Der Aufbau der Festzelte für das Straubinger Gäubodenvolksfest läuft - doch alle Wirte eint ein Problem: die Personalsuche.
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Der Aufbau der Festzelte für das Straubinger Gäubodenvolksfest läuft - doch alle Wirte eint ein Problem: die Personalsuche.

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Personalnot und Covid: Gäubodenvolksfest als Blaupause für Wiesn

Personalnot und Covid: Gäubodenvolksfest als Blaupause für Wiesn

Nach zweijähriger Pause startet diese Woche das Straubinger Gäubodenvolksfest. Im Vorfeld war es bereits eine große Herausforderung für alle Beteiligten und machte ein gesellschaftliches Problem sichtbar: Personalmangel - vom Koch bis zur Bedienung.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Im Lechner-Zelt wird gehämmert und gewerkelt: Die Aufbau-Helfer sind da. Festwirt Martin Lechner ist zuversichtlich, dass alles bis zum Start des Gäubodenvolksfests fertig wird. Sorgen macht sich Lechner eher um die Bedienungen: Sie zu finden, war "so mühsam wie noch nie zuvor".

Personalnot: Festwirte helfen sich gegenseitig

Lechner ist Sprecher aller Festwirte am Gäubodenvolksfest in Straubing, hat auch Kontakt zu anderen Wirten vom Oktoberfest. Sie alle standen und stehen vor derselben Herausforderung wie er: Personal finden. Früher habe es lange Ersatzlisten gegeben, Bedienungen hätten Schlange gestanden, um arbeiten zu dürfen – das habe sich geändert.

So musste auch Lechner die Personalakquise ändern: "Ich habe über soziale Medien nach Bedienungen gesucht. Was ich aber bisher noch nie gemacht habe, ich habe mit Festwirt-Kollegen gesprochen: 'Weißt du jemanden zum Bedienen, kannst du mir einen Kontakt geben?' Und das haben viele andere Wirte auch so gemacht! Das waren im Frühjahr schon schlaflose Nächte: Wo bekomme ich die Bedienungen nur her?"

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Festwirte wie Martin Lechner mussten dieses Jahr aufwendig Bedienungen suchen: Aufrufe über soziale Medien und Nachfragen bei Wirts-Kollegen.

Festzeltbetrieb: So viel neues Personal wie noch nie

Lechner hat mittlerweile Bedienungen gefunden, aber: Von insgesamt 69 arbeiten dieses Jahr 40 zum ersten Mal in seinem Zelt – das entspricht fast 60 Prozent. So viel neues Personal wie noch nie zuvor. Bedeutet: Einige von ihnen sind noch unerfahren, sind noch kein eingespieltes Team. Ähnlich sieht es auch in den anderen Festzelten aus. Aber: "Es gibt keine anderen Bedienungen. Das wird schon funktionieren, hilft ja nichts", meint Lechner.

Volksfeste: Spiegel der Gesellschaft mit aktuellen Problemen

Das Straubinger Gäubodenvolksfest spiegelt das in Bayern und ganz Deutschland herrschende Problem wider: Personalmangel in sämtlichen Branchen, vom Flughafen über die Pflege bis hin zu Kitas oder Schulen.

Vor großen Herausforderungen stehen am Gäubodenvolksfest auch Schausteller wie Peter Bausch, Vorsitzender des Münchener Schaustellvereins. Er sucht noch nach Personal. Die Menschen hätten sich vor allem in seiner Branche die vergangenen beiden Jahre umorientiert, sagt er. "Wir durften zwei Jahre nicht arbeiten, da war es für uns schwierig, das Personal zu halten." Günter Haimerl, Vorsitzender des Schaustellerverbands Ostbayern, spricht von "vielen rumänischen Mitarbeitern", die ihm dieses Jahr am Süßigkeiten-Stand aushelfen.

"Unzuverlässigkeit bei Bewerbern gestiegen"

Reinigungsfirmen wie Götz aus Straubing finden sogar überhaupt keine neuen Bewerber. Die Stadt hat wegen der Toilettenreinigung am Gäubodenvolksfest angefragt – "wir mussten absagen, aus Personalmangel", so Sonja Gashi von der Reinigungsfirma Götz. Bedeutet auch: kein Umsatz für die Firma. Warum sie keine Bewerbungen erhalten - ein Rätsel für Gashi: Es werde Tariflohn gezahlt, es gebe geregelte Arbeitszeiten. "Und wenn dann mal eine Bewerbung kommt, tauchen die Menschen einen Tag auf und kommen dann einfach nicht mehr." Die Unzuverlässigkeit sei gestiegen, so Gashi, gerade in den vergangenen drei Jahren. Die Bewerber hätten eine große Auswahl am Arbeitsmarkt – "jede Branche sucht händeringend".

Sicherheitsdienst: Sorgen wegen Oktoberfest

Beim Sicherheitsdienst reicht das Personal zwar fürs Gäubodenvolksfest, Sorgen aber macht sich Franz Piendl, vom Security-Dienst, ums Oktoberfest: "Da werden wir von 3.000 bis 4.000 Securities reden, die von ganz Deutschland zusammengebracht werden müssen. Das ist eine Nummer, auch mit Unterkünften ein Problem, weil alles teurer geworden ist."

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Schausteller wie Peter Bausch aus München suchen immer noch nach Personal: Zwei Jahre ohne Feste habe Mitarbeiter in andere Branchen gedrängt.

Work-Life-Balance: Freizeit wichtiger als Arbeiten?

Zudem spiele die "Work-Life-Balance" eine wichtige Rolle: "Noch schwieriger als Bedienungen zu finden, sind Köche! Die wollen zum Teil nicht - wegen der Work-Life-Balance. Da hat ein Koch zu mir gesagt: Im Jahresurlaub arbeite ich nicht. Da scheint die Freizeit wichtiger zu sein", so Lechner. Zwar hat der Festwirt jetzt auch genügend Küchenpersonal, doch dafür musste er weitere Wege gehen als gewöhnlich: Seine Köche kommen dieses Jahr unter anderem auch aus Wien.

Mehr Patienten, weniger Personal: Klinikum besorgt

Corona könnte die ohnehin angespannte Personalsituation noch verschärfen – deswegen blickt man im Klinikum St. Elisabeth in Straubing mit Sorge auf das Gäubodenvolksfest. Schon jetzt sei die Anzahl der stationär aufzunehmenden Patienten hoch, ebenso die Ausfallquote beim eigenen Personal – man rechne mit weiteren Personalausfällen aufgrund des Volkfests, gleichzeitig aber auch mit mehr Patienten. Daher bittet die Klinik auf ihrer Website, "auf einen übermäßigen Alkoholkonsum" zu verzichten. Denn eine weitere Belastung der Notaufnahme durch alkoholisierte Festbesucher müsse im Sinne der wichtigen Notfälle unbedingt vermieden werden, heißt es.

Stadt Straubing: Kostenlose Corona-Tests für Gäubodenvolksfest

Eine Testpflicht gibt es zwar nicht mehr – sowohl das Gäubodenvolksfest, als auch die "Wiesn" finden ohne Corona-Auflagen statt. Dennoch schwebt Corona als Damoklesschwert über den Großereignissen. München schaut daher gespannt nach Niederbayern – denn das Gäubodenvolksfest gilt als Blaupause für das Oktoberfest.

Die Stadt Straubing appelliert an die Vernunft jedes einzelnen und die Eigenverantwortung – will aber unterstützen: Daher werden kostenlose Corona-Selbsttests für das Gäubodenvolksfest zur Verfügung gestellt, erhältlich ab 8. August in Impfzentren und im Amt für Tourismus.

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Die Stadt Straubing bietet für die Zeit des Gäubodenvolksfests kostenlose Selbsttests in Impfzentren und im Tourismusamt an.

Wie Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr in einem Interview im Vorfeld des Gäubodenvolksfest sagte, sei nicht auszuschließen, dass das Infektionsgeschehen die Personalausstattung in Festzelten und beim Sicherheitspersonal oder im Rettungsdienst so einschränkt, dass ein ordnungsgemäßer Ablauf nicht mehr gewährleistet sei. "Dann muss man als Behörde in den Festverlauf eingreifen. So etwas gab es andernorts bei Großveranstaltungen ja bereits, bis hin zum Abbruch. Ich hoffe es nicht, aber man muss diesen Gedanken offen ansprechen."

Gäubodenvolksfest: Zwischen Vorfreude und Vorsicht

Es ist das Gefühl des Hin- und Hergerissenseins zwischen Vorfreude und Vorsicht – sowohl in Straubing, als auch in München. Von Festwirten ist zu hören: Eine Bedienung werde sich symptomlos nicht freiwillig testen lassen. Denn: Sie arbeitet auf Provision – fällt sie aus, verdient sie kein Geld.

Doch trotz der schwierigen Personal- sowie Corona-Lage überwiegt bei Wirten wie Schaustellern die Vorfreude: "Das ist auch was fürs Herz! Es ist dein Leben, du machst es, weil du es gern machst – da sind Emotionen mit dabei!", so Festwirtsprecher Lechner. Das Großereignis präge die Region, wie Straubings Oberbürgermeister Pannermayr sagt: "Eine große Stärke unseres Volksfestes ist schon immer das Verbindende, etwas, das Gemeinschaft erzeugt."

Am Freitag beginnt in Straubing das zweitgrößte Volksfest Bayerns: das Gäubodenvolksfest.
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Am Freitag beginnt in Straubing das zweitgrößte Volksfest Bayerns: das Gäubodenvolksfest.

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