Ganz schön flinke Finger haben sie, die nähenden, strickenden und häkelnden Frauen. Normalerweise arbeitet jede für sich daheim, aber ein paar Mal im Jahr treffen sie sich auch direkt vor Ort. Im Vereinshaus in Oberemmendorf im Landkreis Eichstätt herrscht Konzentration. Jeder Stich muss passen, jeder Druckknopf sitzen, jede Naht gut halten. In allen Kleidungsstücken steckt ganz viel Herzblut. Schließlich geht es um die Kleinsten der Kleinen: Um Babies, die zu früh auf die Welt gekommen sind, und um Babies, die kurz vor, während oder nach der Geburt gestorben sind. Sie alle sollen schöne und vor allem passende Kleidung tragen. Dafür setzten sich die Frauen ehrenamtlich in ihrer Freizeit an die Nähmaschine.
Eine Handvoll Mensch
Marina Rupp hat den Verein "Nähen für Frühchen und Sternenkinder Beilngries" gegründet. Sie weiß, wie es sich anfühlt, ein winziges, noch nicht reifes Baby zu bekommen. 2015 kommt ihr drittes Kind zur Welt, zehn Wochen zu früh. Tochter Evelyn wiegt damals gerade mal 675 Gramm. Wochenlang muss sie im Krankenhaus aufgepäppelt werden. Eine aufreibende Zeit für die ganze Familie. Marina Rupp ist täglich bei ihrer Tochter auf der Frühchen-Station im Nürnberger Südklinikum. Ihr fällt auf: In herkömmlicher Kleidung für Neugeborene verschwindet Evelyn förmlich. Und sieht dann noch kleiner aus, als sie schon ist.
Ehrenamt tut gut
Sie gründet den Verein, der heute 280 Mitglieder hat. Die meisten der Frauen kommen aus der Gegend rund um Beilngries. Viele von ihnen haben selbst ein Frühchen bekommen oder ein Kind verloren. Ihr Engagement im Verein habe etwas Sinnstiftendes, sagen sie. So könne man Eltern in einer absoluten Ausnahmesituation wenigstens etwas unterstützen. Der Verein versorgt pro Jahr etwa 200 Kinder. Die mit Mützchen, Stramplern, Pumphosen und Decken gefüllten Pakete gehen an Krankenhäuser unter anderem in Ingolstadt, München, Bremen und auch direkt an betroffene Familien.
Freude auf der Frühchen-Station
Marina Rupp besucht regelmäßig die Frühchen-Station im Klinikum Nürnberg Süd, um neue Kleidungsstücke vorbeizubringen. Als ihre Tochter Evelyn auf die Welt kam, trugen die winzigen Babies riesige, "normale" Neugeborenen-Kleidung, heute kommt regelmäßig Nachschub an frisch produzierter, winzig kleiner Ware vom Verein. Die Freude unter den Kinderintensivpflegekräften beim Auspacken ist jedes Mal groß. Weiche Stoffe, bunte Farben, fröhliche Muster: Auch für das Klinikpersonal ist das wichtig.
"Es ist einfach auch schön für die Pflegekraft, wenn das Kind etwas Nettes anhat. Wenn es was Farbenfrohes ist, als wenn das jetzt was Klassisches aus Frottee ist, was die Klinik bereitstellt. Das geht ja oft gar nicht anders. Deswegen ist es so schön, wenn die Schwestern morgens für das Bettenmachen alles herrichten und für die Körperpflege und das Kind dann ein schönes Kleidungsstück anzieht." Nicole Mederer, Kinderintensivpflegekraft
Spenden erwünscht
Der Verein finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden und freut sich über jeden Neuzugang. Mit den Jahren konnten Marina Rupp und ihre Unterstützerinnen ein enges Netzwerk schaffen, das auch mal über Nacht Hilfe leistet, wenn ein Notruf eintrifft: Verstirbt ein Kind unerwartet, setzt sich ein Vereinsmitglied auch spätabends noch an die Nähmaschine. Wenn sich Eltern von ihrem Kind verabschieden müssen, kann es tröstlich sein, dass es schön angezogen wird. So bekommt der Verein "Nähen für Frühchen und Sternenkinder Beilngries" immer wieder Post von Familien, die in ihren schwersten Stunden Unterstützung erfahren haben und dafür sehr dankbar sind.
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