Demonstrierende ziehen durchs Dorf und halten Schilder hoch, auf denen "Koa Gas!" und "Nicht nur russisches Gas ist scheiße!" steht.
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Rund 600 Demonstrierende gegen Erdgasbohrungen zogen am 3. Mai 2025 durch Reichling.
Bildrechte: BR / Leon Wohlleben
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Rund 600 Demonstrierende gegen Erdgasbohrungen zogen am 3. Mai 2025 durch Reichling.

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Bürgermeister darf Klimaaktivisten nicht "Terroristen" nennen

Bürgermeister darf Klimaaktivisten nicht "Terroristen" nennen

Seit gut einem Jahr mischen Klimaaktivisten Reichling auf, um eine geplante Erdgasbohrung zu verhindern. Der Bürgermeister nannte die Demonstrierenden "Terroristen". Nun untersagte das Münchner Verwaltungsgericht dem Bürgermeister den Ausdruck.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Für das kleine Dorf Reichling war es ein großes Ding, als Anfang Mai rund 600 Menschen gegen die geplante Erdgas-Probebohrung demonstrierten – mitten in der Ortschaft. Angemeldet hatte die Demo ein Aktivist von Fridays for Future (FFF). Über ein Gespräch, das vorab stattfand, schrieb der Reichlinger Bürgermeister Johannes Hintersberger (CSU) im örtlichen Gemeindeblatt:

Zum Ende des Kooperationsgesprächs konnte ich es mir nicht nehmen lassen, die wenig kooperative Vorgehensweise anzumahnen und festzuhalten, dass wir als Gemeinde die Anreise dieser 'Terroristen' in Form des AST (Anrufsammeltaxi) auch noch kofinanzieren.

Der Veranstalter stellte deshalb einen Eilantrag auf Unterlassung beim Münchner Verwaltungsgericht und bekam in Teilen recht.

Verstoß gegen Sachlichkeitsgebot und Persönlichkeitsrechte

Das Verwaltungsgericht wertete die Bezeichnung "Terroristen" im oben genannten Kontext als Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot für staatliche Amtsträger und als Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte des FFF-Aktivisten. Daran würde auch die Verwendung von Anführungszeichen nichts ändern, heißt es. Die Gemeinde darf die Formulierung nicht mehr nutzen, sonst droht ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro. Auch das online einsehbare Mitteilungsblatt muss geändert werden. Den direkten Link dazu hat die Gemeinde bereits von ihrer Website entfernt.

Zitat muss entfernt werden

Auch an einer weiteren Formulierung des Bürgermeisters im Gemeindeblatt störten sich die Klimaaktivsten:

Auch dies nehmen die Veranstalter der Demo billigend in Kauf, um mit deren Worten zu sprechen: 'Vollkommen egal, welche Dorfveranstaltungen an diesem Tag abgesagt werden. müssen.'

Sie hätten das nie so gesagt, meinten die Aktivisten. Beide Parteien reichten eidesstattliche Erklärungen ein. Das Gericht fand, der Bürgermeister habe keine ausreichenden Beweise dagegen vorgebracht. Auch diese Formulierung muss er deshalb unterlassen.

Eilbeschluss noch nicht rechtskräftig

Der Eilbeschluss vom 6. Juni ist noch nicht rechtskräftig. Ab dem Eingang hat die Gemeinde zwei Wochen Zeit, um Beschwerde dagegen einzulegen. Weil das Verfahren noch läuft, wollte sich die Gemeinde auf Anfrage von BR24 nicht dazu äußern. Die Klimaaktivsten begrüßen den Eilbeschluss und haben weitere Demonstrationen angekündigt. An bisherigen Protesten waren Greenpeace, Fridays for Future und der Bund Naturschutz beteiligt, ebenso die Bürgerinitiative Reichling-Ludenhausen.

Erdgas-Probebohrung jederzeit möglich

Das Unternehmen "Energieprojekt Lech Kinsau 1 GmbH" (vormals Genexco Gas GmbH) hatte die Erdgas-Probebohrung in Reichling für Anfang des Jahres angekündigt und den Bohrstart dann wegen schlechter Witterung verschoben. Mittlerweile hat das Bergamt Südbayern den Bohrplatz abgenommen, teilte die Regierung von Oberbayern mit. Das Unternehmen kann nun also jederzeit beginnen: Der Aufbau des Bohrturms dauere etwa eine Woche, die Bohrung selbst dann rund vier Wochen, heißt es auf der Projektwebsite (externen Link). Der kanadische Investor MCF Energy, der zu 20 Prozent beteiligt ist, geht von einem Bohrbeginn früh im dritten Quartal aus.

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