Gesundheitsschädliche Blaualgen haben letztes Jahr am Altmühlsee die Saison verdorben. Alle waren sich einig: So kann es nicht bleiben. Das Wasserwirtschaftsamt Ansbach schlug Alarm geschlagen und leitete viele Maßnahmen ein. Denn in diesem Jahr soll alles besser werden. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Gewaltige Schlammmenge hat sich angesammelt
Auf einer Fachkonferenz des Wasserwirtschaftsamts im Januar hatten Experten die Größenordnung des Problems dargestellt: 800.000 Kubikmeter Schlamm haben sich in den letzten Jahrzehnten im Altmühlsee angesammelt. Damit wird der flache See noch flacher, und erwärmt sich immer schneller. Vor 40 Jahren war der Altmühlsee als Wasserspeicher gebaut worden.
Mit jedem Hochwasser gelangt phosphathaltiges Sediment in den See. Und da ist inzwischen einiges zusammengekommen. Würde man den Schlamm im Altmühlsee auf einem Fußballfeld verteilen, wäre dieses 84 Meter hoch, sagt die für den See zuständige Abteilungsleiterin Helga Pfitzinger-Schiele. Es bräuchte 60.000 Lkw-Fahrten, um alles abzutransportieren. Doch wohin überhaupt mit dem Schlamm?
Saugbagger: Pannen und Verzögerung
Kurzfristige Abhilfe schaffen soll jetzt ein Saugbagger, der Schlamm vom Seegrund abbürstet und abtransportiert. Das Wasserwirtschaftsamt hat vor Jahren dafür extra zwei Absetzbecken gebaut, wo der nasse Schlamm trocknen kann. Sie haben Platz für 15.000 Kubikmeter. "Wenn alles gut läuft, dauert das zwei Wochen", sagt Florian Dörfler, Prokurist der Firma Schlammsaug.
Doch leider läuft fast nichts gut in diesem Jahr. Im November hätten die Arbeiten starten sollen. Seit April wurde der Einsatz des Gerätes mehrfach verschoben, weil es immer wieder neue technische Schwierigkeiten gab.
Politik: Handlungsbedarf erkannt
Wenn sich langfristig aber wirklich etwas verbessern soll, muss der Schlamm im See drastisch reduziert werden. Dafür hatten mehrere Experten dringend plädiert. Denn im Schlamm befindet sich Phosphat, die ideale Nahrung für Blaualgen. Immer mehr Phosphat löse sich aus dem Schlamm, erklärte Professor Stefan Peiffer von der Universität Bayreuth. "Wir müssen ans Sediment ran", so Peiffer.
Das Problem ist inzwischen auch in der Landespolitik angekommen. Im März teilte das zuständige Umweltministerium mit, die Wasserqualität solle durch eine umfassende Strategie verbessert werden. Hochrangige Politiker waren vor Ort, der Umweltausschuss des Landtags plant im Oktober eine Sitzung am See. Doch es braucht zig Millionen Euro, um den See auszubaggern. Und bisher fehlt die Idee für eine realistische Methode.
Gutachten: Wie verhält sich der Schlamm im See?
1,2 Millionen Euro hat die Staatsregierung für Sofortmaßnahmen bereitgestellt. So soll ein Gutachten klären, wie viele Wildgänse inzwischen am Altmühlsee leben, denn der Kot von wohl mehreren tausend Gänsen landet regelmäßig im Wasser. Fachleute tauchen zudem nach Wasserpflanzen, um zu klären, wie viele von Fischen und Gänsen gefressen werden. Wasserpflanzen sind gut für die Wasserqualität und könnten mit Netzen geschützt werden.
Außerdem untersucht die Universität Wien den Schlamm genauer. Denn je nach Windlage verteilt er sich ständig neu im See. Wird das für Blaualgen förderliche Phosphat jeweils mit aufgewirbelt? Oder bleibt es in einer dicken Schicht am Seegrund? Im Frühjahr war eine Spezialfirma aus Österreich im Einsatz, um Proben der verschiedenen Schichten zu nehmen. Daraus erhofft sich das Wasserwirtschaftsamt Erkenntnisse für längerfristige Maßnahmen.
Knifflige Gespräche mit der Landwirtschaft
Doch all diese Maßnahmen laufen ins Leere, wenn nach wie vor tonnenweise phosphathaltiges Sediment aus der Landwirtschaft im See landen. "Wir müssen künftig den Schwerpunkt auf den Oberlauf der Altmühl legen", sagt der CSU-Landtagsabgeordnete Helmut Schnotz. Die Gespräche sind knifflig, die Landwirte wollen nicht schuld sein an der Misere. "Jeder Landwirt will doch, dass jedes Körnchen auf seinem Acker bleibt", sagt Schnotz. Weil Humusabtrag ihre Betriebsgrundlage vernichtet. Damit weniger Phosphat aus der Landwirtschaft in den See gelangt, sind Bodenschutz-Fachtage mit Landwirten geplant. Zum Beginn der Pfingstferien ist die Blaualgen-Lage noch gut. Doch wann die nächste Badewarnung kommt, ist nur eine Frage der Zeit.
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