Der Vorwurf hält sich seit vielen Jahren: Bayern verzögere die Herausgabe von NS-Raubgut, beklagen Erben von NS-Opfern und deren Anwälte. Seit Jahren gestritten wird beispielsweise um die Restitution mehrerer Werke von Pablo Picasso und Paul Klee aus den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen an die Erben zweier jüdischer Kunstsammler. Kritiker beklagen eine Blockadehaltung Bayerns, es fehle an politischem Willen zur Rückgabe.
Markus Blume: "Restitution ist in Bayern gelebte Praxis"
"Den Vorwurf weise ich entschieden zurück", sagt der bayerische Kunstminister Markus Blume (CSU) in einer gemeinsamen Sitzung des Wissenschafts- und Haushaltsausschusses des Landtags. "Restitution ist in Bayern gelebte Praxis." Bayern habe aus eigenem Antrieb heraus viel für die Erforschung der Herkunft von Werken in seinen Beständen getan.
Der Minister betont, der Freistaat habe über die Jahre Hunderte Objekte aus seinen Museen und Sammlungen restituiert. "Wir haben jede Woche, jeden Monat Fälle, wo Kulturgut wieder zurückgegeben wird", erläutert Blume im BR-Interview. Meistens werde dies "ohne großes öffentliches Aufheben einfach vollzogen".
Schiedsgericht soll Beratende Kommission ablösen
Doch es gebe auch wenige strittige Fälle. "Da wird dann zum Teil jahrelang gerungen." Bisher habe zur Schlichtung nur die Beratende Kommission NS-Raubgut zur Verfügung gestanden. Diese könne aber lediglich Empfehlungen aussprechen, die rechtlich nicht verbindlich seien, schildert Blume.
Daher verständigten sich Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände, dass statt der Kommission ein Schiedsgericht eingerichtet werden soll. Schon 2025 soll es seine Arbeit aufnehmen und für alle Seiten verbindliche Entscheidungen treffen.
Blume: Neue Ära
Für strittige Eigentumsverhältnisse bei Kunstwerken, die im Nationalsozialismus den Besitzer wechselten, soll ein Pool aus 24 Juristen und zwölf Kunsthistorikern zur Verfügung stehen. Vorgeschlagen werden diese Schiedsrichter jeweils zur Hälfte von jüdischen Verbänden und von staatlicher Seite. Anders als die Beratende Kommission soll die Schiedsstelle auch dann tätig werden, wenn nur eine Seite eine Klärung verlangt.
Zudem wird Blume zufolge die Position der jüdischen Seite bei der Beweisführung erleichtert. Der Minister sieht darin den Beginn einer neuen Ära bei der Rückgabe von Kulturgut. "Wir schaffen es zum ersten Mal mit diesem Schiedsgericht, zu rechtsverbindlichen Entscheidungen zu kommen."
Kritik von Grünen und SPD
Für die Grünen-Kulturexpertin Sanne Kurz kann die Einrichtung des Schiedsgerichts aber nur ein erster Schritt sein. "Man kann in kein deutsches Museum reingehen, ohne NS-Raubkunst ansehen zu müssen." Im Verhältnis zu dem im Nationalsozialismus angerichteten Schaden habe Bayern bisher sehr wenig getan, "um den Hinterbliebenen wirklich zu helfen". Der Staatsregierung wirft sie vor, es gehe ihr bei strittigen Fällen um eine juristische Klärung - und nicht um die moralische Verpflichtung, die Deutschland als "Land der Täter" habe.
Ihre Fraktionskollegin Verena Osgyan beklagt, Bayern verstecke sich im jahrelangen Ringen um das Picasso-Gemälde "Madame Soler", die Picasso-Bronzeskulptur "Fernande" und zwei Klee-Bilder hinter "möglicherweise noch nicht hinreichend geregelten Verfahren". Dabei wäre es ihrer Meinung nach "mit etwas gutem Willen und etwas Pragmatismus" möglich, schnell zu einem Ergebnis zu kommen. Auch der SPD-Abgeordnete Volkmar Halbleib kritisiert, der Freistaat habe Erben über Jahre hingehalten und immer auf Verfahrensregelungen verwiesen. "Das ist keine ausreichende Entschuldigung."
Blume: Bayern wird Picasso-Werke vor Schiedsgericht bringen
Minister Blume betont: "Ich kann nicht sehen, dass wir etwas verzögert haben." Vielmehr sei das System der Beratenden Kommission an sein Ende gekommen. Bayern werde die Picasso- und Klee-Werke schnell vor das neue Schiedsgericht bringen.
Es könnten laut Blume die ersten Fälle sein, mit denen sich die Schiedsstelle befasst. "Das ist der schnellste Weg, um auch hier zu einer rechtsverbindlichen Entscheidung und am Ende zu Rechtsfrieden zu kommen."
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