Symbolbild: Abiturienten in der Schulturnhalle bei der schriftlichen Prüfung im Fach Deutsch.
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Bildrechte: picture alliance / SZ Photo | Claus Schunk
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"Einserschwemme": Entwerten viele hohe Noten das Abitur?

"Einserschwemme": Entwerten viele hohe Noten das Abitur?

Immer mehr Schülerinnen und Schüler schließen das Gymnasium mit einer 1,0 ab. Union und Lehrerverband warnen vor einer "Flut an Einser-Abis". Sie befürchten eine Entwertung des Abiturs. Elternvertreter und das Kultusministerium sehen das anders.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Für die einen ist es die wichtigste Qualifikation für den Berufseinstieg, für die anderen entscheidet es, welcher Studiengang nach der Schule offensteht: das Abitur. Ein guter Schnitt mit einer 1 vor dem Komma soll der Goldstandard für die weitere akademische Laufbahn sein.

Schwierig für Unis, zwischen Bewerbern zu unterscheiden?

Der Deutsche Lehrerverband und die Union warnen jedoch angesichts einer wachsenden Zahl an 1er-Abschlüssen davor, dass dieser Standard aufgeweicht wird. Sie sprechen von einer "Flut an 1er-Abis" oder einer "Noteninflation".

Der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbands, des Lehrerverbands der Gymnasien, Michael Schwägerl, kritisiert, dass ein 1,0er-Abschluss nicht mehr viel wert sei, wenn ihn immer mehr Schüler schaffen. Dadurch werde es für die Universitäten schwieriger, zwischen den Bewerbern zu unterscheiden, und sie müssten andere Verfahren wählen, um die begrenzten Studienplätze zu vergeben. Schwägerl sagt: "Wenn alle eine gute Note haben, dann ist es keine mehr, denn dann sind alle gut. Das kann in einer Gesellschaft, in der Leistung eine große Rolle spielt, wo das Leistungsprinzip gilt, nicht funktionieren."

Die Ursache liegt laut Schwägerl darin, dass sich die Prüfungsschwerpunkte verschoben haben, zum Beispiel durch eine stärkere Betonung mündlicher Leistungen. Auch die Berechnung der Noten habe sich über die Jahre verändert.

Realschullehrerverband: keine "Einserschwemme" an Realschulen

Auch der Vorsitzende des Bayerischen Realschullehrerverbandes, Ulrich Babl, findet die Diskussion nachvollziehbar. Er sieht fundierte Hinweise darauf, dass die Anforderungen in den Gymnasien in den vergangenen Jahren gesunken seien. Laut einem Gutachten des Aktionsrats Bildung hätten sich die Abiturnoten verbessert, die fachlichen Qualifikationen der Abiturienten seien hingegen gleichgeblieben. Er sagt, eine "Einserschwemme" gebe es an Realschulen nicht. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig zu betonen, dass das Abitur zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige erstrebenswerte Abschluss ist.

Deutlich mehr Einser-Abis – aber auch mehr schlechte Noten

Tatsächlich fällt auf, dass der Anteil der Schülerinnen und Schüler in Bayern, die das Abitur mit 1,0 bestehen, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist. Nach Angaben der Konferenz der Kultusminister hatten im Schuljahr 2023/2024 3,1 Prozent der Abiturienten in Bayern einen Schnitt von 1,0. Im Vergleich zu den 2,2 Prozent 2018/2019 hat sich der Anteil damit um die Hälfte erhöht.

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Grafik - Verteilung der Abiturnoten in Bayern: 2012 - 2024

Allerdings ist der Notendurchschnitt im gleichen Zeitraum – nach einer leichten Verbesserung während der Corona-Pandemie – weitgehend stabil geblieben, betont das Kultusministerium. Es zeige sich in Bayern keine signifikante Verbesserung der Landesschnitte. Das bedeutet, dass zwar mehr Schülerinnen und Schüler ein sehr gutes Abitur schreiben, es aber auch mehr schlechte Abschlüsse gibt. Es kann also keine Rede davon sein, dass es plötzlich nur noch Absolventinnen und Absolventen mit Einser-Schnitt gibt.

Elternvereinigung: Zahlen aus Corona-Jahren nicht vergleichbar

Diese Ausdifferenzierung beobachtet auch der Vorstandsvorsitzende der Landeselternvereinigung in Bayern, Sven Klement. Zusätzlich kritisiert er, man könne die Zahlen aus den vergangenen beiden Jahren nicht mit den Vorjahren vergleichen. Die Jahrgänge hätten noch unter Corona-Bedingungen geschrieben und leichtere Prüfungen gehabt, um die Unterrichtsausfälle und erschwerten Bedingungen während der Pandemie auszugleichen.

In diesem Jahr gibt es durch die Umstellung von G8 – dem achtjährigen Gymnasium – zurück auf G9 nur einen stark reduzierten Abiturjahrgang und daher keine aussagekräftigen Zahlen. Das liegt daran, dass in diesem Jahr nur die Schülerinnen und Schüler Abitur schreiben, die das G8-Abitur im vergangenen Jahr nicht bestanden haben oder es nicht antreten konnten.

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