Nach einer Verkettung unglücklicher und falscher Entscheidungen von "Tierrettern" konnte der Tierschutzschutzverein München am Ende einen Fuchswelpen nur noch tot bergen. "Ich war schockiert", sagt Raffael Stock zu BR24. Der Tierschutzbeauftragte beim Tierschutzverein München gehört zur Abteilung der Inspektoren – das heißt, er ist einer derjenigen, die bei Meldungen zu möglichen Tierschutzvorstößen die Lage vor Ort überprüfen oder auch bei Tierfunden aktiv werden.
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Fuchswelpe tot in Eimer aufgefunden
So wie am Dienstag, als Stock in den Osten von München fuhr, zu einem aufgefunden Fuchswelpen. Letztlich entdeckte er das Tier in einem Eimer, nur mit etwas Wasser drin, der Eimer oben mit einem Gitter und Brettern abgedeckt. "Jeder Neandertaler hätte das besser gemacht", empört sich Stock. Der Eimer sei mit nichts ausgelegt gewesen – kein Handtuch, kein Büschel Gras, einfach nichts. Keine Möglichkeit für das Tier, sich zu wärmen oder sich vor Sonne oder Regen zu schützen. Vor 35 Jahren habe er seine Ausbildung zum Tierpfleger absolviert und seitdem viel erlebt. Aber als er den kleinen Fuchs so tot auffand – "ich hätte flennen können", sagt Stock.
Missglückte Rettungsaktion mit lückenhaften Angaben
18 Stunden lang war das etwa vier Wochen alte Tierjunge in dem Behälter. Vorausgegangen war eine missglückte Rettungsaktion, die der Tierschutzverein so schildert: Spaziergänger entdeckten den jungen Fuchs am Montagmorgen bei einer Autobahnunterführung Richtung Unterföhring regungslos im Gras sitzen. "Anstatt den offenbar geschwächten und hilflosen Welpen direkt mitzunehmen und zu einer fachkundigen Stelle zu bringen oder wenigstens umgehend die Polizei, den zuständigen Jäger oder die Feuerwehr telefonisch zu benachrichtigen, ließen sie das Tier zurück", heißt es auf der Webseite des Vereins.
Stattdessen hätten die Spaziergänger dem Tierschutzverein München um 10.00 Uhr eine E-Mail geschrieben. Weil das Mail-Postfach nicht dauernd kontrolliert werden könne, sei die Mail erst gegen 13.00 Uhr gesehen worden. Die Angaben in der Mail seien aber so ungenau gewesen, dass das Tier nicht zu finden gewesen sei. Es sei ein Video des Fuchses und ein Foto beigefügt worden, "in welchem leider nur Gras und keine Umgebung zu sehen war, sowie eine eher irreführende Ortsbeschreibung". Auch sei keine Telefonnummer für Nachfragen dabei gewesen.
Tier zuerst nicht aufzufinden
Der Tierschutzverein konnte nur raten, wo sich der Fuchs befindet, schickte einen Tierschutzinspektor hin, der über eine Stunde lang suchte, ohne Erfolg. Währenddessen sei die zuständige Jagdaufsichtsberechtigte informiert und versucht worden, die Passanten zu erreichen.
Die E-Mail-Antwort sei dann am Dienstagmorgen im Postfach gewesen, abgeschickt spätabends um 20.16 Uhr. "Darin teilte man uns mit, dass der Fuchswelpe noch immer vor Ort gewesen war und nun eine Nachbarin ihn mitgenommen habe. Er sei in einem Eimer und könne abgeholt werden. Im Anhang Fotos eines schwarzen Zementkübels mit dem winzig kleinen Fuchsbaby darin", so der Tierschutzverein.
Damit war die Odyssee aber noch nicht ganz zu Ende: "Die Adresse war nur eine grobe Orientierung", berichtet Stock. Aber dieses Mal hatte er eine Telefonnummer und konnte sich den Weg zu einer braunen Tonne mit dem Eimer daneben beschreiben lassen – im Freien an einer Straße. Insgesamt war dann etwa ein Tag vergangen, bis das Tier (tot) aufgefunden werden konnte.
Hätte der junge Fuchs gerettet werden können?
Hätte der Fuchswelpe gerettet werden können, wenn er gleich auffindbar gewesen wäre? Sicher lasse sich das nicht sagen, so der Tierschutzinspektor. Aber da das Tier äußerlich nicht verletzt war, sei es vermutlich nur geschwächt gewesen und hätte überleben können, "wenn es rechtzeitig zu uns gekommen wäre". Ob das Tier krank gewesen ist, könne man nicht sagen. Mittlerweile wurde es eingeäschert.
Dass ein so junger Fuchs alleine aufgefunden wurde, sei sehr ungewöhnlich. Eine naheliegende Möglichkeit sei, dass das Muttertier "abhanden" gekommen sei, zum Beispiel überfahren wurde. Es könne auch sein, dass in dem Fuchsbau, der sich irgendwo in dem Vogelschutzgebiet mit vielen Weihern befinde, weitere Welpen gestorben sind, weil sie nicht mehr versorgt wurden.
Was hätten die "Tierretter" besser machen können?
"Im besten Fall hätte ein zuständiges Amt telefonisch sofort informiert werden sollen", sagt der Tierschutzverein München. "Wenn möglich, wartet man vor Ort oder gibt sowohl die Koordinaten wie Ortsfotos weiter." Hilfreich sei es auch, für das Rettungsteam die betroffene Stelle zu markieren, zum Beispiel, indem man ein Taschentuch an einen Baum bindet oder mit einem anderen Gegenstand kennzeichnet. Junge wildlebende Säugetiere wie Füchse, Rehe oder Hasen sollte man nicht anfassen.
Die Stellen für Wildtierhilfe sind unterschiedlich organisiert – nicht in jedem Ort gibt es eine Auffangstation. Im Zweifelsfall könne man, so der Tierschutzverein, die Polizei oder Feuerwehr verständigen. Diese könnten abschätzen, ob ein zuständiger Jäger oder eine Wildtierstation übernehmen könne.
Auch Nichtstun ist eine Option
Aber auch gar nichts zu tun, wäre für die Spaziergänger in dem Fuchswelpen-Fall eine Möglichkeit gewesen. "Normale Bürger sind nicht verpflichtet, einem kranken oder verletzten Wildtier zu helfen", heißt es vom Tierschutzverein. Aber sobald man sich in den Lauf der Natur einmische sei man dafür verantwortlich. Das Tier müsse dann seinen Bedürfnissen entsprechend versorgt werden, was auch das Verbringen in kundige Hände umfasst.
Im geschilderten Fall wäre es nach Ansicht des Tierschutzvereins für den Fuchswelpen stressärmer gewesen, ihn in der freien Natur zu belassen.
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