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Das Deutschlandticket ist auch mit inzwischen 58 Euro nicht kostendeckend
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Das Deutschlandticket ist auch mit inzwischen 58 Euro nicht kostendeckend

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Schadet das Deutschlandticket dem öffentlichen Nahverkehr?

Schadet das Deutschlandticket dem öffentlichen Nahverkehr?

Mehr Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr: Das war die Idee hinter dem Deutschlandticket. Viele regionale Verkehrsgesellschaften klagen aber über Geldmangel und drohen, ihr Angebot einzuschränken. Denn: Das Deutschlandticket beschert ihnen Verluste.

Über dieses Thema berichtet: BR24 TV am .

Mit aktuell 58 Euro pro Monat ist das Deutschlandticket für viele Fahrgäste sehr günstig, weil sie insgesamt weniger für den öffentlichen Nahverkehr zahlen als früher. Gleichzeitig klagen Verkehrsanbieter über Mindereinnahmen durch das Deutschlandticket. Um die auszugleichen, wird der gesamte deutsche ÖPNV vom Bund und den Ländern mit insgesamt drei Milliarden Euro unterstützt. Der Freistaat schießt insgesamt 952,5 Millionen Euro zu, in den Jahren 2023 bis 2025. Die Verkehrsanbieter klagen aber trotzdem: Das Geld reiche nicht.

Neue Linien sind teuer

Beispiel München: Zwar sollen U-Bahn und einige Tramlinien ausgebaut werden, aber das gelingt nur, weil unter anderem bei den Bussen gespart wird, manche fahren nur noch alle zehn Minuten statt alle fünf, manche sogar nur noch alle 20 Minuten. Darüber hinaus soll das MVG-Rad, das Bike-Sharing-Angebot der Stadt München, im September abgeschafft werden. "Die Kommune und die Stadtwerke München GmbH kämpfen bei der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs mit erheblichen Einnahmeverlusten, unter anderem durch die Einführung des Deutschlandtickets", so das Münchner Mobilitätsreferat auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks.

Im Bereich des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg (VGN) konnte man die Mindereinnahmen, die das Deutschlandticket verursacht, bisher noch ausgleichen. Bis jetzt: Da die Bundesregierung ein Einfrieren des Zuschusses von Bund und Ländern auf drei Milliarden Euro für 2026 in Aussicht gestellt habe, schätzen VGN und andere Branchenvertreter eine bundesweite Finanzlücke des ÖPNV auf 800 Millionen Euro. Das könnte dann auch im Raum Nürnberg zur Reduzierung des Angebots führen, so ein Sprecher, ohne detaillierte Zahlen zu nennen.

Mehr Fahrgäste, weniger Geld

Ingo Wortmann ist Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und Geschäftsführer der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). Er glaubt, das Deutschlandticket habe den ÖPNV unattraktiver gemacht durch die Art, wie es eingeführt wurde: "Man hätte das Angebot im öffentlichen Nahverkehr erst ausweiten und anschließend das Deutschlandticket einführen sollen". Auch andere Vertreter der Nahverkehrsbranche sind dieser Ansicht.

Wortmann erklärt: Nach Corona hätten sich die Fahrgastzahlen durch das Deutschlandticket zwar sehr schnell wieder erholt, aber den Verkehrsanbietern wäre es lieber gewesen, neue Kunden durch ein besseres Angebot zu gewinnen anstatt durch ein billiges Ticket. Das Deutschlandticket hätte teilweise genau das Gegenteil bewirkt als gewünscht, so das Fazit: Wegen der damit verbundenen Mindereinnahmen werde das Angebot des ÖPNV schlechter und weniger attraktiv für die Fahrgäste.

Es muss mehr Geld fließen

Eine Möglichkeit, die Finanzsituation der bayerischen Verkehrsunternehmen zu verbessern, wären mehr Zuschüsse durch den Freistaat Bayern. Auf Nachfrage betont das Verkehrsministerium, es sei die Aufgabe des Bunds, mehr Geld für Infrastruktur und Angebotserhaltung zur Verfügung zu stellen. Das hätte Bayern gemeinsam mit den anderen Ländern einstimmig beschlossen.

Mehr Geld fordert auch Norbert Moy, Vorstand von Pro Bahn Oberbayern: Es sei falsch, das Deutschlandticket wegen einer Finanzierungslücke von 600 bis 800 Millionen Euro scheitern zu lassen. Es sei "ein wichtiger Baustein bei der Mobilitätswende" und es gebe viele Möglichkeiten, finanzielle Ausgleiche zu schaffen, besonders bei den schädlichen Subventionen - angefangen bei der Kerosinsteuer bis zur Privilegierung von Dienstwagenbesteuerungen. Die Subventionen für das Auto summierten sich auf über 30 Milliarden Euro pro Jahr, so Moy: "Von dem großen Betrag 600 bis 800 Millionen zugunsten der Verkehrswende umzuschichten, sollte doch möglich sein".

Die Verkehrsbetriebe müssen planen können

Ingo Wortmann vom VDV wünscht sich von der Politik insbesondere Planbarkeit: Dadurch, dass die Finanzierung des Deutschlandtickets immer nur für ein bis zwei Jahre gesichert sei, könne man nicht langfristig planen und das Angebot kreativ weiterentwickeln: "Ich glaube, wichtig ist ein gutes Angebot vor Ort. Wenn sie schlechte Fahrpläne haben, dann nützt das Deutschlandticket auch nichts".

Dieser Artikel ist erstmals am 22.8.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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