Die Pläne für eine mögliche Erdgasförderung in Reichling im Landkreis Landsberg am Lech erhitzen die Gemüter in der Gemeinde, aber auch weit darüber hinaus: Gegner befürchten Gefahren für die Natur und das Trinkwasser. Andere sehen in dem Vorhaben einen Schritt in Richtung sicherer Energieversorgung vor Ort.
- Zum Artikel: Erdgas fördern in Bayern? Fragen und Antworten
Bei einer Dialog-Veranstaltung für Reichlinger Bürger am Montagabend informierte die Firma Genexco Gas, eine Tochterfirma des kanadischen Unternehmens MCF Energy, über ihre Pläne für Probebohrungen in der Gemeinde und beantwortete Fragen.
Kritische Fragen aus dem Publikum
Das Gas solle helfen, Energieimporte zu reduzieren und vor allem "regional verbraucht" werden, etwa von örtlichen Unternehmen oder über regional tätige Energieversorger: "Kein Fracking-Gas aus den USA, kein Pipeline-Gas aus Russland, kein Gas oder kein Öl aus Aserbaidschan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten, sondern Erdgasvorkommen auf gemeindlichem Grund", sagte Daniel Jürgensen von der Genexco-Gas-Mehrheitseigner MRA GmbH dem BR.
Aus dem Publikum kamen vor allem kritische Fragen: Wie soll eine mögliche Beeinträchtigung des Trinkwassers durch die Bohrungen in bis zu 3.000 Meter Tiefe vermieden werden? Warum wird nach Gas gebohrt, wenn alle von CO₂-Einsparung reden und man stattdessen in erneuerbare Energien investieren könnte?
Erdgas als Brückentechnologie
Gegner des Vorhabens begrüßten das Angebot eines Dialogs, sahen manche Fragen aber nicht ausreichend beantwortet: So konnten die Vertreter von Genexco zum Beispiel keine Summe nennen, über die mögliche Umweltschäden versichert wären.
Auch manche Frage nach Schadstoffeinträgen blieb offen: "Wir wissen alle, dass das Gas da nicht alleine liegt, sondern dass da noch andere Stoffe wie Quecksilber da unten im Boden sind. Wir wissen nicht, was noch mit dem Gas mit gefördert wird und was damit passiert, da ist heute gar nicht drüber gesprochen worden, viele Fragen haben wir einfach noch", sagte Birgit Ertl von der Bürgerinitiative Reichling.
Genexco vertritt den Standpunkt, dass es sich bei Erdgas als Energieträger auch mit Blick auf eine künftige Klimaneutralität um eine nötige Brückentechnologie handele, Haushalte und Firmen könnten so über das vorhandene Gasnetz mit regionalem Erdgas versorgt werden.
Bayerisches Wirtschaftsministerium stimmt Plänen zu
Diese Haltung vertritt auch der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW), dessen Ministerium dem Vorhaben zugestimmt hat. In der Sendung "jetzt red i" im BR Fernsehen sagte er Anfang Oktober, man habe in Reichling die Möglichkeit, "Gas vor der Haustür" zu gewinnen, anstatt es zum Beispiel aus arabischen Ländern zu importieren.
Bürgermeister Johannes Hintersberger (CSU) erklärte im Reichlinger Gemeindeblatt, er teile "die Einschätzungen unseres Wirtschaftsministers". Der Gemeinderat allerdings hatte sich im Juli gegen das Vorhaben ausgesprochen.
Landrat bittet Aiwanger, Pläne zu überprüfen
Landrat Thomas Eichinger (CSU) formulierte in einem offenen Brief an Aiwanger im August zahlreiche Bedenken. Er äußerte Sorgen um eine mögliche Gefährdung der nahe gelegenen Trinkwasserquelle und mögliche Störungen des "ökologisch wertvollen FFH-Gebiets entlang des Lechs".
Auch stehe eine Erdgasförderung im Landkreis im Widerspruch zu den selbst gesteckten Klimazielen. Den Wirtschaftsminister bitte er "eindringlich, die Genehmigung der Erdgasbohrungen in Reichling sorgfältig zu überprüfen".
Bohrung bis in etwa 3.000 Meter Tiefe geplant
Das Bergamt Südbayern hatte Genexco Gas im Juni die formelle Genehmigung für eine Probebohrung erteilt. Nachdem Nachweise zu "Sicherheitsleistung und Haftpflichtversicherung, Einrichtung eines Grundwasser-Monitorings, Vorlage eines Trinkwasser-Notfallkonzepts" geliefert wurden, sei das Unternehmen Anfang Oktober darüber informiert worden, dass mit dem Herrichten des Bohrplatzes begonnen werden dürfe, teilte ein Sprecher der Behörde dem BR auf Anfrage mit.
In Reichling soll eine stillgelegte Bohrung aus den 1980er Jahren, die mit Zement verfüllt wurde, wieder geöffnet und eine Erkundungsbohrung bis in etwa 3.000 Meter Tiefe vorgenommen werden. Sollte ein ausreichend großes Vorkommen bestätigt werden, plant Genexco eine Förderung über die nächsten zehn bis 15 Jahre.
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