Familie Welzel aus Vilshofen beantwortet die Post ihrer Brieffreundschaften
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Brieffreundschaften: Analog vernetzt auf der ganzen Welt

Brieffreundschaften: Analog vernetzt auf der ganzen Welt

Zum heutigen Welttag des Briefeschreibens möchte man meinen: E-Mail und soziale Medien haben das Briefeschreiben abgelöst. In Vilshofen aber gibt es eine Familie, die genau dafür brennt, Menschen auf der ganzen Welt Briefe von Hand zu schreiben.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Wenn Sabine Welzel aus Vilshofen im Landkreis Passau zum Briefkasten geht, dann ist sie voller Vorfreude. Denn bei den Welzels landen nicht nur Rechnungen und Werbung in der Post. Der Briefkasten ist immer voll mit bunten Kuverts aus verschiedenen Ländern. Familie Welzel hat mehr als 100 Brieffreundschaften auf der ganzen Welt.

Wohnzimmer wie ein Copy-Shop

"Ein Brief berührt die Seele. Zu wissen, dass am anderen Ende der Welt jemand sitzt, der genau weiß, was bei mir passiert, das tut mir gut", sagt Sabine Welzel. Die 41-Jährige freut sich heute besonders über Post aus Japan. Sie öffnet den Brief und ruft ihren Eltern zu: "Sogar mit Foto!" Während sie den Brief im Wohnzimmer liest, sitzen ihre Eltern daneben und sind in ihre eigenen Briefe vertieft. Sie alle schreiben ihren Freunden mit der Hand. Ihr Wohnzimmer gleicht einem Copy-Shop. Die drei sitzen zwischen Bergen von Papier, Kuverts, Aufklebern und Stiften. Sie wiegen die Briefe vor dem Frankieren und reichen sich Briefmarken.

Von der Brieffreundschaft zur Ehe

Sich etwas von der Seele zu schreiben tue ihnen gut. Etwas aufzuschreiben falle manchmal auch leichter, als es auszusprechen, sagen sie. Für alle drei ist es wichtig, Brieffreundinnen und Brieffreunde für verschiedene Themen und Anliegen zu haben. Aus einigen Freundschaften kann sich auch mehr entwickeln - dafür sind Anita und Klaus-Dieter Welzel das beste Beispiel. Sie gab auf der Suche nach dem Mann fürs Leben im Alter von 27 eine Annonce im "Goldenen Blatt" auf. Klaus-Dieter antwortete, nach mehreren Briefwechseln folgten Telefonate, dann der Heiratsantrag.

Briefe-Schreiben zur Entschleunigung

Die beiden pflegen rund 50 Brieffreundschaften in Deutschland und Österreich. Ihre Tochter schreibt mit rund 70 Frauen und Männern auf der ganzen Welt, auf Englisch und Französisch. Der elementare Unterschied zur Mail ist für Sabine Welzel, dass sie sich mehr Zeit für ihr Gegenüber nimmt. Und dass sie den Brief dann schreiben kann, wenn sie es möchte. "Bei Mails wird erwartet, dass man am selben Tag noch antwortet. Bei einem Brief können es mehrere Wochen sein", sagt sie.

Community findet sich über Freundschaftsbücher

Die Brieffreundinnen und -freunde finden die Welzels ganz analog über sogenannte Freundschaftsbücher. Das Prinzip: Eine Person macht den Anfang und schreibt die eigene Adresse mit ein paar Infos zu sich selbst in ein ansonsten noch leeres Heft. Dieses Heft wird von Brieffreund zu Brieffreund geschickt. Jeder, der noch auf der Suche ist, kann sich eintragen. Auf analogem Weg entsteht ein weltweites Netzwerk.

Sabine Welzel blättert in dem gerade angekommenen Freundschaftsbuch. Sie findet Adressen aus Texas, Kroatien, England und Australien. Ihre Augen bleiben aber bei Rovaniemi hängen, einem Ort in Finnland, dem sogenannten Weihnachtsmanndorf. "Dieser Ort ist interessant. Da schreibe ich hin. Man kann ja nie genügend Brieffreunde haben."

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