Großflächige Solarmodule auf einem Hallendach
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Energiewende: Initiativen vom Stromnetz ausgebremst

Energiewende: Initiativen vom Stromnetz ausgebremst

Der Markt Regenstauf hat sich ehrgeizige Klimaziele gesetzt. Um klimaneutral zu werden, soll Solarstrom stark ausgebaut werden. Die Bereitschaft ist groß, doch das Stromnetz vor Ort verhindert Projekte.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Eigentlich ist es ein Feld, mit dem Andreas Bremer nicht viel anfangen kann. Die Bodenqualität des schmalen, stillgelegten Streifens nahe des Flugplatzes Oberhub bei Regenstauf ist nicht ideal. Für große Maschinen ist das Feld zu schmal. Doch für etwas anderes wäre es gut geeignet, sagt Bremer: eine Freiflächen-Photovoltaikanlage. "Das ist eine absolute Südhanglage, mit einer leichten Neigung. Das wäre eigentlich ideal." Doch das Projekt war schon beendet, bevor die Planungen überhaupt richtig begonnen hatten. Der Grund: Der Anschluss ans Stromnetz ist an dieser Stelle zu kompliziert.

    Unternehmer ausgebremst

In Regenstauf geht es Fritz Dechant ähnlich. Der Unternehmer besitzt in einem Gewerbegebiet eine lange Halle. Die eine Dachhälfte ist bereits mit PV-Modulen bestückt, doch Dechant würde gerne eine noch viel größere Anlage installieren. Weitere Nachbar-Betriebe seien ebenfalls bereit gewesen. "Es gibt in dieser Straße noch vier andere mittelständische Betriebe, die mitmachen wollten, wenn es einigermaßen finanzierbar ist", sagt Dechant. Doch das Projekt wurde zu teuer. Das bestehende Netz im Gewerbegebiet kann die geplanten Anlagen nicht aufnehmen. Dechant ärgert das, ist das Gewerbegebiet doch erst knapp zehn Jahre alt.

Der zuständige Netzbetreiber hätte einen anderen Anschluss vorgeschlagen, doch der ist für Dechant keine Alternative. Der Anschlusspunkt ist mehrere Hundert Meter entfernt. Die Leitung müsste durch mehrere Privatgrundstücke und sogar unter einer Bundesstraße hindurch verlegt werden. Eine bürokratische Herkules-Aufgabe, die Dechant zudem rund 50.000 Euro gekostet hätte. Allein wegen des Gewinns würde er das Projekt zwar nicht machen, sondern auch, um etwas Gutes für die Nachwelt und seine Enkel zu tun, sagt Dechant. "Aber es muss einigermaßen wirtschaftlich sein."

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Der Unternehmer Fritz Dechant (links) mit dem Zweiten Bürgermeister Bruno Schleinkofer (CSU)

Gemeinde sieht Klimaziele in Gefahr

In Regenstauf sieht man die Leitungssituation mit Sorge. Der Markt mit rund 16.000 Einwohnern hat sich selbst hohe Klimaziele gesetzt. Um klimaneutral werden zu können, sollen die erneuerbaren Energien vor Ort stark ausgebaut werden. Schon für 2030 gibt es ambitionierte Zwischenziele. Die Bereitschaft, die dafür nötigen Anlagen zu bauen, wäre da, sagt Bruno Schleinkofer, Zweiter Bürgermeister und Vorsitzender des Klimabeirats des Markts. Doch wenn die potenziellen Betreiber ihre Sonnen-Kraftwerke nicht ans Netz bringen, sieht er die Klimaziele der Gemeinde in Gefahr. Mit Blick auf die bundesweiten Herausforderungen der Energiewende sieht auch Unternehmer Dechant schwarz: "Es geht ja los im Kleinen. Wenn wir im kleinen Netz schon solche Hürden haben, wie soll das dann im Großen funktionieren?"

Regenstauf kein Einzelfall

Die Netzproblematik kennt auch Professor Markus Brautsch von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden. Er berät zahlreiche Kommunen in Energiewende-Fragen. Der Fall Regenstauf sei alles andere als ein Einzelfall. Netz-Probleme betreffen viele Städte und Gemeinden – auf allen Ebenen, sagt Brautsch. Das Netz könne an vielen Stellen die Mittagsspitzen im Sommer nicht aufnehmen, wenn viele PV-Anlagen gleichzeitig viel Strom einspeisen. Außerdem sei die Geschwindigkeit des PV-Anlagen-Ausbaus so hoch, dass die Netzbetreiber kaum mithalten können. Momentan seien allein in Bayern PV-Anlagen mit einer Leistung von 16 Gigawatt in der Projektentwicklung, sagt Brautsch. Das entspricht der Leistung von mehr als zehn Atomkraftwerken. "Darauf ist die Netzentwicklung natürlich in keiner Weise vorbereitet", sagt Brautsch.

Doch Brautsch hat auch einen Lösungsvorschlag: Kommunen einer Region sollten sich zusammenschließen und sich mit den Netzbetreibern an einen Tisch setzen. Dann könnte Kommunen-übergreifend geplant werden, wo das Netz sinnvoll ausgebaut werden soll und wo nicht. In Bayern gebe es dafür auch das Instrument der digitalen Energienutzungspläne, sagt Brautsch. Alle müssten sich aber im Klaren sein, dass so ein Plan nicht für die Schublade gemacht wird, sondern anschließend zu einem konkreten Bauplan werden muss. "Die Energiewende wird bei uns sehr sichtbar werden", sagt Brautsch.

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Halle mit großflächiger Solaranlage in Regenstauf. Daneben eine Halle auf der noch Platz wäre für eine Solaranlage

Große Aufgabe für Netzbetreiber

Ähnlich sieht es auch der für Regenstauf zuständige Netzbetreiber Bayernwerk. Die Nachfrage nach Anschlüssen für neue PV-Anlagen sei enorm. Selbst optimistische Schätzungen wurden bisher stets übertroffen. Im Fall des Gewerbegebiets in Regenstauf seien nur Leitungen für Niederspannung verlegt worden. Größere Anlagen bräuchten aber einen Anschluss ans Mittelspannungsnetz, teilt das Unternehmen mit. Entsprechende Leitungen könnten aber nicht von vorneherein in jedes Gewerbegebiet verlegt werden, sagt Robert Pflügl, einer der Geschäftsführer der Bayernwerk Netz GmbH. "Wir versuchen das wirtschaftlich so hinzubekommen, dass es günstig für alle ist. Deswegen baut man nicht von Haus aus überall Autobahnen, sondern erst einmal normale Straßen", sagt Pflügl. Als Netzbetreiber würde sich das Bayernwerk bemühen, jedem Interessenten einen Anschluss zu ermöglichen. Die Kosten bei längeren Anschlussleitungen müsse aber der Investor selbst tragen. Die Betreiber würden trotzdem enorm ins Netz investieren. Früher habe man etwa zweimal im Jahr ein neues Umspannwerk geplant, sagt Pflügl. "Heute müssten wir fast jede Woche ein neues bauen."

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