"Bist du jetzt zufrieden? Das wolltest du so! Ich werde dich genauso töten, wie du mich getötet hast!" – Das soll der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft im Juli 2024 gesagt und seine getrennt von ihm lebende Ehefrau und seine Tochter mit einem Messer angegriffen haben. Insgesamt 22 Mal habe er auf seine Frau eingestochen, so die Staatsanwaltschaft: auf den Kopf, das Gesicht, den Rücken, die Arme. Diese Attacke räumte der Mann heute am ersten Prozesstag vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth ein – allerdings könne er sich nicht mehr an den konkreten Angriff erinnern.
15-jährige Tochter rettet Mutter das Leben
Das Opfer war laut Anklage im vergangenen Juli mit den gemeinsamen Kindern und einer Freundin auf einem Spielplatz in Hersbruck im Nürnberger Land. Die damals 15-jährige Tochter habe dann ihren Vater mit einem Messer in der Hand auf ihre Mutter zugehen sehen und habe sie gewarnt: "Mama, da ist ein Messer, renn!", so sagte sie bereits beim Ermittlungsrichter aus. Die Tochter habe sich dann schützend vor ihre Mutter gestellt, ihr Vater soll sie daraufhin mit dem Messer in den Bauch gestochen haben. Später warf sie sich laut Anklage trotz Wunde zwischen ihre Eltern, um einen Stich auf ihre Mutter zu verhindern. Sie wurde mit einem Rettungshubschrauber und lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.
"Ich war blind vor Wut"
Mit stoischer Miene verfolgte der Angeklagte den Prozesstag. Über seine Verteidiger ließ er sein Geständnis verlesen. Demnach sei der gebürtige Syrer in seinem Heimatland gesetzeswidrig inhaftiert gewesen und misshandelt worden – auch sexuell. Das habe bei ihm eine posttraumatische Belastungsstörung ausgelöst. Seitdem habe er immer ein Messer dabei, um die Illusion, sich stets wehren zu können, aufrechtzuerhalten.
Nach der Flucht nach Deutschland trennte sich das Ehepaar, dann habe er seine Frau und seine Kinder glücklich auf dem Spielplatz gesehen; dieses "schöne Leben", das er nicht mehr hatte, habe den 41-Jährigen getriggert. "Ich war sprichwörtlich blind vor Wut", so seine Erklärung. An die anschließende Tat erinnere er sich nicht, er sei erst wieder blutverschmiert in seinem Badezimmer zu sich gekommen. Aber er wisse, welches Leid er seiner Familie angetan habe.
Todesdrohungen versucht wahr zu machen?
Doch: Bereits lange vor der mutmaßlichen Tat habe der Angeklagte Todesdrohungen gegen seine Frau und auch die Kinder ausgesprochen. Auch sei er laut Ermittlungen und Aussage der Frau bereits im Dezember 2022 mit einem Messer auf sie zugegangen. Die damals 13-jährige Tochter und der damals 10-jährige Sohn hätten ihrem Vater das Messer abgenommen.
"Er war wie ein Monster über mir gesessen"
Sehr gefasst und ruhig schilderte die Noch-Ehefrau des Angeklagten die Ereignisse vom Juli vergangenen Jahres. Trotz der früheren Drohungen habe sie nicht damit gerechnet, dass er sie in der Öffentlichkeit angreifen würde, dann sei alles sehr schnell gegangen. "Er war wie ein Monster über mir gesessen", sagte die 34-Jährige aus. Noch heute leide sie unter den Ereignissen: Sie habe dauerhaft starke Kopfschmerzen, schlafe sehr schlecht. Auch habe sie jedes Mal Angst, wenn sich ihr oder ihren Kindern jemand von hinten nähere.
Die 34-Jährige widersprach vor Gericht auch der Darstellung des Angeklagten, er habe ständig ein Messer dabei – sie habe das fragliche Messer noch nie zuvor gesehen. Zudem sagte sie aus, der Mann habe sich über psychische Krankheiten informiert – er hätte gesagt, psychisch Kranke würden hier geschützt werden.
Bei Schuldspruch lebenslange Haft möglich
Auch wenn es laut Anklage lediglich der Versuch eines Mordes war, könnte der Angeklagte im Falle eines Schuldspruchs dennoch lebenslänglich in Haft kommen. Zum einen gab der Richter als Grund für diese Möglichkeit die mutmaßlich niedrigen Beweggründe sowie die besondere Gefährlichkeit des Angeklagten an. Dem Angeklagten sei im Fall der Schuld zudem bewusst gewesen, dass er drei minderjährige Kinder ohne Mutter hätte aufwachsen lassen, wäre die Frau bei seiner Attacke gestorben.
Mit einem Urteil ist Ende Mai zu rechnen. Insgesamt sind zehn Verhandlungstage angesetzt.
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