Die Kreisklinik St. Elisabeth in Dillingen.
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"Not-OP" für Dillinger Kliniken nötig - sonst droht Insolvenz

"Not-OP" für Dillinger Kliniken nötig - sonst droht Insolvenz

Mindestens 15 Millionen Euro Defizit an den Kliniken in Dillingen und Wertingen - das kann der verschuldete Landkreis nicht auf Dauer stemmen. Deshalb soll umstrukturiert werden. Heute wurde das Konzept zur Rettung der Krankenhäuser vorgestellt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Von einer "Not-OP" spricht Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz (CSU), von einer "drohenden Insolvenz" der Wertinger Bürgermeister Willy Lehmeier. Klar ist: Es besteht dringender Handlungsbedarf. An einschneidenden Veränderungen an den beiden Krankenhäusern in Dillingen und Wertingen führt nichts vorbei. Festgehalten sind diese in einem in den vergangenen elf Monaten von Experten erstelltem Konzept. Das sehe Umstrukturierungen vor, eröffne aber auch neue Chancen und Perspektiven für die Krankenhäuser, sagt Landrat Markus Müller (FW), der an beiden Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft festhalten will.

Schwarze Null wird es nicht geben - das Defizit aber muss runter

Dass die Krankenhäuser auch nach der Umstrukturierung nicht wirtschaftlich arbeiten würden, sei klar, sagt Landrat Markus Müller. Ein gewisses Defizit, das sei ihm die wohnortnahe, qualitativ hochwertige medizinische Versorgung der Bürger auch wert. 15 Millionen, wie für dieses Jahr prognostiziert, seien aber zu viel. Eine Summe in der Höhe bringe den Landkreis an seine Leistungsgrenzen, andere wichtige Aufgaben wie etwa für die Bildung, Investitionen in die Hallenbäder oder im sozialen Bereich könnten sonst nicht mehr wahrgenommen werden.

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Ziel: Doppelstrukturen abbauen und effizienter werden

Ziel aller ist dennoch der Erhalt beider Krankenhäuser im Landkreis. Die aber müssen effizienter werden. Doppelstrukturen müssten abgebaut werden - Doppelstrukturen seien ein "Wunschkonzert", sagt Wertingens Bürgermeister Willy Lehmeier (FW), diese Zeit sei jetzt vorbei.

Konkret bedeutet das, dass akute Operationen künftig nur noch in Dillingen durchgeführt werden, geplante in Wertingen. Eine Notaufnahme rund um die Uhr wird es nur noch in Dillingen geben, in Wertingen bleibt sie tagsüber erhalten. Auch eine Intensivstation bleibt Dillingen vorbehalten.

Die Geburtsstation bleibt bestehen, hier will man sich zusätzlich auf Beckenbodenbehandlungen spezialisieren. Die Belegabteilung für Augenheilkunde sowie HNO wird unterdessen aufgegeben. Das Wertinger Krankenhaus wird sich unterdessen auf Altersmedizin und bestimmte orthopädische Eingriffe konzentrieren. Außerdem wolle man mehr ambulante Operationen durchführen und die Zusammenarbeit mit anderen Krankenhäusern, den umliegenden Landkreisen und externen Anbietern intensivieren, um so Geld zu sparen.

Dringender Appell an die Bürger: "Geht in unsere Krankenhäuser"

Wertingens Bürgermeister Willy Lehmeier hat unterdessen zwei dringende Bitten: eine an das Personal, eine an die Bevölkerung. Zwar würden alle Arbeitsplätze erhalten bleiben, der ein oder andere müsste jedoch den Arbeitsort wechseln. Also von Dillingen ins 16 Kilometer entfernte Wertingen oder andersherum pendeln.

Dennoch bittet Lehmeier die Mitarbeiter, das von allen politischen Gremien mit breiter Mehrheit verabschiedete Konzept zu verinnerlichen und mitzutragen. Die Bürger bittet er darum, "in unsere Krankenhäuser" zu gehen: Studien zeigten nämlich, dass in der Vergangenheit über die Hälfte der Landkreisbürger in weiter entfernte Häuser zur Behandlung gegangen waren. Hier müsse man das Profil der Krankenhäuser schärfen und das Vertrauen in die Krankenhäuser vor Ort wieder stärken, so Geschäftsführerin Sonja Greschner.

Patientenzahlen seit Corona stark gefallen

Die Patientenzahlen waren vor Corona höher. Offenbar scheuen viele Menschen den Gang ins Krankenhaus seit der Pandemie, schieben Operationen hinaus, vermuten Experten. Für die Krankenhäuser bedeutet das weniger Erlöse. Ein weiterer Grund für das von gut acht Millionen Euro im Jahr 2022 auf über 15 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegene Defizit sind die hohen Energie- und Personalkosten. Dafür gebe es keinen Ausgleich vom Bund, kritisiert der Dillinger Landrat Markus Müller. Dazu komme die Inflation sowie gestiegene Sachkosten.

Erfahrungen im Nachbarlandkreis: Nach Reform nur geringes Defizit an Donau-Rieser Kliniken

Im Landkreis Donau-Ries hat man die von Dillingen geplante Entwicklung schon hinter sich. Nach einem unerwarteten Defizit von sechs Millionen Euro im Jahr 2013 zog man Konsequenzen – mit Erfolg: Das Defizit sank stetig, einige Jahre lang gab es sogar ein positives Jahresergebnis. Für das Jahr 2022 ist man mit zwei Millionen Minus zwar wieder in die roten Zahlen gerutscht, das sei aber bedingt durch die gestiegenen Energiekosten, erklärt Landrat Stefan Rößle. Er hofft hier noch auf Ausgleichszahlungen des Bundes, der Jahresabschluss sei noch nicht gemacht.

Parallelstrukturen abgebaut - einzelne Häuser spezialisiert

Der Donau-Rieser Landrat sagte im BR-Interview, er sei froh, dass man nach dem "Schock" im Jahr 2013 an den Donau-Rieser Häusern notwendige Maßnahmen eingeleitet habe. Parallelstrukturen wurden abgebaut, die drei Häuser böten jetzt jeweils Schwerpunkte an. In der Donau-Ries Klinik in Donauwörth setzt man auf die Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie, in dem kleinen Oettinger Krankenhaus auf die Geriatrie und Langzeitbeatmung, die so in der Umgebung nirgendwo angeboten würde. In Nördlingen konnte man die Geburtshilfe in eine Hauptabteilung umwandeln und dank Zuschüssen des Freistaats auch weiterhin betreiben, außerdem wurde dort die Kardiologie ausgebaut.

Gutachten bestätigt richtigen Weg bei Donau-Ries Kliniken

Man sei jetzt "ordentlich aufgestellt", sagt Stefan Rößle. Ein aktuelles Gutachten für die drei Kliniken habe bestätigt, dass das der richtige Weg sei, den man in den nächsten Jahren fortsetzen solle. Man habe die richtigen Schwerpunkte an den Kliniken gebildet und solle die Stärken weiter ausbauen, anstatt neue große Fachrichtungen aufzumachen. In Zukunft solle man die ambulanten Operationen ausweiten, die Onkologie in Donauwörth stärken sowie in die Radiologie und spezielle Behandlungsmöglichkeiten für ältere Menschen investieren, so die Empfehlung des Gutachtens. Im Landkreis Dillingen will man jetzt ähnliche Wege gehen, um die Krankenhäuser auch weiterhin in kommunaler Trägerschaft erhalten zu können.

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