Aufnahme von Plakaten, die von Demonstranten zum Umweltschutz hochgehalten werden. Zu lesen ist etwa "Rettet die Welt".
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Bayreuth soll bis 2030 klimaneutral werden, fordert der Klimaentscheid Bayreuth. Ein entsprechendes Bürgerbegehren hat der Stadtrat abgelehnt.

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Klimaschutz vor Gericht: Bundesweit erste Klage gegen eine Stadt

Klimaschutz vor Gericht: Bundesweit erste Klage gegen eine Stadt

Vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth beginnt am Donnerstag ein Prozess, der in dieser Form einmalig ist. Die Initiative Klimaentscheid Bayreuth klagt gegen die Stadt Bayreuth. Der Stadtrat hatte ein Bürgerbegehren für unzulässig erklärt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Die Initiative "Klimaentscheid Bayreuth" klagt am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth gegen die Stadt Bayreuth. Diese hatte ein Bürgerbegehren vom Juni 2022 abgelehnt, in welchem es um einen Maßnahmenplan für die Klimaneutralität der Stadt bis 2030 ging. Das wollen die Klimaschützer nicht akzeptieren. Der Stadtrat hatte das Bürgerbegehren im Juni 2022 abgelehnt, obwohl die dafür notwendigen 5.000 Unterschriften Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU) überreicht worden waren.

Es handelt sich um die erste kommunale Klimaklage in Deutschland. Das Urteil könnte Strahlkraft haben und andere ungeklärte Rechtsfragen zu Bürgerbegehren und Klimaschutzanstrengungen von Kommunen beeinflussen.

Bürgerentscheid vom Stadtrat abgelehnt

Der "Klimaentscheid" hatte die Stadt aufgefordert, binnen eines Jahres einen Maßnahmenplan für das Ziel Klimaneutralität im Jahr 2030 in Bayreuth zu erstellen. Im Anschluss daran sollte dieser Plan mit der Bürgerschaft diskutiert und überarbeitet werden. Die Maßnahmen sollten dokumentiert und jederzeit zugänglich sein. Der Oberbürgermeister sollte zudem jährlich Rechenschaft über die Umsetzung des Maßnahmenplans ablegen.

Schließlich sollte in allen Beschlussvorlagen des Stadtrates deren Auswirkungen auf das angestrebte Ziel der Klimaneutralität bis 2030 deutlich gemacht werden. Der Hintergrundgedanke der Initiative: Nur so blieben die Stadt und der Wirtschaftsstandort Bayreuth wettbewerbsfähig. Doch der Stadtrat lehnte das Begehren ab.

Klimaklage in Bayreuth: Argumente der Stadt

Der Ablehnung liegen mehrere Argumente zugrunde: Zum einen sei die im Bürgerbegehren formulierte Forderung zu unbestimmt. Die Bürgerinnen und Bürger könnten nicht erkennen, wofür oder wogegen sie sich entscheiden, meinte die Stadt. Zudem argumentierte sie, dass Klimaziele auf anderer Ebene (EU/Bund/Länder) weniger ambitioniert seien. Ein weiteres Kriterium: Die Kosten für den geforderten Maßnahmenplan seien unklar.

Die Stadt hält außerdem die Forderung des Klimaentscheids, bis 2030 klimaneutral zu werden, für faktisch unmöglich. Sie begründet dieses Argument zum Beispiel damit, dass der Klimawandel eine globale Herausforderung sei.

Zum Hintergrund: Im März dieses Jahres hat der Weltklimarat IPCC eine Zusammenfassung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Ursachen und Folgen der Erderwärmung veröffentlicht. Die Wissenschaftler rechnen damit, dass die 1,5-Grad-Grenze bereits zwischen 2030 und 2035 erreicht wird, also früher als bisher angenommen.

Das meinen die Klimaschützer

Der "Klimaentscheid Bayreuth" rückt von seinem Ziel der Klimaneutralität bis 2030 nicht ab. Wie die Rechtsanwältin der Initiative, Veronika Thalhammer, im Gespräch mit BR24 sagte, seien solche Grundsatzentscheidungen im Rahmen von Bürgerbegehren zulässig. Die Initiative ist zudem, anders als die Stadt, davon überzeugt, dass Bürgerinnen und Bürger der Stadt die Forderung des Klimaentscheids durchaus verstehen können. Die Stadt dürfe nicht von unmündigen oder uninteressierten Menschen ausgehen.

Es sei allerdings korrekt, dass die Kosten für den Maßnahmenplan nicht klar sind, bestätigt Thalhammer. Das sei für ein Bürgerbegehren in Bayern aber auch keine Bedingung – im Gegensatz zu anderen Bundesländern. Ein Bürgerbegehren dürfe also nicht mit dieser Begründung abgelehnt werden. Zu dem Argument der Stadt, dass die Forderung des Klimaentscheids unmöglich sei, meinen die Klimaschützer, dies sei lediglich eine Vermutung der Stadt. Sie könne das Bürgerbegehren nicht mit dieser Begründung ablehnen und weiter: Politische Gründe dürften rechtlich keine Rolle spielen.

Auch die Tatsache, dass auf anderen Ebenen, wie beispielsweise im Freistaat, die Klimaneutralität erst 2040 angestrebt wird, sage nichts darüber aus, wann sie in Bayreuth möglich sei. Die Anwältin des Klimaentscheids erinnert auch an eine Vorgabe der Rechtsprechung, die laute: Bürgerbegehren müssen von der Stadt wohlwollend ausgelegt werden.

Warum klagt der Klimaentscheid Bayreuth?

Der Klimaentscheid wollte ursprünglich einen Kompromiss mit der Stadt erzielen. Weil die Stadt der Initiative bei ihren Klimaschutzambitionen aber nur wenig entgegengekommen sei, habe die Initiative die 5.000 Unterschriften eingereicht und damit einen Bürgerentscheid beantragt, so Rechtsanwältin Veronika Thalhammer. Die Unterschriften würden zeigen, dass das Thema Klimaneutralität die Menschen in Bayreuth bewegt. Bei der Klage vor dem Verwaltungsgericht handele es sich um ein legitimes und rechtsstaatliches Instrument, diesen Wunsch durchzusetzen.

Kundgebung vor dem Verwaltungsgericht

Das mehrköpfige Team des "Klimaentscheid Bayreuth" entschied sich bereits kurz nach der Ablehnung des Bürgerentscheids durch den Stadtrat im Juni vergangenen Jahres zur Klage gegen die Stadt. Das Bayreuther Verwaltungsgericht muss nun entscheiden, ob der Bürgerentscheid zulässig oder ob die Ablehnung durch den Stadtrat rechtens ist.

Die Verhandlung beginnt um 14 Uhr. Für 13 Uhr haben die Mitglieder des Klimaentscheids zu einer Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude in der Friedrichstraße aufgerufen.

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