Die Beliebtheit von Elektroschockpistolen bei Bayerns Polizistinnen und Polizisten setzt sich fort. Die Geräte, die landläufig unter dem Namen eines Herstellers als "Taser" bekannt sind, wurden allein bis Mitte November mehr als 100 Mal gezückt, wie das Innenministerium in München der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Damit setzt sich der Anstieg der Vorjahre fort.
Im Gesamtjahr 2021 waren die Geräte erst 51 Mal zum Einsatz gekommen, im Folgejahr waren es schon 79 Einsätze. 2023 nutzen die Einsatzkräfte die Taser 102 Mal – und in diesem Jahr bis zum Stichtag 11. November 103 Mal.
Polizei: Keine Todesfälle oder bleibende Schäden
Wie in den Vorjahren drohten die Beamtinnen und Beamten den Gebrauch der offiziell "Distanzelektroimpulsgeräte" genannten Waffen auch in diesem Jahr oft nur an. 68 Mal reichte schon der Anblick aus, um das Gegenüber zur Vernunft zu bringen. 30 Mal setzten die Einsatzkräfte die Elektroschockgeräte im Distanz-, 5 Mal im Kontaktmodus ein. Dabei gab es laut Innenministerium bislang keinen Anlass zu Ermittlungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Einsatzes.
Auch gab es keine Todesfälle oder bleibenden Schäden, wie das Ministerium ausführte. "Im Rahmen der Einsätze kam es im Distanzmodus lediglich zu oberflächlichen Hautverletzungen durch Eindringen der Pfeilspitzen sowie in Einzelfällen zu leichten Verletzungen durch einen Sturz aufgrund der immobilisierenden Wirkung."
Wie funktioniert der Taser?
Neben den Spezialeinsatzkommandos sind bei der bayerischen Polizei aktuell alle Unterstützungskommandos sowie alle "geschlossenen Einsatzeinheiten" der Landespolizei mit den Geräten ausgestattet. Insgesamt verfügt die bayerische Polizei über rund 230 Elektroschockpistolen. Sie werden grundsätzlich nur in Teams von vier Beamtinnen und Beamten eingesetzt, um alternativ handeln zu können, sollte der Taser keine Wirkung zeigen.
Wenn die Polizistinnen und Polizisten den Taser benutzen, schießen sie zwei nadelförmige Projektile in den Körper ihres Widersachers. Die Projektile sind meist mit isolierten Drähten mit der Waffe verbunden, sodass es in der Folge zu einem Stromfluss kommt, der den Betroffenen vorübergehend lähmt. In der Zeit können die Einsatzkräfte dann zugreifen.
Taser-Einsatz: Eine immer wiederkehrende Diskussion
Das Innenministerium verweist zudem auf einen weiteren Vorteil aus polizeilicher Sicht: die hohe präventive Wirkung. Die Pistolen wurden in einer gelben Farbe angeschafft und sind daher gut wahrnehmbar. "Eine große Zahl der Einsatzlagen kann bereits durch die Androhung – verbal oder durch Zeigen des Lichtbogens – bereinigt werden", schilderte das Ministerium. Dessen Gesamtbilanz fällt daher positiv aus: "Durch die Ausrüstung mit Distanzelektroimpulsgeräten konnte eine Vielzahl von körperlichen Auseinandersetzungen mit Verletzungspotenzial vermieden werden."
Seit Jahren wird darüber diskutiert, ob Polizisten grundsätzlich mit einem Taser ausgestattet sein sollten. Ein Fall im August brachte die Debatte erneut ins Rollen: Damals erschoss die Polizei in München-Sendling eine Messerangreiferin. "Ein Taser hätte vielleicht diese Situation anders lösen können", meinte Thorsten Grimm, stellvertretender Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Bayern, kurz nach dem Vorfall.
Im August machte das Innenministerium auf BR24-Anfrage aber deutlich, dass der Taser kein "Allheilmittel für gefährliche Einsätze" sei – "vor allem, wenn Täter mit Schusswaffen oder Messern ein sofortiges Handeln der Polizei erfordern." In sehr brenzligen Situationen könne es vorkommen, dass der Taser keine Wirkung hat – etwa wenn die Elektroden die Kleidung nicht durchdringen. Auch lasse der Täter das Messer durch die Muskelverkrampfung nicht zwingend fallen: "Ohne die besondere Schutzausstattung von Spezialeinheiten wäre es nicht möglich, den Täter ohne Eigengefährdung zu entwaffnen."
Mit Informationen von dpa.
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