20.07.22: Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Parteivorsitzender, während der Sommerklausur der Landesgruppe im Kloster Banz.
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20.07.22: Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Parteivorsitzender, während der Sommerklausur der Landesgruppe im Kloster Banz.

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Söders Kurssuche: Ein Jahr vor der "Schicksalswahl" in Bayern

Söders Kurssuche: Ein Jahr vor der "Schicksalswahl" in Bayern

Die CSU gibt sich weiter stark, auch bei der Klausur ihrer Landesgruppe im Kloster Banz. Aber manches hat sich geändert: Im Bund kann man nur noch fordern - und Parteichef Söder ist auf Kurssuche für die Landtagswahl in Bayern. Eine Analyse.

Der Löwe gilt als König der Tiere, er steht für Stärke. Kein Zufall also, dass Markus Söder am ersten Tag der CSU-Sommerklausur im prächtigen Kloster Banz vor dem Bild eines Löwen sitzt, als er mit den Bundestagsabgeordneten seiner Partei spricht. Zusätzlich schmücken auch noch mehrere bayerische Löwen das Poloshirt des Parteichefs, als Elemente des aufgedruckten Staatswappens.

Die CSU und die Stärke: Das passte jahrelang, immer in der Selbstwahrnehmung, nicht immer in der Fremdwahrnehmung. Und jetzt, nach dem Wechsel in die Opposition im Bund? Nach dem Aus für Söder als omnipräsentem Corona-Krisenmanager, weil die Pandemie in den Hintergrund gerückt ist? Da kommt etwas anderes dazu bei den Christsozialen: die CSU und die Suche. Söder hätte also auch vor einem Maulwurf sitzen können. Oder, weniger spottanfällig, vor einem spähenden Raubvogel.

Opposition statt Entscheiden: CSU-Forderungen an die Ampel

Geladen nach Banz hat die CSU-Landesgruppe, also die Bundestagsabgeordneten der Partei. Inhaltlich bleiben von dem zweitägigen Treffen sehr viele Forderungen an die Ampel-Koalition in Berlin: neue Freihandelsabkommen, Reform der Unternehmenssteuer, Abwrackprämie für energiefressende Haushaltsgeräte, deutschlandweiter Raketen-Schutzschirm, bald wieder eingehaltene Schuldenbremse, Bayern bei der Gas-Verteilung nicht vergessen, einiges mehr.

Das dürfte Söder gelegen kommen. Er kann sich weiter darauf beschränken, die Ampel frontal zu attackieren - das inhaltliche Fundament liefert die Landesgruppe. Auch in Banz kommt von der CSU jede Menge Kritik an SPD, Grünen und FDP. Am bisherigem Nein zu einer AKW-Verlängerung, an der aus CSU-Sicht zu langsamen Organisation Flüssiggas-Beschaffung. Das Motto der CSU-Klausur ist "Mut zur Entscheidung". Eigentlich müsste es lauten: "Wir könnten das alles besser."

Aber, und spätestens hier beginnt das Problem der suchenden Christsozialen: Erstens bleibt es beim Wörtchen "könnten", weil auf Bundesebene seit Herbst Opposition angesagt ist. "Wir können nichts erzwingen", sagt Söder. Und zweitens betont die Konkurrenz: Die CSU war bis vor kurzem in jenen 16 Jahren Teil der Bundesregierung, in denen etwa die Abhängigkeit von russischer Energie wuchs und wuchs. Dazu kommen andere Angriffsflächen, wenngleich verblassend: die Maskendeals der Ex-CSU-Abgeordneten Sauter und Nüßlein, der Plagiatsverdacht gegen den neuen Generalsekretär Martin Huber, die gescheiterte Pkw-Maut und ihre teuren Folgen.

Herbst 2023: Söders "Schicksalswahl" - mit welchem Kurs?

Die CSU-Abgeordneten im Bundestag haben sich nach anfänglichem Schütteln an ihre neue Rolle gewöhnt. Söder spricht von konstruktiver Opposition, von "Profil mit Stil". Es gehe jetzt nicht um parteipolitischen Geländegewinn. Unterm Strich aber wird es im Freistaat eben doch darum gehen für den Parteichef: gewinnen oder verlieren. Die Landtagswahl 2023 hat Söder selbst zur "Schicksalswahl für Bayern" ausgerufen. Das "...und für mich" schwingt mit - spätestens seit dem schlechten CSU-Ergebnis bei der Bundestagswahl, bei der Söder ursprünglich Kanzler werden wollte.

Gut ein Jahr vor dem Wahltermin sitzt der Parteichef und Ministerpräsident vor einem komplizierten Puzzle. Er hat sich öfter neu erfunden, seit er 2018 die Staatskanzlei übernahm: erst brachial und für nicht wenige verstörend ("Asyltourismus"), später als kümmernder Landesvater mit Schwerpunkt Insekten-Rettung. Während der Corona-Zeit war Söder dann streng und besorgt, seine Umfragewerte erreichten zwischenzeitlich gewaltige Höhen. Irgendwann nervte er viele mit seinem Dauermahnen - und verkündete schließlich seinen Wechsel ins "Team Freiheit".

Gegen Gendern, für Tracht, gegen Berlin

Welcher Söder in den nahenden Landtagswahlkampf zieht, ist noch nicht klar. Aktuell versucht er es, neben beharrlicher Kritik an der Ampel im bayernfernen Berlin, mit Identitätspolitik. Gegen Gendern, für Tracht, gegen veganes Essen, für altbairische Metzgerwaren, solche Dinge. "Wir sind weltoffen - nicht provinziell, aber werteorientiert", sagte Söder nach BR24-Informationen intern in Banz. Ob das auf Dauer funktioniert? Auch Teil des Puzzles.

Daneben setzt der Ministerpräsident auf Nähe, Nähe, Nähe: Söder auf dem Volksfest, Söder bei der Feuerwehr, Söder beim Sambafest in Franken. Ein Journalist in Banz spricht nur halb scherzhaft davon, dass der CSU-Politiker ein portables Bierzelt im Gepäck haben müsse, um bei kurzzeitigem Festmangel einfach selbst eins zu starten. Söder jedenfalls setzt große Hoffnungen in die Volksnähe: "Videokonferenzen kann jeder, Bierzelte kann nur die CSU", sagte er laut Teilnehmerangaben.

Söder und die Landtagswahl: Wo liegt die Messlatte?

Wer sich umhört, in der CSU und anderswo, kriegt ganz unterschiedliche Messlatten für Söders Wahlergebnis im Herbst 2023. Die einen sagen: Selbst mit 33 Prozent kann er Ministerpräsident bleiben, sofern er zügig eine stabile Koalition zimmern kann. Die anderen sagen: Auch 35 Prozent könnten zu wenig sein für die machtbewusste CSU, zumal wenn Söder zwei statt bisher einen Koalitionspartner brauchen sollte. Und wer es nicht ganz so gut meint mit dem CSU-Chef, platziert die Messlatte bei 40 Prozent. Im BR-BayernTrend im Januar lagen die Christsozialen bei 36 Prozent - aber vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, also vor einer politischen Ewigkeit.

Die nächsten Monate werden zeigen, wie gut Söders Mischung aus physischer Volksnähe, Schimpfen auf Berlin und Kernklientel-Umgarnung funktioniert. Auch ihr bayerisches Hauptthema für den Wahlkampf haben die Christsozialen noch nicht. Das Nein zum überbordenden Lkw-Transitverkehr in Südbayern dürfte nur regional funktionieren. Ob das ausgerufene "Jahr der Umsetzung" für Söders bayerische Pläne, von Hightech-Agenda bis Wohnungsbau-Boom, Wählerschaft generiert? Ob die drei neuen Minister in seinem Kabinett noch Wucht entfalten können? Ebenfalls Puzzleteile.

Geht es nach Söder, Dobrindt und anderen Christsozialen in Bayern und Berlin, ist allerdings eines klar: Das Puzzle, das da gerade zusammengelegt wird, soll am Ende einen stolzen und starken bayerischen Löwen zeigen. Der ist schließlich seit gut 50 Jahren auch das Wappentier der Christlich-Sozialen Union.

  • Abwrackprämie für "Energiefresser" wie alte Kühlschränke, Fokus auf Straßenausbau, Raketenschutzschirm für ganz Deutschland: Welche Forderungen die CSU-Landesgruppe im Bundestag bei ihrer Sommerklausur Richtung Ampel-Regierung richtet, lesen Sie ausführlicher hier.
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20.07.22: CSU-Landesgruppenchef Dobrindt (l.) und Parteichef Söder (r.) blicken vor dem Klostergebäude in Banz in die Ferne bzw. in die Kamera.

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