Weil er selbst fast ertrunken wäre, warnt Christoph Haas seit Jahrzehnten vor dem Surfen auf dem Fluss mit einer Leash
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Weil er selbst fast ertrunken wäre, warnt Christoph Haas seit Jahrzehnten vor dem Surfen auf dem Fluss mit einer Leash

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"Schwer Glück gehabt": Surfer erzählt von eigenem Unfall an Isar

"Schwer Glück gehabt": Surfer erzählt von eigenem Unfall an Isar

Als Student in München ist Christoph Haas das gleiche passiert wie jetzt der 33-jährigen, inzwischen verstorbenen Eisbach-Surferin. Auch seine Sicherungsleine verhakte sich, die Strömung zog ihn unter Wasser. Er überlebte den Unfall.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Christoph Haas lebt seit mehr als zwanzig Jahren im norwegischen Stavanger, einer 150.000-Einwohner-Stadt an der Westküste im Süden von Norwegen, direkt am Meer. Er ist ein Surf-Freak der ersten Stunde, baute sich mit Freunden die ersten Bretter in den 1980er-Jahren noch selbst. Als er in München studierte, wäre er bei einem Surf-Unfall beinahe ums Leben gekommen.

Ein traumatisches Erlebnis, das den mittlerweile 64-Jährigen bis heute prägt. Von seinem Bruder in Deutschland erfährt er von dem tödlichen Unglück auf der Eisbachwelle, greift zum Telefonhörer und nimmt Kontakt zum Bayerischen Rundfunk auf - um von seiner Erfahrung von damals zu berichten.

Sicherungsleine löste sich nicht: "Überhaupt keine Chance"

Zwischen Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre studiert Christoph Haas in München Medizin und verbringt jede freie Stunde auf dem Surfbrett. Als die Eisbachwelle wegen des Neubaus der Staatskanzlei trockengelegt war, wich er mit seinen Freunden auf die Surfwelle an der Floßlände aus. Eine nicht so aufregende, aber trotzdem gefährliche Stelle, wie sich zeigen sollte.

Denn als Christoph Haas dort bei einem Wellenritt stürzt und mit seinem Brett abtreibt, verhakt sich sein "Leash", also die Sicherheitsleine, an einem Haken unter Wasser. Die Leash ist bei Christoph Haas am Knöchel befestigt - wie bei der verstorbenen 33-jährigen Eisbach-Surferin. Sie soll verhindern, dass das Brett wegtreibt, wenn der Surfer vom Board fällt.

"Ich war da teilweise über Wasser, teilweise unter Wasser, über längere Zeit gehangen", erzählt er. Die Strömung an der Floßlände sei damals erheblich geringer gewesen als am Eisbach. Trotzdem: "Sie haben überhaupt keine Chance, mit dem Oberkörper oder mit dem Arm, mit der Hand an den Knöchel zu kommen, um die Leine zu entfernen, weil der Wasserdruck so extrem ist."

Am Ende reißt die Leine: "Schwer Glück gehabt"

Seine Freunde sehen gar nicht, dass er gerade in Todesgefahr ist. Denn sie schauen vom Startpunkt aus in die andere Richtung auf die Welle. Und nicht flussabwärts, wo ihr Freund ums Überleben kämpft. "Ich habe schwer Glück gehabt", sagt er auch mehr als 40 Jahren später. Denn er war mit altem Material unterwegs. Das Gummi seiner Leash ist gerissen. Haas kam raus, er überlebte.

Er surft trotz des heftigen Erlebnisses weiter, auch auf dem später wieder bewässerten Eisbach. Allerdings ohne Sicherungsleine, denn das sei ihm zu gefährlich gewesen.

Dann passiert ihm ein zweiter Unfall: "Ich bin relativ weit nach vorne in die Welle gefallen. Bin dann sehr tief über den Grund gezogen worden und dann da noch mal aufgeschlagen am Kopf." Das Ergebnis: Ein Schädel-Hirn-Trauma. Danach war für den Medizin-Studenten Schluss mit dem sogenannten Riversurfen - also dem Surfen in Flüssen oder Bächen.

Haas' erster Vorstoß zu Warnschildern scheitert

Das Thema und die damit verbundene Lebensgefahr beschäftigt Christoph Haas aber weiterhin. Schon Anfang der 1990er-Jahre hat er die Idee, am Eisbach spezielle Warnschilder aufzustellen. Schilder, die explizit mit einem Symbolbild auf die Verhakungsgefahr mit der Leash hinweisen. In den USA habe es sie damals gegeben, aber in München sei er bei der Stadt mit seinen Vorschlägen nicht durchgedrungen. "Irgendwelche Vorschriften oder behördliche Bedenken", vermutet er heute als Grund.

Tödlicher Eisbachunfall: "Hat mich echt schockiert"

Das Thema gerät in den Hintergrund, auch weil Christoph Haas nach Norwegen auswandert, dort natürlich weiter surft - aber auf dem Meer, nicht mehr auf dem Fluss. Dann erfährt er von seinem Bruder vom tödlichen Unfall in München. Sofort schießen ihm die eigenen traumatischen Erinnerungen in den Kopf: "Das hat mich echt schockiert". Und er fragt sich: Was kann ich von hier oben aus tun, 1.500 Kilometer entfernt?

Erneuter Appell zu Warnschildern

Der Arzt will seine Idee, die er schon als Medizin-Student in München hatte, aus der Ferne noch einmal anstoßen: Warnhinweisschilder, die explizit auf die Gefahren des Surfens mit einer Leash hinweisen. Der Eisbach sei dafür ideal, weil er einer der bekanntesten sogenannten "River-Surf-Wellen" der Welt sei: "Ich möchte die Message vermitteln, dass die Leute vielleicht doch mehr darüber nachdenken, wie extrem gefährlich ist, so eine Fangleine am Sprunggelenk zu haben, wenn man im Fluss unterwegs ist."

Die sehr eindeutigen Schilder könnten einen großen Effekt auf unerfahrene junge Surfer haben, hofft Haas. Und Alternativen zu einer Leine am Sprunggelenk gäbe es: Am Handgelenk, um den Bauch oder Leashes, die sich bei einem zu hohen Zug von selbst lösen.

Allerdings wird in Surferkreisen auch darauf verwiesen, dass bestimmte Manöver mit der Leash an anderer Stelle nicht mehr gut zu fahren seien. Ebenso darauf, dass beim Surfen ohne Leash das Brett davontreiben und zur Gefahr für andere werden kann.

VIDEO: Eisbach-Welle nach tödlichem Unfall gesperrt

Sperrung an der Eisbach-Welle
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Nach einem Surfunfall im Münchner Eisbach ist eine 33-jährige Frau infolge ihrer schweren Verletzungen gestorben.

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