Die Jagd boomt: Bayerns neue Jäger
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Ein Jagdkurs-Lehrer und zwei Jagdkurs-Teilnehmer an einem Jägerstand in Oberbayern während eines Jagdkurses im Herbst 2023.

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Die Jagd boomt: Bayerns neue Jäger

Die Jagd boomt: Bayerns neue Jäger

Immer mehr Menschen wollen einen Jagdschein machen. Was treibt sie an und was erwartet sie in der Jagdausbildung? Kontrovers - Die Story hat Menschen bei ihrem Kurs begleitet und ist mit einer Jungjägerin das erste Mal auf der Jagd.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Nach und nach füllt sich der Seminarraum: Auftakt zum Jagdscheinkurs, Anfang Oktober in München. Zwölf Teilnehmer wollen sich zum Jagen qualifizieren und wappnen sich für zwei intensive Wochen Kompaktkurs. Diese Kurse sind inzwischen gefragt, denn es gibt auch welche, die sich deutlich länger ziehen. Unabhängig von der Dauer, kostet ein Kurs hier über 3.000 Euro, zum Schluss stehen drei Prüfungen an. Sie werden von der Jagdprüfungsbehörde zentral und einheitlich für alle Jagdscheinanwärter organisiert.

Über 20.000 Menschen nahmen 2022 an der Jagdprüfung teil

Obwohl der Schnellkurs die Grundlagen vermittelt, müssen die Teilnehmer bis zur Prüfung weiter lernen, um zu bestehen. Kursteilnehmer Thomas etwa arbeitet beruflich als kaufmännischer Leiter. Er erzählt in der Reportage von Kontrovers – Die Story, dass er vor der Aufgabe viel Respekt habe: "Ganz, ganz viel auswendig lernen, das dürfte ganz sicher eine große Herausforderung sein. Zum jetzigen Zeitpunkt freue ich mich aber tatsächlich noch."

So viele Menschen wie noch nie haben 2022 an der Jagdprüfung teilgenommen, erstmals über 20.000 Menschen in Deutschland. Die Durchfallquote lag bei 25 Prozent. Tatsächlich werden auch in dieser Gruppe nicht alle die Prüfungen bestehen.

Im Video: "Die Jagd boomt: Bayerns neue Jäger" von Kontrovers – Die Story

Jagdschein allein reicht zum Jagen nicht

Jungjägerin Mollie hat ihr 'Grünes Abitur', wie die Prüfung für den Jagdschein auch genannt wird, vor einem halben Jahr erfolgreich bestanden. Für sie ging es ums Prinzip:

"Das war für mich wirklich die Entscheidung: Will ich Vegetarier werden oder will ich Jäger werden? Denn ich bin in einer ländlichen Region aufgewachsen, ich habe den Bezug zu Tieren, zu der Natur und es ist mir einfach wichtig, nicht Teil an der Massentierhaltung zu haben." Mollie, Jungjägerin

Wie viel Wild geschossen wird, bestimmen Jäger jedoch nicht selbst: Für jedes Revier gibt es Abschusspläne, die von den Unteren Jagdbehörden beschlossen werden. Heute will Mollie ihr erstes Wild erlegen, ihr Jagdlehrer Nico Retzer unterstützt sie. Seit 2023 bietet die Jagdschule ihren Absolventen an, gemeinsam mit den Lehrern zu jagen.

Denn es ist für Jungjäger nicht einfach jagen zu gehen: Neben dem Jagdschein brauchen sie entweder ein eigenes Jagdrevier oder einen Begehungsschein. Manch einer muss sich nach Abschluss des Jagdscheines Jahre gedulden, bis sich eine Jagdgelegenheit ergibt.

Große Verantwortung für Wild und Wald

Bei den derzeitigen Kursteilnehmern neigt sich der zweiwöchige Intensivkurs der Jagdausbildung dem Ende zu. Es geht heute an die Beseitigung von Wildschäden: Wildschweine haben hier nach Käfern und Würmern gesucht. Und dabei die Wiese umgegraben.

Ein Revier bedeutet viel Arbeit und Verantwortung, das sollen die Teilnehmer heute lernen, denn: Jäger sein bedeutet weit mehr, als nur zu jagen. "Sondern wirklich auch Lebensraum schaffen und aber auch gleichzeitig mit den Landwirten gemeinsam Schaden beheben, weil im Endeffekt: Wer heutzutage Reviere übernimmt, muss bei den meisten Fällen auch für Wildschaden aufkommen, auf irgendeine Art und Weise", erzählt Sebastian Scheubert von der privaten Jagdschule 'Jagdbildungszentrum Bayern'.

Im Visier: Mollies erstes Rehkitz

Mollie und ihr Jagdlehrer kommen derweil am Hochsitz an. Die Jungjägerin ist entspannt: Noch ist kein Reh in Sichtweite. Jagdlehrer Nico Retzer erinnert sie daran, sich diese Ruhe beizubehalten – als er eine Bewegung am Waldrand ausmacht: Etwa 180 Meter vom Hochsitz entfernt erspäht der Jagdlehrer ein Kitz "du kannst schießen", sagt er zu Mollie.

Sie legt an, zielt und rudert kurz darauf zurück: Das Rehkitz ist wieder in den Wald gegangen.

Für die Jäger gehört das Töten von Wildtieren zum Naturschutz dazu. Sie sind sicher, ohne die Jagd würden die Wildbestände zu groß und damit auch die Verbissschäden an Wäldern und Landwirtschaft. Gegner der Jagd argumentieren, dass die Natur sich selbst regulieren könne und die Tiere wegen der Jagd unter Dauerstress lebten.

Das Ziel: Tierleid senken durch guten Schuss

Heute bleibt den Jägern ohnehin nicht mehr viel Zeit, erklärt Nico Retzer die Vorgaben der Jäger beim Nachtjagdverbot. Bis 90 Minuten nach Sonnenuntergang dürfen Jäger Rehwild jagen, heute also bis 19:30 Uhr. "Allerdings erledigt sich das von selbst, weil um 18:45 Uhr wird es so finster sein, dass ich sie zwar in der Wärmebildkamera sehe, aber dann nicht mehr im Zielfernrohr", erzählt Retzer in der Reportage von Kontrovers – Die Story.

Tatsächlich tauchen nochmal zwei Rehe auf – Mollie hat freies Schussfeld. Doch das Tier steht mit etwa 180 Metern erneut ziemlich weit weg. Traut sie sich den Schuss zu?

Mollie legt an, nimmt das Kitz ins Visier – und schießt. Das Tier ist getroffen – doch war der Schuss sauber? Die Jungjägerin und der Jagdlehrer machen sich auf den Weg zum Abschussort.

Ein Tier beim Abschuss schlecht zu treffen, ist Mollies größte Angst: "Das will man absolut nicht. […] Nicht nur wegen der Nachsuche, aber auch … man will nicht, dass das Tier leidet." Da entdecken Neu-Jägerin Mollie und ihr Jagdlehrer das Reh im Gebüsch. Der ehemalige Ausbilder ist zufrieden, Mollie durchlebt viele Gefühle zur selben Zeit: "Es ist natürlich Erleichterung und Aufregung. Und … das tut einem trotzdem leid. Aber das ist Jagd." Heute war Mollie froh über die Unterstützung. Das nächste Mal will sie vielleicht auf eine Pirschjagd mitgehen.

Dieser Artikel ist erstmals am 17.01.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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