Alfred Kandler öffnet das Tor zu seinem Hof. Schon beim ersten Blick in einen umgebauten Stall lässt sich erahnen, dass hier jemand eine Leidenschaft für Antiquitäten pflegt. Auf einem alten Plattenspieler dreht sich eine Schellackscheibe – der Vorgänger von Vinyl. Es erklingt der Hillbilly-Bill-Sound aus den 50er-Jahren. Daneben steht eine alte Originalzapfsäule aus den USA. Besonders ins Auge fallen allerdings die Autos, die dort stehen: historische Fahrzeuge mit langer Geschichte.
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Ein Ford von 1908
Alfred Kandler ist 73 Jahre alt – und damit wesentlich jünger als seine Oldtimer. Fünf Stück besitzt er. Allesamt vom US-Hersteller Ford, allesamt vor 1939 gebaut. Besonders stolz ist Kandler auf das weiße Modell, das auf einer Hebebühne steht. "Ein Ford N aus dem Jahr 1908", erzählt der Sammler. Gerade einmal 22 Jahre zuvor hatte Carl Benz seinen "Patent-Motor-Wagen 1" und damit das weltweit erste Automobil mit Verbrennungsmotor erschaffen.
"Tin Lizzie" mit Anlasser
Daneben steht ein grünes Modell. "Das Auto ist 1914 eine Sonderausstattung gewesen. Es hat Stoßdämpfer, eine Tacho-Uhr, Rocky-Mountain-Bremsen, ein Getriebe und Messing-Ausstattung." Es ist ein Ford T, unter Autokennern als "Tin Lizzie" bekannt. Das erste Auto, das am Fließband produziert wurde. Kandler hat den Originalzustand etwas verändert. "Ich habe einen Anlasser eingebaut. Damit wir nicht immer kurbeln müssen", sagt der gelernte Maschinenbauer schmunzelnd.
Zu einer "Sucht" entwickelt
Kandler hat mit seiner Frau Rosmarie über viele Jahre ein Kfz-Teile-Geschäft in Straubing betrieben, das mittlerweile ihr Sohn übernommen hat. Vor 25 Jahren hat sich dann die Leidenschaft für die besonders alten Autos entwickelt. "Es ist zu einer Sucht geworden", sagt Kandler. Wichtig dabei: "Dass die Familie mitmacht."
Und das tut sie: Gemeinsam mit seiner Frau organisiert der 73-Jährige bereits zum zehnten Mal das Nostalgie-Fahrzeuge-Treffen in Straubing - für Autos und Motorräder bis Baujahr 1939.
Mittlerweile kommen die Teilnehmer aus ganz Deutschland. Uwe Mißbach ist aus Dresden angereist. Seinen Ford Modell A Deluxe Roadster hat er aber auf dem Hänger transportiert: "Auch wenn man mit dem schon gut Tagestouren über 200 Kilometer machen kann."
Menschentrauben auf dem Ludwigsplatz
"Alfred ist einfach ein uriger Typ", sagt Mißbach lachend. "Für ihn gibt es keine Probleme. Er löst alles." So kennt auch Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr den Organisator. "Es ist einfach jedes Jahr wieder eine tolle, besondere Sache, auch für die Stadt."
Und tatsächlich bilden sich am Wochenende Menschentrauben um die 54 Fahrzeuge auf dem Ludwigsplatz. Auch das Herzogspaar der Agnes-Bernauer-Festspiele, die am 21. Juni in Straubing beginnen, gibt sich in Bühnenkleidung die Ehre.
Leidenschaft in jeder Sekunde
Nach etwa zwei Stunden ziehen die Nostalgie-Fahrzeuge weiter. Nach der Tagestour durch Niederbayern mit dem Stopp in Straubings Innenstadt gibt es noch weitere Programmpunkte. Alles organisiert von Familie Kandler, der die Leidenschaft für ihr Hobby auch nach 25 Jahren noch in jeder Sekunde anzumerken ist.
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