Kinder spielen auf einer Rutsche.
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Wie inklusiv sind die Spielplätze in Bayern? (Symbolbild)

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Inklusive Spielplätze: Nicht grundlegend anders, aber rar

Inklusive Spielplätze: Nicht grundlegend anders, aber rar

In Deutschland gebe es einen Mangel an inklusiven Spielplätzen, befindet "Aktion Mensch" nach einer Studie. Ein bayerischer Landschaftsarchitekt sagt, es habe sich insgesamt viel entwickelt. Barrierefreiheit aber wird oft zu kurz gedacht.

Nicht alle müssen jedes Spielgerät nutzen, aber jeder sollte etwas Passendes zu den eigenen Fähigkeiten finden können: So könnte man funktionierende inklusive Spielplätze beschreiben. Zwar bedeutet Barrierefreiheit grundlegend, jeder kann überall hin. Doch bei Spielplätzen sind die Anforderungen generell etwas anders: Wenn alle Geräte schon für kleine Kinder geeignet sein müssten, würde den größeren die Herausforderung fehlen.

Viele Spielplätze nicht für Kinder mit Behinderung geeignet

Auf Spielplätzen sollen alle Kinder toben können, ihre sozialen sowie motorischen Fähigkeiten stärken und Neues entdecken. Doch für Kinder mit Behinderung sind viele dieser Plätze eher ein Ort der Ausgrenzung. Eine aktuelle Studie von "Aktion Mensch" anlässlich des Weltspieltags zeigt: Fast 80 Prozent der deutschen Spielplätze sind nicht so gestaltet, dass Kinder mit Behinderung sie nutzen können. Überprüft wurden dafür 1.000 Spielplätze in Deutschland. Nur jeder fünfte weise inklusive Merkmale auf - aber auch dann könnten nicht immer alle Menschen teilhaben.

Der Untersuchung zufolge liegt der Anteil der Spielplätze mit inklusiven Merkmalen in Bayern bei 22,4 Prozent. Berlin schneidet im Vergleich mit 36 Prozent am besten ab, Schleswig-Holstein und Brandenburg bilden das Schlusslicht mit jeweils 9,8 Prozent. Eine weitere Erkenntnis: Je größer die Kommune und je höher die Bevölkerungsdichte, desto besser die Bewertung der Spielplätze - es gibt also ein Stadt-Land-Gefälle.

Landschaftsarchitekt bestätigt Eindrücke

Lothar Köppel sagt, seine langjährigen Erfahrungen deckten sich mit der Studie. Er ist Landschaftsarchitekt in Mühldorf am Inn und entwarf Bayerns ersten barrierefreien und rollstuhlgerechten Spielplatz für die Bayerische Landesschule in München - eingeweiht 1985. Seitdem werde dort in mehreren Bauabschnitten bis dato weitergebaut und würden neueste Erkenntnissen umgesetzt, erzählt er im Gespräch mit BR24. Insgesamt habe er über 100 inklusive Spielplätze in Deutschland und Europa gebaut.

Wichtig bezüglich der Definitionen: "Barrierefrei" ist nicht mit "komplett rollstuhlgerecht" gleichzusetzen - wie häufig angenommen -, sondern konzentriert sich grundsätzlich auf die Fähigkeiten der Nutzenden. Inklusiv wiederum hat den Anspruch, für alle da zu sein, egal beispielsweise welche Konfession, Geschlecht oder Behinderung jemand hat.

Beliebte Spielgeräte: Rollstuhl-Karussell, Wippe, Balanciergerät

"Es gibt sehr wenige Spielplätze, die die entsprechende DIN-Norm und die Matrix für barrierefreie Spielplätze erfüllen", stimmt Köppel zu. Zwar sei die Tendenz steigend, aber es gebe noch "sehr hohen Nachholbedarf". Zurzeit seien Rollstuhl-Karussells sehr beliebt. Auch Kinder mit Gehhilfe, im Rollstuhl oder im Kinderwagen finden dort ihren Platz. Wassermatsch-Tische fürs Spielen im Stehen und Sitzen würden ebenfalls gern genutzt. Außerdem seien Elemente mit Adaptern, bei denen man an Spielgeräte andocken kann, zur barrierefreien Nutzung hilfreich.

Darüber hinaus können Stehwippen auch von Rollstuhlfahrern genutzt werden. In stabilen Hängematten lässt es sich sanft schaukeln. Balanciergeräte in eckig, rund oder mit Seil bieten Kindern, auch wenn sie zum Beispiel blind sind, eine Herausforderung. Über Rückzugsorte freuen sich derweil auch Kinder mit Autismus. Ebenfalls für die Planung wichtig: Barrierefreiheit geht schon beim Zugang zum Spielplatz und der Erreichbarkeit der einzelnen Elemente los.

Verschiedene Sinne ansprechen

"Je größer die barrierefreie Vielfalt, Erreichbarkeit, Zugänglichkeit und Nachhaltigkeit ist, desto besser ist der inklusive Spielplatz", hält Köppel fest. Ziel ist es, möglichst viele Angebote für alle Sinne zu schaffen - wobei barrierefrei schon als abgedeckt gilt, wenn mindestens zwei Sinne wie Sehen und Hören angesprochen werden. Je nach Einschränkung kann ein Kind das Gerät dann zumindest teilweise nutzen. In der Studie von "Aktion Mensch" heißt es diesbezüglich: "10,7 Prozent [der Spielplätze] haben Spielelemente und Materialien, die mehrere Sinne ansprechen." Nachholbedarf wird auch etwa bei Leitsystemen zur Orientierung und barrierefreien Toiletten in der Umgebung gesehen.

Die Organisation stellt aber auch fest, dass immer mehr inklusive und barrierefreie Spielplätze entstehen und mehr Firmen sich der Produktion inklusiver Spielgeräte widmen. Landschaftsarchitekt Köppel erwartet einen Dominoeffekt: Größere Gemeinden orientierten sich an Vorreitergemeinden wie Nürnberg. Die Stadt hat sich als erste Großstadt in Deutschland für Leitlinien zu mehr Inklusion auf Spielplätzen entschieden.

Verbindlichkeit in Nürnberg

Auf Anfrage von BR24 teilte die Stadt mit, dass der erste Spielplatz nach den neuen Leitlinien nun an der Kieselbergstraße eröffnet worden sei - weitere sollen dieses Jahr folgen. "Im Verhältnis zu allen öffentlichen Spielplätzen stehen wir damit am Anfang, aber erweitern kontinuierlich mit jeder Generalsanierung oder Neubau." Ziel sei es, einen inklusiven Spielplatz so zu gestalten, dass man es ihm nicht ansehe und dass alle Aktionsflächen derart gestaltet werden.

Die Stadt Regensburg wiederum verweist auf den ersten dortigen Inklusionsspielplatz im Brixen-Park, der im Herbst 2021 fertiggestellt wurde. "Schätzungsweise lassen sich in Regensburg bei einem Viertel der öffentlichen Spielplätzen inklusive Spielmöglichkeiten finden", hieß es außerdem auf Anfrage.

Bei neuen Spielplätzen wird eher auf Barrierefreiheit geachtet

Laut UN-Menschenrechtskonvention von 2009 und dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz müssten eigentlich alle öffentlich zugänglichen Einrichtungen barrierefrei sein, auch Spielplätze. "Mittlerweile ist Barrierefreiheit in den Köpfen der Menschen angekommen, aber die Umsetzung dauert noch an", meint Köppel. Spielplätze, die neu gebaut oder generalsaniert werden, müssten barrierefrei sein, wenn dies in Verordnungen, Bauleitplanungen oder Genehmigungen verankert ist.

Das Bündnis "Recht auf Spiel" forderte zum Weltspieltag am vergangenen Sonntag, dass Kommunen verpflichtet werden sollen, bei jedem Spielplatzneubau oder bei einer umfassenden Sanierung mindestens eine inklusive Spielmöglichkeit zu schaffen. Auch eine Prüfung, inwiefern der Platz bisher zum inklusiven Spiel geeignet ist, sei sinnvoll.

Bestimmte Spielplatz-Kriterien bleiben gleich

Köppel sagt: "Wenn es gut gemacht ist, ist ein barrierefreier Spielplatz nicht teurer als ein anderer. Wichtig ist bei der Planung und Realisierung der gesunde Menschenverstand." Die prinzipiellen Kriterien bleiben gleich: Kinder freuen sich über Freiraum, verschiedene Angebote und wollen Herausforderungen sicher meistern können.

Im Video: Nürnberg setzt Leitlinien zur Inklusion um

Jemand hält ein Schild, auf dem die Leitlinien zur Inklusion auf Spielplätzen erläutert wird.
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Von September 2022: Als erste Großstadt in Deutschland will Nürnberg Leitlinien für mehr Inklusion auf Spielplätzen schaffen.

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