Klaus Holetschek, Bayerischer Gesundheitsminister, im Kontrovers-Interview
Bildrechte: BR / Kontrovers
Videobeitrag

Klaus Holetschek, Bayerischer Gesundheitsminister, im Kontrovers-Interview

Videobeitrag
>

Ärztemangel: Holetschek verspricht "wohnortnahe Versorgung“

Ärztemangel: Holetschek verspricht "wohnortnahe Versorgung“

Jedes zweite Krankenhaus klagt über Ärztemangel. In Bayern muss jetzt sogar ein Haus schließen. Veränderungen in der bayerischen Kliniklandschaft seien nötig, dürften aber nicht aus Berlin erzwungen werden, fordert Holetschek im Kontrovers-Interview.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

In dieser Woche vollzieht sich ein bundesweit einmaliger Vorgang: Im oberbayerischen Haag hat sich der Träger entschlossen, die Klinik für drei Monate zu schließen. Vorerst. Der Grund: Personalmangel. Die Patienten werden ins benachbarte Mühldorf verlegt, um die medizinische Versorgung aufrecht zu erhalten.

Bayerns Gesundheitsminister Holetschek zeigt sich im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers überzeugt: "Das hat sicherlich nichts mit Bayern zu tun. Es ist immer noch eine herausfordernde Zeit für die Krankenhäuser. Die aus der Pandemie resultierenden Isolationsvorgaben tragen ihr Übriges dazu bei." Ist Corona also allein schuld an der seit Wochen angekündigten Schließung in Haag?

"Fallpauschalen aussetzen"

Das Bundesgesundheitsministerium ist der Auffassung, dass es insgesamt nicht zu wenige Ärzte gibt, sondern zu viele Krankenhäuser. Diese These ist gerade im Flächenstaat Bayern seit Jahren heiß umstritten. Der CSU-Minister stellt im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers klar: "Wir stehen zu einer wohnortnahen Versorgung. Und welche Krankenhäuser erforderlich sind und welche nicht, das beantworten wir ja nicht vom grünen Tisch aus. Sondern die Träger vor Ort entscheiden das ja mit."

Das bayerische Gesundheitsministerium fördere auf Basis der Krankenhausplanung die grundsätzlichen Investitionen mit jährlich über 643 Millionen Euro. Aus Sicht von Holetschek müsste die Finanzierung des laufenden Betriebs in den Krankenhäusern, die über das in der Kritik stehende System der Fallpauschalen stattfindet, aber dringend auf den Prüfstand: "Die Fallpauschalen stehen zurecht in der Kritik. Sie müssen dringend überarbeitet oder auch ausgesetzt werden."

Bundesgesundheitsminister Lauterbach habe die Fallpauschalen damals miterfunden, jetzt kritisiere er sie, dann solle er sie nun auch wieder abschaffen, fordert Holetschek im Kontrovers-Interview.

"Natürlich brauchen wir Veränderungen"

"Die Länder sind diejenigen, die bei der Krankenhausplanung den Hut aufhaben. Und das soll beibehalten werden. Es kann nicht sein, dass aus Berlin über Mindestmengenregelungen und anderes ein Strukturwandel herbeigeführt wird", mahnt Bayerns Gesundheitsminister.

"Das ist ein erzwungener Strukturwandel!" Holetschek deutet aber an, dass es auch bei Bayerns Krankenhäusern Veränderungen geben kann: "Wir müssen es sicherlich auch in der Zukunft weiter diskutieren", erklärt der Gesundheitsminister in Kontrovers. Gesundheitszentren und die Notfallversorgung seien wichtige, essenzielle Themen. Entscheidungen würden aber immer von der Situation vor Ort und mit den Betroffenen gemeinsam gefällt.

Holetschek mahnt: "Natürlich brauchen wir insgesamt Veränderungen, aber doch nicht auf dem kalten Weg – erzwungen durch Berlin. Wir müssen jetzt für die Häuser Stabilität schaffen. Im Moment geht es um die Menschen, um die Versorgung." Kalter Weg? Erzwungen vom Bund? Holetschek bezieht sich dabei auf die teils prekäre Finanzlage in der die Kliniken wegen der gestiegenen Energiekosten. "Berlin muss endlich die Energie- und die Sachkosten ersetzen. Jeder Tag ist ein verlorener Tag!"

Holetschek will Institut für Allgemeinmedizin in Regensburg

Die Forderung nach mehr Studienplätzen für Medizin ist nicht neu, der bayerische Gesundheitsminister teilt sie nach eigenem Bekunden uneingeschränkt. "Wir brauchen bundesweit mehr Studienplätze. Wir müssen aber auch die Rahmenbedingungen verbessern – die Arbeitsbedingungen, die zuverlässige Vereinbarung von Beruf und Familie. Das sind die Hausaufgaben. Und die müssen wir alle lösen: Bund, Land und Kommunen."

Um die Ausbildung der Ärzte zu stärken, fordert die Bayerische Landesärztekammer schon seit 2020 ein Institut für Allgemeinmedizin an der Universitätsklinik Regensburg. "Ich bin überzeugt, dass das bald kommt. Ich bin da in Gesprächen mit dem zuständigen Wissenschaftsminister. Und die Signale sind positiv aus meiner Sicht", unterstreicht Holetschek.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!