Ein Freitagabend im Hauptbahnhof Nürnberg. Die Bundespolizei führt eine Schwerpunktkontrolle durch. Dutzende Beamte suchen an diesem Wochenende vor allem Waffen und andere gefährliche Gegenstände. Die Beamten kontrollieren eine Gruppe junger Männer. Haben sie etwas Verbotenes dabei? Abtasten, Taschenkontrolle, Entwarnung: Sie haben nichts gefunden.
Konfliktpotenzial Alkohol und Partyszene
Im Hauptbahnhof sind nicht nur rund 130.000 Reisende pro Tag unterwegs. Hier trifft sich am Wochenende die Partyszene. Bis spät abends gibt es Alkohol zu kaufen und eine Disko im Gebäude. Da bleiben Konflikte nicht aus.
Seit 2019 gehörte der Nürnberger Hauptbahnhof zu den gefährlichsten im Land. Platz drei bei der Anzahl der Gewaltdelikte. Ein Ranking, auf das keiner in der Stadt stolz war.
Im Video: Mehr Polizeikontrollen, Kameras und Streetworker
Mehr Polizeipräsenz im Nürnberger Hauptbahnhof: Ein Grund dafür, dass die Zahl der Gewaltdelikte zurückging.
Sicherheitsoffensive mit mehr Kameras
Die Reaktion darauf war eine Sicherheitsoffensive zum Kampf gegen Gewalt, Drogen und Armut. Die Bundespolizei beispielsweise zeigt mit Schwerpunktkontrollen mehr Präsenz im Bahnhof. Außerdem wurde die Überwachung ausgebaut. 440 Kamerabilder laufen in der Einsatzzentrale auf. Der Aufwand war immens, sagt Helen Townson, Leiterin der Bundespolizei Nürnberg: "Die Kameras sind im ganzen Bahnhof verteilt. Wir sehen alles, was dort passiert."
Das zeigt Wirkung: Im Jahr 2023 verzeichnete die Bundespolizei 547 Gewalttaten, 2024 waren es 541. Die Prognose für 2025 liegt bei rund 480 Gewalttaten. Das würde einen Rückgang von rund zehn Prozent bedeuten. Die Bundespolizei ist nur für den Bahnhof zuständig. Im Umfeld und vor allem in der Königstorpassage, dem Zugang zur Innenstadt, kümmert sich die Landespolizei um die Sicherheit.
Alkohol, Waffen, Cannabis: Verbotszonen, die die Stadt Nürnberg rund um den Hauptbahnhof erlassen hat.
Verbotszonen zeigen Wirkung
Die Stadt Nürnberg hat am Hauptbahnhof Verbotszonen erlassen. Seit acht Jahren darf auf dem Vorplatz kein Alkohol getrunken werden. Seit April 2025 gilt rund um den Bahnhof eine Waffen- und Messerverbotszone. Ein Cannabisverbot wurde in diesem Bereich mittlerweile auch verhängt. 2023 zählte die Landespolizei im Bahnhofsumfeld 131 Gewaltdelikte, 2024 waren es 93. Die Tendenz für 2025 steigt leicht, die Prognose liegt bei rund 100 Gewaltdelikten. Im Vergleich zu 2023 ist das aber immer noch ein Rückgang von rund 24 Prozent.
Obdachlose, Betrunkene, Drogenabhängige - sie alle stranden am Hauptbahnhof. Michelle Jaß und Annika Zitzmann sind die Bahnhofsläuferinnen. Das Pilotprojekt der Stadtmission gibt es erst seit wenigen Monaten. Sie helfen, vermitteln Notschlafstellen und besuchen auch den neuen Unterstand für Obdachlose im Stadtgraben nahe dem Hauptbahnhof.
Schließfächer und kostenlose Toiletten
Die Stadt Nürnberg hat ihn vor kurzem errichten lassen. Außerdem gibt’s Schließfächer und kostenlose Toiletten für Obdachlose. Der Stadt geht es darum, die Szene aus dem Blickfeld zu bekommen und Streitigkeiten unter den Gruppen zu vermeiden.
Den beiden Streetworkerinnen geht es darum, "dass jeder am Bahnhof willkommen ist und man nicht irgendwie Menschen einfach vertreibt oder rausscheucht". Aber: Auch Sie sorgen mit ihrer Arbeit natürlich dafür, dass sich viele Passanten ein kleines bisschen wohler fühlen.
Streitigkeiten vor allem innerhalb der Szene
Das gilt auch für die Arbeit der Nürnberger Drogenhilfe Mudra. Streetworker Martin Kießling steht am Osteingang. Hier trifft sich die Drogenszene. Er steht bei einer Gruppe Männer, kurz zuvor gab es lautstarken Streit. Es sind solche Situationen, die die Passanten verunsichern.
Kießling hört zu, allein das nimmt schon Druck raus. Wenn es zu Streitigkeiten kommt, dann vor allem innerhalb der Gruppen, sagt er.
Gefahr der Verdrängung in Wohngebiete
Seit zehn Jahren ist er am Bahnhof unterwegs und kennt die Ecken, wo gedealt wird. Zum Beispiel im Süden des Bahnhofs beim Nelson-Mandela-Platz. Die Polizei setzt hier mobile Kameras ein, um die Szene abzuschrecken. "Die Leute lösen sich ja nicht in Luft auf", sagt er. Seine Beobachtung: Die Szene wird verdrängt in Wohngebiete und auf Schulhöfe.
Der Nürnberger Hauptbahnhof - er bleibt ein Brennpunkt. Auch wenn sich die Lage verbessert - dafür, dass die Menschen hier keine Angst haben müssen, kämpfen die Polizei und die Sozialarbeiter jeden Tag.
BR24 auf Instagram: Hauptbahnhof Nürnberg wird sicherer
Dieser Artikel ist erstmals am 16.12.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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