Es muss gespart werden – heißt es an bayerischen Universitäten. Doch wie kann das sein? Laut Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) investiert der Freistaat so viel wie noch nie in seine Hochschulen. In den Hörsälen kommt davon offenbar noch nichts an. Zwei Beispiele aus Ostbayern.
Beispiel Passau: Seminare aus Kostengründen gestrichen
Während in Passau Erstsemester-Studierende noch etwas suchend auf dem Campus herumlaufen, schmieden ältere Studierende im Asta-Büro schon Pläne für Demos und Mahnwachen. "Haben wir noch Stoff? Wir müssen auf jeden Fall Banner malen", sagt Maximilian Wimmer vom Studierenden-Ausschuss. Er und seine Mitstreiter machen sich Sorgen um Forschung und Lehre.
Denn ihnen ist zu Semesterbeginn gleich aufgefallen, dass es mehrere Tutorien und Seminare nicht mehr gibt. Sie wurden aus Kostengründen gestrichen. "Damit fällt die Chance weg, Wissen zu vertiefen oder Nachfragen zu stellen. Wir machen uns Sorgen um die Qualität unserer Bildung", sagen die Studierendenvertreter.
Auch für Professoren haben die Sparmaßnahmen Konsequenzen: Einigen wurden ihre studentischen Hilfskräfte abgezogen. Damit können sie sich in der Lehre zwangsläufig nur auf das Wesentliche konzentrieren.
Freistaat: "Investitionsniveau, das seinesgleichen sucht"
7,2 Milliarden Euro pro Jahr investierte der Freistaat Bayern laut Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) zuletzt in seine Hochschulen – so viel wie noch nie. Die Lage scheint widersprüchlich.
Dem BR antwortet Blume schriftlich: "Die Haushalte der vergangenen Jahre sind ein wuchtiges Bekenntnis für die Wissenschaft. Seit 2018 haben wir die Mittel für den Hochschulbereich um 37,5 Prozent gesteigert. Wir bewegen uns insgesamt auf einem Investitionsniveau, das bundesweit seinesgleichen sucht."
Auf der einen Seite gibt es also vom Freistaat milliardenschwere Unterstützung – vor allem für KI- und High-Tech-Projekte – auf der anderen Seite scheint es Unis schwerzufallen, alte Gebäude in Schuss und das Lehrangebot aufrecht zu halten.
Beispiel Regensburg: Es regnet durchs Dach
Ein Blick an die Uni in Regensburg: Wenn es regnet, werden dort in manchen Gängen und in der Jura-Bibliothek Eimer aufgestellt, weil es durchs Dach tropft. Das schildern Studierende und belegen es mit Fotos. Die Universität Regensburg erklärt die Finanzlage so: "Steigende Energie- und Personalkosten belasten den Etat, während die staatliche Grundfinanzierung in den letzten Jahren nicht im gleichen Maß gewachsen ist."
Das unterschreiben auch andere Hochschulpräsidenten. In einer gemeinsamen Stellungnahme heißt es: "Die finanzielle Situation der bayerischen Hochschulen ist derzeit sehr angespannt. Es gibt zahlreiche erfolgreiche, vom Freistaat geförderte Projekte, jedoch hält die Grundfinanzierung mit den gestiegenen Kosten – etwa durch Inflation, Energiepreise und tarifliche Entwicklungen – schon lange nicht mehr Schritt."
Konkrete Zahlen zu internen Sparvorgaben und Defiziten geben die Universitäten auf BR-Anfrage nicht heraus. Sie benennen die Folgen eher allgemein, sprechen von internen Kürzungen, Umschichtungen und Priorisierungen.
Gefahr: Studium nicht mehr in Regelzeit abzuschließen
Studierende sprechen sich da leichter. Annika Wintersberger benennt die Probleme konkret. Sie studiert an der Uni Regensburg und vertritt als Sprecherin des bayerischen Landesstudierendenrats 400.000 Studentinnen und Studenten im Freistaat. "Wo Kurse gekürzt werden, ist es zum Teil schwer, noch einen Platz zu bekommen", sagt sie.
Es gibt Unis mit Wartezeiten von einem Jahr: In dieser Zeit könnten manche aber nicht komplett weiterstudieren, weil sie den Kurs als Voraussetzung für andere Veranstaltungen brauchen. Im schlimmsten Fall verlängere sich so die Studiendauer und das sei für Bafög-Bezieher ein Problem. "Denn die müssen in einer gewissen Zeit ihr Studium abschließen, weil sie sonst kein Geld mehr bekommen", so die Studentenvertreterin.
Präsidenten und Studierende fordern bessere Grundfinanzierung
Mit Blick auf laufende Verhandlungen zum nächsten Doppelhaushalt zwischen Universitäten und Ministern appelliert der Landesstudierendenrat: Die Lage dürfe sich nicht weiter verschlimmern. Denn: "Wenn im Hörsaal die Decke bröckelt, bröckelt auch das Vertrauen in die Bildungspolitik", sagt Annika Wintersberger.
Bayerns Unipräsidenten fordern gemeinsam eine nachhaltige Erhöhung der Grundfinanzierung. Sie betonen, dass Projektförderungen ein wichtiger Innovationsmotor bleiben, jedoch ohne auskömmliche Grundfinanzierung nicht greifen werden und so zum Scheitern verurteilt sind.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!