Der Stadtplatz von Kemnath mit gotischer Stadtpfarrkirche
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Bayerns finanzkräftigste Stadt liegt in der Oberpfalz

Bayerns finanzkräftigste Stadt liegt in der Oberpfalz

Im Landkreis Tirschenreuth liegt die reichste Stadt Bayerns: Kemnath in der Oberpfalz hat laut dem Bayerischen Städtetag die größte Finanzkraft im Freistaat. Was der Grund dafür ist und welche Städte und Gemeinden danach kommen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Noch vor 20 Jahren war der Landkreis Tirschenreuth hinter kaum vorgehaltener Hand als das "Armenhaus Bayerns" verschrien. Der Niedergang der Keramik- und Glasindustrie hatte im Nordosten des Freistaates deutliche Spuren hinterlassen. Im Jahr 2022 liegt dort nun mit Kemnath diejenige Kommune in Bayern, die pro Einwohner betrachtet die größte Finanzkraft hat.

Spitzenwert: 13.500 Euro pro Einwohner

Diese Finanzkraft wird jährlich vom Bayerischen Städtetag erhoben. Sie misst, wie viel Geld eine Kommune zur Verfügung hat, und berechnet sich aus der Summe aus Steuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen, abzüglich der Kreisumlage. Die Zahl dient der Landespolitik vor allem dazu, die Höhe dieser Zuweisungen und verschiedener Fördersätze zu berechnen.

In Kemnath liegt sie 2022 auf die Einwohnerzahl umgerechnet bei etwa 13.500 Euro pro Kopf. Auf den Finanzkraft-Plätzen zwei und drei liegen Grünwald und Gräfelfing mit 10.900 Euro und 7.400 Euro pro Einwohner. Der Gesamtschnitt aller bayerischen Kommunen liegt bei ziemlich genau 1.000 Euro.

Siemens-Finanztrick bringt Geldsegen ins Stadtsäckel

Der Löwenanteil des Geldsegens in Kemnath kommt aus dem Siemens-Konzern. Der betreibt dort schon seit vielen Jahren ein Produktionswerk der Medizintechnik-Sparte "Healthineers" mit aktuell 1.200 Mitarbeitern. Dabei profitiert die Stadt von einem Finanztrick des Unternehmens: Siemens hatte 2018 den Wert seines eigenen Markennamens eingepreist, indem die Rechte daran – nach Recherchen der "Welt" im Wert von 9,5 Milliarden Euro – in ein Tochterunternehmen verschoben wurden. Dieses Tochterunternehmen wurde dann in Kemnath angesiedelt – wohl auch, weil die Stadt damals ihren Gewerbesteuer-Hebesatz auf den bayernweit niedrigsten Wert von 230 Prozentpunkten gesenkt hatte.

Kleinstadt-Haushalt in der Größenordnung kreisfreier Städte

Das seit 2019 sprudelnde Geld wecke Erwartungshaltungen bei Bürgern und umliegenden Gemeinden, mit denen nicht immer einfach umzugehen sei, sagt Bürgermeister Roman Schäffler (CSU). Natürlich sei es beruhigend und gebe Planungssicherheit, ein finanzielles Polster zu haben, gerade im Angesicht der aktuellen Kostensteigerungen – aber irgendjemand müsse Projekte auch erst mal realisieren.

Kemnath hatte in den letzten Jahren teils einen Haushalt in der Größenordnung von mehr als zehnmal so großen Städten, wie etwa Weiden oder Bayreuth, deren Stadtverwaltung ganz anders dimensioniert sei. Andererseits dürfe man die Verwaltung auch nicht zu sehr aufblähen, sagt Schäffler – die Gefahr sei groß, sich in den guten Zeiten zu viele laufende Kosten aufzuladen. Die nämlich würden zum echten Problem werden, sollten die Gewerbesteuereinnahmen einmal wieder deutlich geringer ausfallen.

Finanzkraft inzwischen auch für Bürger spürbar

Dennoch: Die meisten Bürgerinnen und Bürger Kemnaths spüren durchaus, dass Geld da ist, insbesondere die jungen. Die Stadt hat die Grundsteuer senken und ihre freiwilligen Leistungen in den letzten Jahren deutlich aufstocken können: Vereinsförderung, Energiesparförderung, Begrüßungsgeld für Neugeborene, Zuschüsse für junge Familien, die sich in der Stadt niederlassen, oder auch Baukindergeld. Zudem hat Kemnath die Kindergartengebühren gesenkt, sodass ein Kindergartenplatz nun kostenlos ist - nur noch für Hort- und Krippenplätze müssen Eltern bezahlen. Dazu kommen Investitionen in Gebäudesanierungen und Straßenbau, unter anderem wird aktuell die Realschule für über 70 Millionen Euro neu gebaut.

Gesamter Landkreis profitiert von seinen finanzstarken Kommunen

Die Auswirkungen sind messbar: Kemnath und das benachbarte Kastl sind die einzigen beiden Gemeinden im Landkreis Tirschenreuth, die inzwischen wieder einen Bevölkerungszuwachs verzeichnen. Aber auch in den anderen Kommunen hat sich die Abwanderung deutlich verlangsamt - denn über die landkreisweite Kreisumlage profitieren sie alle ein Stück weit vom Geld überdurchschnittlich finanzkräftiger Orte.

Die Handlungsspielräume, um die Probleme des ländlich geprägten Landkreises Tirschenreuth anzugehen, seien insgesamt merklich größer geworden, sagt Landrat Roland Grillmeier (CSU): "Man kann hier für Gesundheitsversorgung, für Bildung, auch für Tourismus und Freizeitgestaltung etwas machen – für all die Themen, die wichtig sind", sagt der Landrat und fügt hinzu: "Eine attraktive Region hat immer mehr Zulauf als eine Region, die absteigt – auch das haben wir Anfang der 2000er ja stark erlebt."

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