Baustelle von Neubauwohnungen in Ottenbichl bei München aus der Vogelperspektive
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Zahlen Eigentümer und Mieter seit der Grundsteuerreform 2025 drauf?

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Grundsteuerreform 2025: Zahlen Eigentümer drauf?

Grundsteuerreform 2025: Zahlen Eigentümer drauf?

Für Kai Warnecke, den Chef des Bundesverbands Haus und Grund, ist der Fall klar: Die Städte treiben die Kosten bei der Grundsteuer nach oben und machen Wohnen teurer. Zum Beweis legt die Interessenvertretung eine Studie vor. Stimmt der Vorwurf?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Für die BILD-Zeitung, die als erstes Medium berichtet hat, beweist die neue Studie, dass "wir bei der Grundsteuer abgezockt werden". Aber stimmt es, dass Haus- und Wohnungseigentümer seit der Grundsteuerreform über Gebühr belastet werden? Dass die Einführung zum 1. Januar eben doch nicht insgesamt aufkommensneutral ist, wie von der Politik versprochen? Was steht wirklich drin in der von Haus und Grund vorgelegten siebenseitigen "Ersten Wirkungsanalyse aus Sicht privater Immobilienbesitzer" zur Grundsteuerreform 2025? Und wie sind diese Zahlen zu bewerten?

Kostensteigerungen von 100 Prozent und mehr

1.999 Rückmeldungen zur Grundsteuerreform hat Haus & Grund nach eigenen Angaben ausgewertet. Das Ergebnis sei eindeutig: In 79 Prozent der Fälle sei die Grundsteuer gestiegen, im Schnitt um über 100 Prozent. Besonders teuer wurden demnach Ein- und Zwei-Familienhäuser. Nur 21 Prozent der Rückmelder konnten sich über eine Kostensenkung freuen, im Schnitt über ein Minus von 22 Prozent.

Fazit des Verbands: Die Auswertung zeige deutlich, dass die Umsetzung der Grundsteuerreform in der Praxis häufig nicht dem politischen Versprechen der Aufkommensneutralität entspreche, für einen Großteil der Eigentümer sei es zu spürbaren Mehrbelastungen gekommen.

Steuergewerkschaft ist skeptisch

Allerdings: Die meisten Rückmeldungen (45,5 Prozent) kamen von Eigentümern aus Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Hamburg (15,2 Prozent) und Hessen (10,5). Aus Bayern stammen nur 5,5 Prozent der Rückmeldungen. Wie repräsentativ und belastbar ist so eine Stichprobe? Zumal von Mitgliedern eines Interessenverbands, der die Grundsteuerreform in der jetzigen Form ablehnt? Florian Köbler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, mahnt im Interview mit dem BR zur Vorsicht bei der Interpretation der Zahlen, insbesondere für Bayern. Weil der Freistaat ein eigenes Grundsteuermodell habe, würden die Berechnungen von Haus & Grund nicht unbedingt auf bayerische Verhältnisse zutreffen.

In Bayern zählt die Fläche, nicht der Wert

Zum Hintergrund: Bayern hat ein eigenes Grundsteuer-Modell, das sogenannte Flächenmodell, bei dem allein die Größe der Grundstücks- beziehungsweise Wohnfläche zählt, unabhängig vom Wert. Die Mehrheit der Bundesländer entschied sich jedoch für das sogenannte Bundesmodell, bei dem der Wert der Immobilie einfließt. In die Hoheit der Kommunen fällt aber die Festlegung des sogenannten Hebesatzes, der auf dieser Grundlage erhoben wird, und aus der sich die Höhe der individuellen Grundsteuer ergibt. Damit entscheidet also jede Kommune für sich über die Höhe der Grundsteuer.

Kommunen auf Grundsteuer angewiesen

Für die Kommunen ist die Grundsteuer nach der Gewerbesteuer und dem Anteil an der Einkommensteuer die wichtigste Einnahmequelle. 2024 hatten die bayerischen Kommunen nach Angaben des Gemeindetags ein Finanzierungsdefizit von fünf Milliarden Euro. Einzelne Kommunen könnten deshalb gezwungen sein, ihre Hebesätze und damit die Grundsteuereinnahmen zu erhöhen, um einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen, befürchtet Hans-Peter Mayer, Direktor beim Bayerischen Gemeindetag im Interview mit dem BR. In Erlangen könnte es beispielsweise so kommen. Zum geplanten Maßnahmenpaket angesichts eines 60-Millionen-Euro-Lochs gehört hier auch die Erhöhung der Grundsteuer.

Aufkommensneutral oder nicht? - "Abwarten"

Das Versprechen der Bundesregierung, die Grundsteuerreform werde aufkommensneutral sein, sei leichtsinnig gewesen, kritisiert Gemeindetagsdirektor Mayer, denn konkret zuständig seien die Kommunen. Sie trügen die Finanzverantwortung für ihre Stadt bzw. ihre Gemeinde, nicht der Bund. "Abwarten" empfiehlt auch der Bundesvorsitzende der Steuergewerkschaft, Köbler. Ob die Grundsteuerreform in Bayern aufkommensneutral geglückt sei oder nicht, könne erst nach einer Evaluation beurteilt werden. Und die ist nach Einschätzung von BR Data, den Datenexperten des Bayerischen Rundfunks, frühestens im Herbst möglich.

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