15.05.2021, München - Ein Polizeiauto steht am Münchner Jakobsplatz.
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Ein Wagen der Polizei vor der Synagoge am Jakobsplatz in München.
Bildrechte: BR / Sandra Demmelhuber
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Antisemitische Hetze gegen Knobloch: Gericht weist Kritik zurück

Antisemitische Hetze gegen Knobloch: Gericht weist Kritik zurück

Ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs sorgt für Diskussionen. Es geht um einen Polizisten, der in privaten Chats gegen Charlotte Knobloch antisemitisch gehetzt hatte. Die Entscheidung fiel Kritikern zu milde aus, nun wehrt sich das Gericht.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Informationen am Nachmittag am .

Ist die Herabstufung eines Dienstgrades ein zu mildes Urteil, wenn ein Beamter der Polizei München in einem Privatchat den Wunsch äußert, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, möge in ein "Konzentrationslager" kommen? Ja, sagen Kritiker. So zeigte sich der Zentralrat der Juden in Deutschland über diese Entscheidung "irritiert".

Gericht: "Wir sind nicht auf dem rechten Auge blind"

Auf BR-Anfrage rechtfertigte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Sitz in München nun seine Entscheidung. Wir sind "nicht auf dem rechten Auge blind“, erklärte ein Sprecher des Gerichts. Er wies damit unter anderem die Kritik des Zentralrats der Juden sowie von Usern auf der Plattform X an dem Urteil zurück.

Gericht: Äußerungen sind in privaten Kommunikationsräumen gefallen

Die Begründung: Der zuständige Disziplinarsenat habe sehr wohl festgestellt, dass der Beamte in den privaten Chats "gedankenlose, inakzeptable Äußerungen getätigt und in eine inhaltlich absolut verwerfliche Kommunikation mit Freunden" eingetreten sei. Gleichzeitig sei der Schutz der Grundrechte – insbesondere die Meinungsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht – berücksichtigt worden, so der Gerichtssprecher weiter. Denn die Äußerungen seien in besonders geschützten, privaten Kommunikationsräumen gefallen. Das Gericht habe dabei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt.

Gericht mildert erste Entscheidung noch einmal ab

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte in der Berufungsverhandlung die erstinstanzliche Entscheidung aus dem Jahr 2023 noch einmal abgemildert. Die Richter stellten jetzt eine "bedeutsame Dienstpflichtverletzung" fest mit der Folge, dass der Polizist um einen Dienstgrad zurückgestuft wurde – eine Verletzung der "politischen Treuepflicht" sahen sie hingegen nicht.

"Angesichts des persönlichen Eindrucks von dem Beamten in der mündlichen Verhandlung, des Umstands, dass der Beamte nicht strafrechtlich für sein Verhalten belangt wurde, sowie in Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kam der Disziplinarsenat nach Abwägung aller Belange zu dem Ergebnis, dass im konkreten Einzelfall eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht gerechtfertigt sei", so der Gerichtssprecher auf BR-Anfrage.

Polizei München: Beamter jetzt ohne Uniform im Innendienst tätig

Der Sprecher des Polizeipräsidiums München, Thomas Schelshorn, erklärte, dass der Beamte mittlerweile nur noch im Innendienst eingesetzt sei. Die Behörde selbst wollte ihn aufgrund der Vorwürfe aus dem Dienst entfernen. Nach dem Urteil habe die Polizei München geprüft, wie und wo der Mann künftig eingesetzt werden könne. Er sei nun nur noch im Innendienst und ohne Uniform tätig. Zudem solle er von seinen Vorgesetzten "eng begleitet" werden.

Schwere antisemitische Äußerungen während der Dienstzeit

Der verurteilte Polizist soll nach Informationen des juristischen Nachrichtendienstes beck-aktuell (externer Link) in einem Privatchat unter anderem während seiner Dienstzeit als Personenschützer von Charlotte Knobloch den Wunsch geäußert haben, dass die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern in ein Konzentrationslager gebracht werde. In den Chats seien zudem typische nationalsozialistische Abkürzungen wie "SH" (Sieg Heil) oder "HH" (Heil Hitler) üblich gewesen.

Während eines Schutzauftrags für das israelische Generalkonsulat in Bayern soll der Beamte in einem Privatchat geschrieben haben, ihm sei als Fahrziel nicht Auschwitz oder Flossenbürg, sondern Dachau lieber, da käme man "früher heim". Sein Bekannter soll darauf geantwortet haben: "Aber nicht der, der den Ofen saubermachen muss."

Urteil von Februar nun öffentlich

Das Urteil wurde bereits am 19. Februar 2025 gesprochen. Die vollständigen Urteilsgründe wurden jedoch erst vor Kurzem den Verfahrensbeteiligten übersandt und veröffentlicht, sie sind hier (externer Link) online abrufbar.

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