Eine weitere Verschärfung des Dieselfahrverbots auf dem Mittleren Ring in München könnte bald ganz vom Tisch sein: Eine Stadtratsmehrheit will es stattdessen bei der Tempo-30-Regelung auf der zuletzt besonders belasteten Landshuter Allee belassen. Das zeichnet sich vor der Sitzung des zuständigen Stadtratsausschusses am Mittwoch bereits ab.
Beschluss mit Ausstiegsklausel
Zur Vorgeschichte: Damit die Luft sauberer wird, gilt in der Münchner Umweltzone, einschließlich des Mittleren Rings schon seit mehr als zwei Jahren ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 4 und schlechter. Das reiche nicht aus, hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe und des Verkehrsclubs Deutschland entschieden.
Der VGH forderte, die Stadt müsse das Verbot auch noch auf Diesel-5-Fahrzeuge ausweiten. Eben das hat der Stadtrat dann im vergangenen November auch beschlossen – allerdings nur für den besonders belasteten Streckenabschnitt zwischen dem Georg-Brauchle-Ring und der Auffahrt zur A96. Zugleich hat das Gremium eine Hintertür geöffnet: In einer Ausstiegsklausel hieß es, dass man auf die Verschärfung doch noch verzichten könne, wenn der Stickstoffdioxid-Grenzwert auch anders überall einzuhalten ist.
Grenzwerte werden eingehalten
Nach den neuesten Zahlen werden die Grenzwerte nun tatsächlich an allen Messstellen am Mittleren Ring eingehalten, also auch an der Landshuter Allee. Dort gilt auf Betreiben von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) seit vergangenem Sommer "Tempo 30".
Die Autos fahren jetzt nicht nur langsamer, sondern der Verkehr hat sich seitdem um etwa zehn Prozent reduziert, wie es bei der Stadt heißt. In der Folge seien auch die Stickstoffdioxidwerte zurückgegangen, und laut Prognose könnten sie noch weiter sinken.
"Tempo 30" bleibt bestehen
Eine breite Stadtratsmehrheit will deshalb darauf verzichten, das Dieselfahrverbot auf noch mehr Fahrzeuge auszuweiten. Auf dem Abschnitt Landshuter Allee bleibt es aber bei der Tempo-30-Regelung. "Auch wenn Tempo 30 die Fahrer sicher manchmal nervt, ist die Maßnahme ein voller Erfolg", freut sich Anne Hübner, Vorsitzende der SPD/Volt-Fraktion: "Die Luft ist sauberer und es passieren weniger Unfälle." Die Sozialdemokratin zeigt sich erleichtert darüber, "dass wir uns als SPD damit durchsetzen konnten und die von den Grünen geforderten Fahrverbote verhindern konnte".
Die Koalitionspartner freuen sich unterdessen ebenfalls, "dass der Verkehr vor Ort nun so abgenommen hat" und das Ziel auch ohne Fahrverbote erreicht wurde, wie Florian Schönemann, umweltpolitischer Sprecher von Grünen/Rosa Liste, betont. "Unser Anliegen war immer, die Luftqualität an der Landshuter Allee zu verbessern, denn der Gesundheitsschutz der Menschen dort hat für uns einen hohen Stellenwert."
Unterstützung aus der Opposition
Auch die Opposition zieht größtenteils mit. So will die Fraktion aus CSU und Freien Wählern am Mittwoch ebenfalls die Beibehaltung von Tempo 30 mittragen – "vorerst", wie eine Sprecherin hinzufügt. "Wir sind bekanntlich keine Fans von Tempo 30 auf dem Ring, haben aber damals der Einführung auf dem kurzen Teilstück zugestimmt, weil Fahrverbote noch schlimmer gewesen wären", erklärt Sebastian Schall, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion. Man sei "froh, dass die Maßnahmen offenbar wirken und den Münchnern weitere Fahrverbote erspart bleiben".
Die ÖDP hat ebenfalls ihre Zustimmung zum weiteren Tempolimit signalisiert, will aber auch noch einen Änderungsantrag stellen: Ziel ist, dass Busse und E-Autos eine eigene Fahrspur erhalten. Dadurch würden mehr Menschen motiviert, auf umweltfreundliche Mobilitätsangebote umzusteigen, so die ÖDP. Denn die Luft sei "noch immer nicht sauber genug". Schließlich gelte in der EU ab 2030 ein noch einmal deutlich strengerer Stickstoffdioxid-Grenzwert.
FDP/Bayernpartei will Tempo wieder erhöhen
Die Fraktion FDP/Bayernpartei führt die verbesserten Schadstoffwerte dagegen nicht auf "Tempo 30" zurück, sondern auf die "zunehmende Verbesserung der vorhandenen Verbrennermotoren" und mehr E-Mobilität. Man könnte nun das Tempolimit sukzessive wieder erhöhen – in einem ersten Schritt auf 40 Kilometer pro Stunde.
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