Rali Guemedji, die  Gründerin von Fi Bassar, sitzt bei einer Mutter und ihrem kranken Kind auf dem Krankenhausbett.
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Rali Guemedji, die Gründerin von Fi Bassar, besucht eine Mutter und ihr krankes Kind im Krankenhaus von Bassar.

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Leben retten mit 20 Euro: Nürnberger Verein hilft in Togo

Leben retten mit 20 Euro: Nürnberger Verein hilft in Togo

In Togo, einem der ärmsten Länder der Welt, hilft der Nürnberger Verein "Fi Bassar" den Menschen. Vor kurzem wurde dort der Grundstein für eine Kinderklinik gelegt. Doch auch kleine Gaben können Großes bewirken.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Das schönste Weihnachtsgeschenk kam kurz vor dem Heiligen Abend per SMS aus Togo: Ein Foto des kleinen Tchapo wie er vor der Kinderkrankenstation fröhlich auf einem Stuhl sitzt, neben ihm seine Schwester und seine Großmutter. Noch vor sechs Wochen wäre der Aids-kranke Junge fast gestorben. Damals hingen seine dünnen Ärmchen schlaff von seinem abgemagerten Körper herunter. Tchapo war zu schwach, um sich zu bewegen oder um seinen Maisbrei zu essen. Wäre die Nürnberger Hilfsorganisation Fi Bassar nicht zu der Zeit zum Hilfseinsatz in Togo gewesen, hätte der Kleine wahrscheinlich nicht überlebt. Denn Rali Guemedji, die Gründerin und Vorsitzende des Vereins, hat die Kosten für die überlebensnotwendige Blutuntersuchung und Transfusion übernommen, umgerechnet 20 Euro. Geld, das Tchapos Familie nicht aufbringen konnte. Für sie und viele andere Menschen in Togo ist eine medizinische Behandlung oft unbezahlbar.

Geld zum Überleben

"Hast du Geld, lebst du. Hast du kein Geld, stirbst du!", sagt Krankenschwester Farida Dermane aus Deutschland. Sie kennt den Alltag in Togo von vielen Besuchen in ihrem Herkunftsland. Jedes Jahr begleitet sie eine Delegation von Ärzten und Pflegekräften des Klinikums Nürnberg, das seit 2017 eine Partnerschaft mit dem Krankenhaus in Bassar pflegt. Während ihres ein- bis zweiwöchigen Aufenthalts operieren und behandeln sie kleine und große Patienten kostenlos. Außerdem bieten sie unter anderem Schulungen für Untersuchungen an Ultraschallgeräten an, die die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) gespendet hat. Ganz wichtig sind im Krankenhaus in Bassar sogenannte Sauerstoff-Konzentratoren, mit denen beispielsweise Neugeborene mit Atemproblemen besser Luft bekommen. Die beiden einzigen Geräte sind ebenfalls eine Spende aus Nürnberg.

Grundstein für eine neue Kinderklinik

Im kommenden Jahr soll sich die Versorgung für kranke Kinder in Bassar deutlich verbessern. Denn die Nürnberger Hilfsorganisation "Fi Bassar" sammelt derzeit Spenden für den Bau eines Kinderkrankenhauses. Vor Kurzem fand die feierliche Grundsteinlegung mit der Nürnberger Delegation und togolesischen Politikern statt. Bislang gibt es in Bassar im Norden von Togo nur eine einfache Kinderstation, auf der sich die Krankenschwestern und Pfleger um die Genesung der Kleinen kümmern. Doch die Ausstattung und Möglichkeiten sind begrenzt. Bislang teilen sich jeweils zwei Familien mit ihren kranken Kindern ein Bett. Das soll sich mit dem Neubau der Kinderklinik ändern: mehr Platz und Spielmöglichkeiten, eine Küche, in der sich die Angehörigen versorgen können und vor allem eine medizinische Aufwertung: Statt einer dürftigen Kinderstation wird es ein vollwertiges Kinderkrankenhaus geben, in dem Kinderärzte arbeiten werden, die das togolesische Gesundheitsministerium entsendet.

Die Welt ein bisschen besser machen

Jedes Jahr sieht Rali Guemedji bei ihren Besuchen in Togo, was aus den Menschen geworden ist, denen ihr Verein "Fi Bassar" geholfen hat: Kinder, die überleben wie der kleine Tchapo. Schüler und Schülerinnen, die begeistert Müll im Rahmen eines Umweltprojektes einsammeln. Junge Frauen, die dank einer Patenschaft eine Ausbildung zur Frisörin oder Schneiderin machen können. Die Liste ist lang, denn die Nürnberger Hilfsorganisation hat unter anderem auch einen Krankenwagen für Bassar angeschafft, einen Brunnen und eine Berufsschule gebaut. "Wir sehen, dass Hilfe direkt bei den Menschen ankommt. Auch wenn man denkt, dass man die Welt nicht retten kann. Aber man kann viel Gutes tun", sagt Rali Guemedji. Sie hat vor über zehn Jahren den Verein "Fi Bassar" in Nürnberg gegründet, wo sie als Krankenschwester im Nordklinikum arbeitet. Damals hat sie mit sogenannten Lebensstartpaketen für werdende Mütter und ihre Babies im Krankenhaus von Bassar begonnen.

Leben und Bildung fördern

Hilfe zur Selbsthilfe und Nachhaltigkeit sind für Rali Guemedji sehr wichtig. So waren damals in den Lebensstartpaketen zum einen Nabelklemme, Baby-Wäsche, Einmal-Handschuhe und Desinfektionsmittel enthalten. Zum anderen aber auch ein Gutschein für die kostenpflichtige Geburtsurkunde. Sie ist zwingend notwendig für eine Einschulung der Kinder in Bassar. Viele Menschen konnten sich aber die Gebühr für die Urkunde nicht leisten und somit auch nicht die spätere Einschulung der Kinder. Doch mittlerweile ist Rali Guemedjis Initiative zum guten Vorbild geworden: Die togolesische Regierung übernimmt die Registrierung der Neugeborenen im Krankenhaus und stellt die Geburtsurkunde vor Ort aus. "Das ist ein Riesen-Erfolg", sagt Rali Guemedji mit strahlendem Gesicht. Denn sie möchte auch die Bildungschancen in Togo verbessern.

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Projektleiter Dr. Franz Köhler schaut nach dem frisch operierten Mädchen.

Gelungene Operation eines elfjährigen Mädchens

In Bassar und Umgebung spricht sich jedes Jahr schnell herum, wenn das Ärzte- und Pflegeteam vom Nürnberger Klinikum angekommen ist. Dann bildet sich eine Warteschlange vor dem Krankenhaus in Bassar. Auch heuer konnten die Teams wieder vielen Menschen helfen. Besonders froh ist Dr. Karl Bodenschatz, Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Nürnberg, über die gelungene Operation eines elfjährigen Mädchens. Ihre verbrannte Hand war so stark verstümmelt, dass es weder Daumen noch Finger benutzen konnte. Nach einem mehrstündigen Eingriff ist die Hand des Mädchens nun wieder funktionsfähig. Das bedeutet für die Elfjährige deutlich mehr Lebensqualität und bessere Chancen im Alltag, der Schule und späteren Beruf. Darüber hinaus hat das Nürnberger Team gemeinsam mit den togolesischen Kollegen beispielsweise einige Leistenbrüche operiert, die von einem Augenblick zum nächsten lebensbedrohlich werden können.

Lebensbedingungen langfristig verbessern

Während der Besuche in Togo sehen Internist Dr. Bernd Langenstein und seine Kollegen oft stark ausgeprägte Leiden, weil sich viele Menschen keine medizinische Behandlung leisten können. So bleiben beispielsweise Leistenbrüche oder Tumore lange Zeit unbehandelt. Zu den Geldnöten der Menschen in einem der ärmsten Länder der Welt kommen auch mangelnde Krankenversicherung und begrenzte medizinische Versorgung. Jedes Jahr hospitieren togolesische Pfleger und Ärzte im Klinikum Nürnberg und erhalten darüber hinaus medizinische Geräte, Material und Medikamente für die Patientinnen und Patienten in Bassar. Dr. Franz Köhler, der Projektleiter der Klinikpartnerschaft Nürnberg – Bassar, sieht darin eine humanitäre Hilfe und sinnvolle Investition: "Je mehr Menschen sich in ihrem Heimatland gut versorgen können und zufrieden leben, desto weniger Menschen haben die Notwendigkeit, ihr Land zu verlassen."

Merci – ein großes Dankeschön

Zu der Nürnberger Delegation gehört auch Kinderärztin Dr. Elke Gruber. Sie ist beeindruckt, wie viel die Hilfsorganisation "Fi Bassar" und Gründerin Rali Guemedji bereits in Bassar erreicht haben. "Ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, dass ein Mensch es schafft, einen Stein so ins Rollen zu bringen. Wenn in Nürnberg jeder Zweite mitmachen würde, dann wäre die ganze Welt gerettet", sagt sie. Vor der Abreise zurück nach Deutschland schaut sie mit der Kinderintensivschwester Ulrike Müller noch einmal bei dem kleinen Tchapo und seiner Großmutter vorbei, die sich herzlich für die Unterstützung bedankt: "Gott segne Sie", sagt sie mehrmals und: "Merci beaucoup!"

Für den Bau des Kinderkrankenhauses in Togo sammelt der Hilfsverein "Fi Bassar" noch Spenden.

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