Jule Spiegel und Nina Hohe knien hoch oben auf einem Gerüst. Ganz vorsichtig ziehen sie ein dreieckiges Holzteil zu sich nach oben. Es handelt sich um den Giebel eines alten Altars. Die jungen Frauen setzen die Spitze wie ein Dach auf den Rest des Altars. Darunter ist ein Gemälde eingelassen: der Heilige Sebastian auf goldenem Grund.
Nach Jahrzehnten ist das Bild nun wieder zurück in der Sebastianskapelle in Regenstauf bei Regensburg. "Man hat ja immer nur die Einzelteile gehabt. Dass man das jetzt im Ganzen sieht, ist schon beeindruckend und ein schönes Gefühl", sagt Nina Hohe mit einem gewissen Stolz.
Altar verstaubte im Keller
In den letzten Monaten haben die Jugendlichen im Rahmen der Projektwochen der Jugendbauhütte Regensburg den Altar, der lange in einem Keller verstaubte, restauriert. Sie haben unter Anleitung eines Restaurators Fehlstellen ausgebessert und dem Holz wieder eine Art Marmorierung verpasst. "Wir haben ja gesehen, wie wir den abgeholt haben: Alles war verstaubt und von Würmern durchfressen und die Farbe ist abgeplatzt. Und jetzt ist er wieder wunderschön", sagt Jule Spiegel.
Feuchtigkeit im Mauerwerk
Aber nicht nur der Altar musste restauriert werden. Auch die Kapelle selbst war in keinem guten Zustand. Weil vor Jahren zementhaltiger Putz aufgebracht worden war, konnte das aus dem Boden ins Mauerwerk aufgestiegene Wasser nicht verdunsten, sagt Stefan Aichner von der Jugendbauhütte Regensburg. Schäden durch Feuchtigkeit waren die Folgen. Der Putz musste abgeschlagen und neuer aufgebracht werden.
FSJ in vielen Bereichen der Denkmalpflege möglich
Aichner organisiert die Projektwochen der Jugendbauhütte. Jedes Jahr nehmen daran junge Frauen und Männer teil, die ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Bereich Denkmalpflege absolvieren.
Dieses Jahr sind es rund 20. Sie arbeiten im Rahmen des FSJ etwa bei Archäologen, Denkmalbehörden oder auch in den Dombauhütten in Regensburg und Passau. Immer wieder sind sie seit September aber auch nach Regenstauf gekommen, um wochenweise an der Kapelle aus dem frühen 18. Jahrhundert zu arbeiten. "Das war super", meint Aichner. Die jungen Leute seien mit Freude und Begeisterung an die Aufgabe rangegangen und hätten sich immer hervorragend unterstützt. "Das ist das Hauptthema, das wir damit vermitteln wollen: Dieses gemeinsam was machen und dann auch was fertig zu bringen", sagt Aichner.
Gelernt fürs Leben
Doch die jungen Frauen und Männer haben noch mehr mitgenommen. Jule Spiegel erzählt, sie habe gelernt, mehr anzupacken. Sie traue sich jetzt viel mehr zu als vorher. "Egal, ob man vorher denkt: Ach, das kann ich nicht oder das will ich nicht machen. Einfach mal ausprobieren und dann kann man viel für sich mitnehmen", so Spiegel.
Andere hat das Freiwillige Soziale Jahr in ihrem Berufswunsch bestätigt. Anna Westner hat ihr FSJ in der Passauer Dombauhütte absolviert. Dort wird sie ab September nun auch eine Ausbildung zur Steinmetzin beginnen, erzählt sie. Dann kann sie etwas machen, was ihr große Freude macht: Altes für die Nachwelt bewahren. "Manchmal, da fragt man sich, wie das alles schon so lange stehen kann", sagt Westner. "Aber dann freut man sich einfach, dass man das für die Zukunft erhalten kann. Und, dass die Menschen hoffentlich noch einige Jahrhunderte etwas davon haben."
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!