Fragt man Jugendliche nach ihren Berufswünschen, dann nennen sie vor allem akademische Berufe mit guten Zukunftschancen. Die hat die 23-jährige Anna Nikol aus Lauf an der Pegnitz in den Wind geschlagen und ist als Absolventin der Fachoberschule "nur" Pinselmacherin geworden. Aber in diesem äußerst seltenen Beruf ist sie ausgezeichnet – und glücklich.
Von der Hobby-Künstlerin zur Pinselmacherin
Die feinen, rotbraunen Kunsthaare muss Nikol präzise portionieren, ausformen und in der silbernen Metallzwinge fixieren, und zwar so, dass ein Kunstmaler Freude an diesem Pinsel hat. Sie weiß, was ihre Kunden brauchen – das hat sie auch auf die Idee gebracht, diesen ungewöhnlichen Ausbildungsberuf zu ergreifen. Weil die 23-Jährige selbst kreativ und künstlerisch veranlagt ist, schaute sie im Internet nach, wie Pinsel hergestellt werden. Dabei stieß sie zufällig auf eine Anzeige für die Ausbildung zur Pinselmacherin – in einem Unternehmen in Nürnberg, das man in der Stadt kaum kennt, aber weltweit schätzt.
Von der FOS auf die Berufsschule
Es war die Anzeige zu ihrer Traumausbildung bei der Künstlerpinselmanufaktur Da Vinci–Defet in Nürnberg. Nach einem einwöchigen Praktikum wusste die FOS-Absolventin, dass dieser Beruf genau das Richtige für sie ist, erzählt sie. Und ihre Noten geben ihr recht: Ihre dreijährige Berufsausbildung zur Pinselmacherin hat sie im Sommer mit einem Notenschnitt von 1,1 so gut abgeschlossen, dass sie danach mit einem Staatspreis ausgezeichnet wurde.
Ihr Chef, Julian Rottner Defet, schätzt Anna Nikol und ihre Arbeit, denn er weiß, wie schwer es sonst ist, Jugendliche für diesen Beruf zu begeistern. Nur mit großer Mühe gelingt es ihm, die jährlich drei Ausbildungsplätze zum Pinselmacher in seinem Unternehmen zu besetzen – der Beruf klinge eben nicht richtig sexy, meint er.
Von der Berufsschule in eine gesicherte berufliche Zukunft
Sechs Millionen Pinsel für Kunstmaler, Maskenbilder oder Zahntechniker fertigen die 130 Mitarbeiter der Pinselmanufaktur jährlich in präziser Handarbeit. Und: Es müssen sogar noch mehr werden, denn die weltweite Nachfrage nach diesen Pinseln "handmade in Germany" steigt. Insofern sieht es ganz so aus, als ob Anna Nikol gute Chancen hätte, hier weiter Karriere machen zu können.
Meisterin werden oder Betriebswirt machen
Dass sie sich für eine handwerkliche Berufsausbildung in so einem seltenen Beruf entschieden hat, bereut sie nicht. Sie weiß: Mit den Pinseln, die sie herstellt, malen weltberühmte Künstler Bilder, die in den angesagtesten Museen und Galerien hängen. Nikol dürfte hier eine erfolgreiche berufliche Zukunft vor sich haben und kann sich auch noch beruflich weiterentwickeln, etwa Meisterin werden oder ihren Betriebswirt machen. Das Unternehmen scheint auf jeden Fall auch für die Zukunft gerüstet: So ist die in Nürnberg ansässige Weltmanufaktur am Fuße des Fernsehturms in den exklusiven Club der "Marken des Jahrhunderts" aufgenommen worden.
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