Mahnwache rund um die Synagoge Ohel Jakob in München.
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Mahnwache rund um die Synagoge Ohel Jakob in München.
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Mahnwache von Hunderten Münchnern an "ihrer" Synagoge

Mahnwache von Hunderten Münchnern an "ihrer" Synagoge

Etwa 350 Menschen haben rund um die Synagoge am Münchner Jakobsplatz eine Mahnwache abgehalten, nachdem die Gruppierung "Palästina spricht" in unmittelbarer Nähe zur jüdischen Gemeinde zu einer "Marschdemo" aufgerufen hatte. Kritik gab es am KVR.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Sie standen schützend rund um die Münchner Synagoge am Münchner Jakobsplatz, während eine Musikerin mit Gitarre sang: "Haltet fest zusammen, leistet Widerstand. Gegen Judenhass im ganzen Land". Gekommen waren Männer, Frauen und Kinder sowie Bündnisse wie "Omas gegen Rechts" oder "München ist bunt". Auch Mitglieder des Bikerclub "Kuhle Wampe" stellten sich vor die Synagoge, während nur ein paar hundert Meter weiter die lauten Parolen der "Palästina-Marschdemo" zu hören waren. Aufgerufen dazu hatte – an einem Schabbat und ausgerechnet rund um die jüdische Gemeinde – die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung "Palästina spricht". Rund 750 Menschen folgten diesem Aufruf und zogen mit hunderten Palästina-Fahnen durch die Straßen Münchens.

Ordensschwester: Lassen jüdische Geschwister nicht alleine

Am Jakobsplatz wollte auch Schwester Gisela von den Armen Schulschwestern ein Zeichen setzen. Sie trug sogar eine gelbe Schleife auf ihrem schwarzen Ordenskleid - das Symbol der Solidarität für die von der Hamas verschleppten Geiseln. "Ich denke, das ist eine Sache der Solidarität, dass man da unsere jüdischen Geschwister nicht alleine lässt und signalisiert: 'Das ist uns nicht egal, wenn hier wieder Aufmärsche sind, die Angst und Hass verbreiten'", sagte sie.

Charlotte Knobloch: "Müssen wieder in Angst und Schrecken leben"

Während der Mahnwache ging Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, einmal rund um die Synagoge, um sich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu bedanken. "Es tut gut, Euch als Freunde zu haben", betonte sie. Die Situation derzeit sei sehr belastend, so die 92-jährige Holocaust-Überlebende.

Viele der Gemeindemitglieder müssten wieder "in Angst und Schrecken" leben: "Es ist Schluss! Ich persönlich kann das auch nicht mehr aushalten. Deswegen brauchen wir das Volk, die Menschen, die uns unterstützen und uns vielleicht noch etwas Mut geben". Ihr bereite es große Sorge, dass die Gruppierung "Palästina spricht" Ort und Zeit des Aufmarsches ganz bewusst gewählt habe: "Man weiß das, wo man die Juden treffen kann, und das sucht man sich aus und hat auch noch die Zustimmung von denjenigen, die es eigentlich verbieten müssten", so Knobloch.

Kritik an der Entscheidung des KVR

Scharfe Kritik an der Entscheidung des Münchner Kreisverwaltungsreferats (KVR), den "Marschzug" der Gruppierung "Palästina spricht" während des Schabbat-Gottesdienstes und rund um die jüdische Gemeinde zuzulassen, kam auch von Münchens Alt-Oberbürgermeister Christian Ude. Die Genehmigung sei "vorauseilender Gehorsam" gewesen, man hätte auch riskieren können, dass Gerichte sich im Nachhinein damit befassen müssen. Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, aber auch Religionsfreiheit, betonte Ude.

Bayerns Antisemitismus-Beauftragter Ludwig Spaenle betonte ebenfalls die Notwendigkeit, ein klares Zeichen zu setzen: "In diesem Land werden wieder Juden verfolgt und zwar nur, weil sie Juden sind. Es wird nicht mehr differenziert gefragt, ob mögliche Dinge in Israel richtig sind oder falsch. Sondern es wird demonstriert gegen Juden", sagte er. Auch er könne die Entscheidung des KVR nicht nachvollziehen.

KVR: Gab keine Gefahrenprognose, die Verlegung gestützt hätte

Update vom 21.7.25: Das KVR antwortet auf BR24-Anfrage, dass die Anmeldung der Versammlung im Vorfeld geprüft, Polizei und Staatsschutz miteingebunden worden seien. Es habe keine Gefahrenprognose vorgelegen, "die eine Verlegung der Route oder gar ein Verbot für den 18. Juli 2025 gestützt hätte". Das KVR habe sich "weiterhin tagesaktuell in einem engen Austausch mit Polizei und Staatsschutz" befunden.

Von einer "einer rechtswidrigen Verlegung durch die Versammlungsbehörde" habe das KVR nicht Gebrauch gemacht – vor allem deshalb, weil verhindert werden sollte, dass die Anmelder ihre Demo-Route gerichtlich durchsetzen. Denn dies würde "Kooperationsgespräche" in der Zukunft sehr erschweren.

750 Aktivisten mit Palästina-Fahnen ziehen rund um die Synagoge

Während der Mahnwache am Jakobsplatz zogen rund 750 Aktivistinnen und Aktivisten mit hunderten Palästina-Fahnen durch die Straßen in unmittelbarer Nähe zur Synagoge und riefen laut Parolen wie: "Free free Palestine, occupation is a crime". Aufgerufen zu dem sogenannten "Demomarsch" hatte die Gruppierung "Palästina spricht". Sie wird mittlerweile vom Bayerischen Verfassungsschutz beobachtet, weil sie laut der Behörde Aktions- und Agitationsformen aufweise, "die das Existenzrecht Israels in Frage stellen und Widerstands-Rhetorikmuster aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt mit Sympathiebekundungen für Terrororganisationen verbindet".

Sowohl die "Marschdemo" rund um den Jakobsplatz als auch die Mahnwache direkt an der Synagoge wurden von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet. Am abgeriegelten Jakobsplatz gab es Taschen- und Einasskontrollen. Laut Informationen der Polizei München kam es zu keinen Zusammenstößen.

Transparenzhinweis: Die zwei Absätze unter der Überschrift "KVR: Gab keine Gefahrenprognose, die Verlegung gestützt hätte" wurden nachträglich am 21.7.25 in den Artikel eingefügt, nachdem die Antwort der Kreisverwaltungsreferates (KVR) bei BR24 eingegangen war.

Im Video: Mahnwache auf dem Münchner Jakobsplatz

Mahnwache auf dem Münchner Jakobsplatz
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Mahnwache auf dem Münchner Jakobsplatz

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