Bäckermeister Ulli Kraus mit zwei kirgisischen Auszubildenden: Aiana (weißes T-Shirt) und Kyial (gelbes T-Shirt).
Bäckermeister Ulli Kraus mit zwei kirgisischen Auszubildenden: Aiana (weißes T-Shirt) und Kyial (gelbes T-Shirt).
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Kyial und Aiana gehören zu den insgesamt 65 Azubis, die das Arbeitsamt Cham in Kirgistan angeworben hat, um den Fachkräftemangel auszugleichen.
Bildrechte: BR / Iris Tsakiridis
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Kyial und Aiana gehören zu den insgesamt 65 Azubis, die das Arbeitsamt Cham in Kirgistan angeworben hat, um den Fachkräftemangel auszugleichen.

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Hilfe gegen Fachkräftemangel? Die Oberpfalz wirbt Kirgisen an

Hilfe gegen Fachkräftemangel? Die Oberpfalz wirbt Kirgisen an

In vielen Betrieben fehlen Azubis. Im Landkreis Cham geht man neue Wege und sucht junge Menschen – und zwar in Kirgistan. In der zentralasiatischen Republik gibt es mehr Jugendliche als hier; dort haben sie aber nur wenig berufliche Perspektiven.

Über dieses Thema berichtet: Schwaben + Altbayern am .

Freundlich und zugewandt bedient Kyial ihre Kundschaft in der Bäckerei Kraus in Roding. Deutsch hat sie schon in der Schule gelernt. Wenn sie mal etwas nicht gleich versteht, dann fragt sie nochmal nach. Die junge Kirgisin ist im ersten Ausbildungsjahr zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk mit Schwerpunkt Bäckerei. 

2024 ist sie hergekommen, über ein Rekrutierungsprojekt der Arbeitsagentur und des Landkreises Cham. Es soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Kyial findet die Ausbildung sehr gut, weil darin Theorie und Praxis vermittelt werden . Und gegen das Heimweh hilft ein tägliches Telefonat mit den Eltern.

Hoher Bedarf an Auszubildenden, aber wenig Nachwuchs

Ihr Chef, Bäckermeister Ulli Kraus ist sehr zufrieden; denn er hat noch eine zweite Auszubildende aus Kirgistan. Sie macht eine Bäckerlehre. Er sieht die Rekrutierung der Jugendlichen durch Arbeitsagentur und Landkreis Cham als große Chance. "Das Projekt ist sehr wichtig für uns, weil wir diesen Auszubildendenbedarf haben und das mit eigenen Leuten nicht decken können", sagt er.

Durchschnittsalter in Kirgistan: 25 Jahre

Insgesamt 65 Jugendliche aus Kirgistan machen hier eine Ausbildung, in verschiedenen Branchen. Hotellerie und Gastronomie zählen dazu, genauso wie das Gesundheitswesen. Das Durchschnittsalter in Kirgistan ist 25 Jahre, doch vielen fehlt die berufliche Perspektive.

Der Chamer Landrat Franz Löffler (CSU) und Siegfried Bäumler von der Arbeitsagentur Schwandorf waren in Kirgistan. Ihr Ziel: Jugendliche für eine Ausbildung zu gewinnen.

Die Oberpfälzer Delegation hat intensive Gespräche geführt, auch mit Vertretern des Arbeits- und Bildungsministeriums. In einer Schule in der Hauptstadt Bischkek haben sie für eine berufliche Zukunft im Landkreis Cham geworben. Besonders eindringlich waren für Landrat Löffler die Begegnungen mit den Eltern. "Für mich eine der emotionalsten Punkte überhaupt, wo wir denen die Augen geschaut haben und die Eltern sozusagen auch schon die Sorge gehabt haben: Passt Ihr gut auf unsere Kinder auf?", sagt er. Diese Garantie hat der Landrat den besorgten Eltern gegeben.

Wichtigstes Auswahlkriterium: Sprache

Siegfried Bäumler von der Arbeitsagentur Schwandorf hatte die Idee zu dem Projekt. Er hat mehrere Jahre in Kirgistan gearbeitet. Das wichtigste Auswahlkriterium für die Jugendlichen: deutsche Sprachkenntnisse. Er wusste, dass aufgrund postsowjetischer Strukturen viele Jugendliche Deutsch und Englisch lernen. Das Interesse an der deutschen Sprache sei insgesamt sehr hoch, betont Siegfried Bäumler.

Nur wer erfolgreich ist, darf bleiben

Die Azubis sind mit einem Ausbildungsvisum gekommen. Wenn sie ihre Ausbildung erfolgreich abschließen, dürfen sie hier bleiben. Und: Der Ausbilder muss eine bezahlbare Wohnung organisieren. Diesen Aufwand leistet Bäckermeister Ulli Kraus sehr gerne, denn ohne Nachwuchs wie Kyial könnte er sein Geschäft nicht – wie gewohnt – weiterlaufen lassen. "Wir müssten unsere Öffnungszeiten definitiv reduzieren. Wir müssten nachmittags zusperren, am Wochenende vielleicht zusperren oder ganze Tage vielleicht schließen", erklärt er.

Kyial jedenfalls fühlt sich hinter der Verkaufstheke wohl. Der Beruf passt und vielleicht wird die Oberpfalz ja eine neue Heimat für sie.

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