Ist die Bevölkerung einer Stadt oder Gemeinde überwiegend katholisch oder nicht? Davon hängt in Bayern ab, ob Mariä Himmelfahrt ein gesetzlicher Feiertag ist. In der großen Mehrheit der Orte ist das der Fall, dort haben die Menschen am 15. August frei. Knapp 350 Städte und Gemeinden im Freistaat sind jedoch mehrheitlich evangelisch. In Nürnberg, Fürth, Erlangen oder Ansbach ist Mariä Himmelfahrt deshalb kein Feiertag.
Die SPD im Landtag will das ändern und hat in erster Lesung einen Gesetzentwurf eingebracht, um den 15. August bayernweit zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Die aktuelle konfessionsabhängige Regelung sei "nicht mehr zeitgemäß", sagte Ruth Müller. Denn: Nach dem Zensus 2022 hat sich der "Feiertagsstatus" einzelner Gemeinden geändert. In Seßlach (Landkreis Coburg) und Marktschorgast (Landkreis Kulmbach) ist Mariä Himmelfahrt nun kein Feiertag mehr. Sechs andere Gemeinden haben nun einen freien Tag mehr – weil sich die konfessionellen Mehrheitsverhältnisse geändert haben.
SPD will "Gleichbehandlung statt Feiertagsflickenteppich"
Außerdem ergeben sich laut Müller ganz praktische Probleme: "Eine Familie wohnt in einer mehrheitlich katholischen Gemeinde, die Kita hat geschlossen. Die Eltern aber arbeiten ein paar Kilometer weiter in einer evangelisch geprägten Stadt. Sie müssen zur Arbeit. Wie soll so etwas in der Realität funktionieren?", fragte Müller ins Plenum.
Bayern habe die meisten Feiertage bundesweit und stehe dennoch bei Wirtschaftskraft und Produktivität an der Spitze. "Ein Feiertag mehr gefährdet diese Position mit Sicherheit nicht", so Müller. "Im Gegenteil: Studien zeigen, dass Feiertage positive Effekte auf Gesundheit, Motivation und gesellschaftlichen Zusammenhalt haben." Deshalb forderte die SPD-Politikerin: "Gleichbehandlung statt Feiertagsflickenteppich."
CSU: "Jeder zusätzliche Feiertag schwächt die Wertschöpfung"
Auf den ersten Blick klinge die Forderung nach Gerechtigkeit, nach Gleichbehandlung, vielleicht sogar nach einer ganz guten Idee, antwortete Peter Wachler (CSU). Bei genauerer Betrachtung sei der SPD-Entwurf aber nicht nur überflüssig, er gefährde sogar "die Balance zwischen Glauben, Heimat und wirtschaftlicher Vernunft".
Das derzeitige System sei bewusst differenziert, rechtlich klar und habe sich praktisch bewährt. "Mariä Himmelfahrt ist ein katholischer Feiertag", so Wachler. Darum gelte der Feiertag in Gemeinden, "in denen die katholische Tradition auch heute noch getragen wird". Feiertage seien schön – hätten aber auch ihre Folgen. "Jeder zusätzliche Feiertag schwächt die Wertschöpfung in der Produktion, ebenso wie im Handel oder im Dienstleistungssektor."
Felix Locke, Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler, sieht das ähnlich: "Die liebe SPD hat den Warnschuss der Wirtschaft immer noch nicht gehört." Der Gesetzentwurf sorge nicht für Gleichheit, sondern für Abschwung. Zu Problemen bei der Kinderbetreuung sagte Locke, am Buß- und Bettag gebe es ähnliche Voraussetzungen, "und es klappt dort auch". Religiöse Feiertage seien dazu da, um den Glauben auszuleben und nicht um durch die Gassen zu ziehen oder lang auszuschlafen.
AfD will keine "Gleichmacherei"
Der AfD-Abgeordnete Markus Striedl stellte sich vor allem aus theologischen Gründen gegen eine einheitliche Regelung. Mariä Himmelfahrt beruhe auf einem katholischen Dogma, "nämlich der leibhaftigen Aufnahme Mariens in den Himmel". Die SPD wolle den mehrheitlich nicht-katholischen Gemeinden einen Feiertag verordnen, "die damit einfach überhaupt nichts zu tun haben und das auf gut Deutsch ablehnen".
Für ihn gehe es beim Begriff der gleichwertigen Lebensverhältnisse um Mobilfunklöcher, um ärztliche Versorgung auf dem Land, um marode Straßen, so Striedl. Die SPD aber meine, "dass der Protestant in Nürnberg genauso frei haben muss wie der Katholik in München, egal ob der Feiertag für ihn irgendeine Bedeutung hat, oder nicht." Das sei Gleichmacherei.
Grüne: Tourismus und Gastronomie profitieren von freiem Tag
"Ein Feiertag, der nicht für das ganze Land gilt: Das ist für die Menschen nicht nur unpraktisch, sondern auch ungerecht", entgegnete Gabriele Triebel (Grüne). Gravierend negative Folgen für die Wirtschaft sieht sie nicht: "Der 15. August liegt mitten in Ferien- und Urlaubszeit. Viele Betriebe laufen ohnehin mit reduzierter Auslastung. Gleichzeitig profitieren Tourismus, Gastronomie und Brauchtumspflege von einem freien Tag."
Der Landtag überwies den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung in den zuständigen Rechtsausschuss.
Dieser Artikel ist erstmals am 21.10.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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