem Führungsstil und mangelndem Vertrauen zog er sich im Juli zunächst vom SPD-Fraktionsvorsitz im Landtag und wenige Tage danach vom Parteivorsitz zurück. Seine Co-Parteichefin Endres übernahm den Vorsitz daraufhin allein. Doch es sprach noch jemand in neuer Position auf dem Parteitag in Schweinfurt. Der Generalsekretär der SPD-Bundespartei, Matthias Miersch, der vor kurzem für Kevin Kühnert nachgerückt ist. Kühnert hatte seinen Rückzug aus gesundheitlichen Gründen angetreten.
Neuer SPD-Generalsekretär Miersch verbreitet Optimismus
Matthias Miersch gab sich kämpferisch und optimistisch. Die SPD könne stolz sein auf ihre Arbeit in der Bundesregierung. So rief er den Genossinnen und Genossen in Erinnerung: "Wir haben Dinge im Land erreicht, die ohne die SPD niemals erreicht worden wären." Zuerst sei die SPD die "Wahnsinnsherausforderung" des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine angegangen, habe die Energieversorgung sichergestellt und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz durchgesetzt. Als weitere Beispiele nannte Miersch die Anhebung des Mindestlohns und den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Kritik an Union und Kanzlerkandidat Merz
Nicht zuletzt nahm sich der neue SPD-Generalsekretär die CDU und ihren Kanzlerkandidaten Friedrich Merz vor, insbesondere dessen Äußerung "Wir brauchen Respekt vor den Besserverdienern". Miersch hält dagegen, Merz wolle damit nur Politik für ein Prozent der Leistungsträger machen. "Politik muss gerade für die da sein, die sich keine Privatschulen oder einfach so ein neues Elektroauto leisten können". Die SPD setze auf Leistungsträger aus der arbeitenden Mitte. Und die will Miersch nicht am Einkommen messen, sondern an ihrem Beitrag, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Miersch sprach damit ein Thema an, das im Zentrum des Leitantrags der Bayern-SPD steht.
Im Video: SPD-Generalsekretär Miersch im BR24-Interview
Leitantrag verabschiedet
Die insgesamt 114 Delegierten verabschiedeten einen Leitantrag, den die Partei als ersten Schritt für eine Neuausrichtung versteht. Vize-Generalsekretär Nasser Ahmed spricht von einem Zukunftsprogramm, das bis Mai 2025 unter Beteiligung der Parteibasis beraten werden soll. Demnach will die Bayern-SPD für die "echten Leistungsträger*innen des Alltags" Politik machen. Das sind jene Menschen, die Beruf und Familie unter einen Hut bringen müssen, Alleinerziehende, pflegende Angehörige und Ehrenamtliche, heißt es im Leitantrag.
Und weiter: "Leistung bemessen wir nicht an der Anzahl von Überstunden. Leistung bemessen wir nicht am Kontostand". Unterstützung dafür kommt auch vom Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Holger Grießhammer. Der Leitantrag untermauere die Position der Fraktion, ihre Politik ein Stück weit mehr in die Mitte der Gesellschaft zu rücken, sagt er.
Im Video: Parteitag der Bayern-SPD in Schweinfurt
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