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In der Münchner Maxvorstadt ist am Donnerstagmittag ein Autofahrer in eine Menschenmenge gefahren. Laut Polizeiangaben vom frühen Abend sind dabei 30 Menschen teils schwer verletzt worden. Einsatzkräfte bestätigten zuvor, dass eine Person vor Ort reanimiert worden sei; offenbar handelte es sich dabei um ein Kind. Auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter bestätigte, dass Kinder unter den Verletzten seien. "Ich bin tief erschüttert", so Reiter.
Auto fährt in Verdi-Streikzug
Bei der Menschengruppe handelte es sich um Teilnehmer eines Streikzugs, zu dem die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hatte. Das Auto überholte ein Polizeifahrzeug, das am Ende des Demonstrationszugs fuhr, und raste von hinten mit mehr als 50 km/h in die Menschengruppe. Der Vorfall ereignete sich in unmittelbarer Nähe des Münchner Stiglmaierplatzes.
Die genaue Zahl der Verletzten ließ sich zunächst nicht benennen, da sich einige zum Schutz in die umliegenden Gebäude begeben hätten, erklärte Gerhard Peschke, Sprecher der Berufsfeuerwehr München, kurz nach der Tat.
Söder spricht von "mutmaßlichem Anschlag"
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach vor Journalisten von einem "mutmaßlichen Anschlag". Der Fahrzeuglenker sei ein 24-jähriger Afghane. Laut Polizei wohnt der Mann in München.
"Wir reagieren bei jedem solchen Anschlag besonnen, aber ich sage Ihnen auch, dass unsere Entschlossenheit wächst. Es ist nicht der erste Fall, und wer weiß, was noch passiert", betonte der Ministerpräsident. Neben der Aufarbeitung des Einzelfalls und der Anteilnahme müsse der Vorfall Konsequenzen nach sich ziehen.
Extremistischer Hintergrund möglich
Die genauen Umstände sind noch Gegenstand der Ermittlungen. Bayerns Staatsminister Georg Eisenreich teilte mit, dass die "Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus" bei der Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen führe. Diese sagte dem BR, dass ein extremistischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden könne, was auch die Polizei bestätigte.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat der Afghane einen mutmaßlich islamistischen Post in sozialen Netzwerken geteilt. Zuerst hatte der Spiegel darüber berichtet (externer Link). Inzwischen haben Ermittler laut dpa-Informationen die Wohnung des Tatverdächtigen in einem Mehrfamilienhaus im Münchner Stadtteil Solln durchsucht.
Im BR24live: Der aktuelle Stand der Ermittlungen
In München ist ein Auto in eine Ansammlung von Streikenden gefahren. Es gibt mindestens 28 Verletzte, darunter Kinder.
Fahrer "polizeibekannt" - als Ladendetektiv
Wie der Bayerische Rundfunk am frühen Abend aus Sicherheitskreisen erfahren hatte, war der mutmaßliche Täter in der Vergangenheit nicht aufgrund von Straftaten polizeibekannt – vielmehr trat er in seiner früheren Tätigkeit als Ladendetektiv in Erscheinung. Das bestätigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.
Am Mittag hatte Herrmann zwei Stunden nach der Tat berichtet, der 24-Jährige sei im Zusammenhang mit Ladendiebstählen und Drogendelikten auffällig geworden. Diese Fehlinformationen seien wohl der Kürze der Zeit geschuldet gewesen, so ein Polizeisprecher auf Anfrage.
Zudem war der Mann nicht ausreisepflichtig; er soll eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis von der Stadt München gehabt haben. Zunächst war übereinstimmend berichtet worden, dass ein früherer Antrag des Asylbewerbers abgelehnt worden sei. Laut Angaben der Polizei wird der mutmaßliche Täter am Freitag einem Ermittlungsrichter vorgeführt.
Herrmann geht indessen nicht davon aus, dass es einen Zusammenhang mit der Münchner Sicherheitskonferenz gibt. Er bedankte sich besonders bei der Polizei. "Das rasche Eingreifen der Polizei hat sicherlich verhindert, dass es zu weiteren Gefährdungen und Verletzungen gekommen ist."
Polizei: Fahrzeuglenker festgenommen – keine weiteren Beteiligten
Laut Polizei konnte der Fahrer des Wagens "gesichert" werden. Der 24-Jährige sei bei der Festnahme leicht verletzt worden, aber nicht durch Schusswaffengebrauch. Es gibt nach Polizeiangaben keine Hinweise auf weitere Beteiligte.
Ein Großaufgebot von Einsatzkräften der Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften war am Stiglmaierplatz. Auch Rettungshubschrauber waren im Einsatz. Die Polizei informiert unter anderem auf der Plattform X über den Einsatz und bittet darum, Mutmaßungen zu unterlassen.
Polizei bestätigt Schuss in Richtung des Fahrers
Ein Augenzeuge berichtete, dass das Auto vorsätzlich in die Menschenmenge gefahren sein soll. Die Polizei hat dem BR inzwischen bestätigt, dass ein Schuss in Richtung des Fahrers gefallen sei.
"Ich bin in dem Demonstrationszug mitgegangen", schilderte ein weiterer Augenzeuge dem BR. Als das Auto in die Menschenmenge fuhr, sei er hingelaufen und "ich habe gesehen, dass ein Mann unter dem Auto gelegen ist. Dann habe ich versucht, die Tür aufzumachen, die war aber abgesperrt." Schließlich sei die Polizei gekommen und habe auf das Autofenster geschossen, deshalb habe er sich zurückgezogen und sich um die Verletzten gekümmert.
Wie der BR aus Polizeikreisen erfuhr, sprechen weitere Zeugen von insgesamt sieben Menschen, die unter die Räder geraten sein sollen. Der Fahrer habe noch einmal absichtlich aufs Gaspedal gedrückt.
Anlaufstellen für Augenzeugen und Betroffene
Zeugen können relevante Videos oder Bilder von den aktuellen Ereignissen unter folgendem Link der Polizei zur Verfügung stellen (externer Link). Zusätzlich hat das BLKA eine Servicehotline für Hinweise eingerichtet unter der Nummer 0800/ 300 000 60.
Für Betroffene wurde zudem eine Krisenhotline eingerichtet. Wer dringend psychische Unterstützung braucht, kann sich beim Krisendienst der Psychiatrie Oberbayern melden. Die Krisenhilfe ist rund um die Uhr unter der Nummer 0800/6553 000 kostenlos erreichbar und steht in 120 Sprachen zur Verfügung.
Auch die Telefonseelsorge der Erzdiözese München und Freising stellt ein Krisentelefon zur Verfügung. Melden können sich Betroffene, Angehörige und Augenzeugen von 8 bis 22 Uhr unter der Telefonnummer 089/1271 8590.
Am Ort des Geschehens liegen Kerzen und Blumen.
Mehrere Krankenhäuser versorgen Verletzte
Die Verletzten werden in mehreren Krankenhäusern in der Stadt versorgt. Am LMU Klinikum an den Standtorten Großhadern und Innenstadt des Universitätsklinikums werden Verletzte behandelt, wie ein Sprecher auf Anfrage bestätigte. Ebenso ist das Haunersche Kinderspital der LMU eingebunden. Auch am Rotkreuzklinikum München werden Verletzte versorgt, ebenso in Notfallzentren der München Klinik. Vier Menschen mussten umgehend operiert werden.
Unter den Verletzten sind auch viele Mitarbeitende der Münchner Stadtverwaltung, wie Münchens zweiter Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) mitteilte. Es seien "Menschen, die sich täglich darum kümmern, dass unsere Stadt funktioniert – ob in den Kitas oder der Müllabfuhr". Etliche der Teilnehmer hätten ihre Kinder dabei gehabt, "das macht die Tat umso abscheulicher".
Erschütterung bei Verdi: "Schwerer Moment"
Die Gewerkschaft Verdi in München zeigte sich "zutiefst bestürzt und schockiert" über den Vorfall. Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke erklärte, es sei ein "schwerer Moment für alle Kolleginnen und Kollegen". Werneke erklärte, die Gewerkschaften stünden "für ein solidarisches Miteinander, gerade auch in so einer dunklen Stunde".
Auch der Kommunale Arbeitgeberverband Bayern zeigte sich tief erschüttert. Das Streikrecht sei ein wesentliches und grundgesetzlich verankertes Recht in der Gesellschaft. Auch wenn man in den Tarifverhandlungen unterschiedliche Positionen vertrete, stehe man in solchen Momenten zusammen.
Mit Informationen der BR-Korrespondentinnen und Korrespondenten Katrin Bohlmann, Sandra Demmelhuber, Birgit Grundner, Caroline von Eichhorn, Joseph Röhmel, Moritz M. Steinbacher, Moritz Batscheider sowie der Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters, epd und KNA.
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