Blick durch ein Türloch in ein Klassenzimmer, in dem die Stühle auf den Bänken stehen.
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Fehlen zu viele Lehrkräfte, droht Unterrichtsausfall. (Symbolbild)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Arne Dedert
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Start ins Schuljahr: Neue Diskussion um Lehrkräftebedarf

Start ins Schuljahr: Neue Diskussion um Lehrkräftebedarf

Trotz gestiegener Schülerzahlen in Bayern plant das Kultusministerium künftig weniger neue Lehrerstellen und sieht erste Erfolge der Sondermaßnahmen. Dagegen kritisiert die Gewerkschaft GEW die "Lehrerbedarfsprognose 2025" als Schönfärberei.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Auch zu Beginn des neuen Schuljahres gilt: Der Lehrermangel bleibt weiterhin die größte Herausforderung an den Schulen in Bayern. Deshalb kritisiert Markus Weinberger von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern die neue "Lehrerbedarfsprognose 2025" – denn die Bedarfszahlen fallen geringer aus als bisher.

GEW: Freistaat setzt falsche Prioritäten

Die Berechnung orientiere sich nicht an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler, sondern an der Haushaltslage, lautet Weinbergers Vorwurf: "Der Landtag hat beschlossen: 2026 keine neuen Stellen. Das Kultusministerium sagt, wir können die Lehrkräfte nicht einstellen. Und jetzt wird der Bedarf nicht mehr am pädagogisch Notwendigen orientiert, sondern am Geldbeutel."

Die Statistik des Kultusministeriums ist wichtig für die Personalplanung und zeigt Einstellungschancen für angehende Lehrerinnen und Lehrer. Ein Einstellungsmoratorium verringert den künftigen Bedarf, weil keine zusätzlichen Stellen geschaffen werden dürfen. Mit Ausnahme der Grundschule rechnen die Statistiker aber weiterhin mit Engpässen.

Entspannung an Grundschulen erwartet

Der entscheidende Faktor für diese Prognose ist der Zensus 2022. Aufgrund sinkender Schülerzahlen rechnet das Kultusministerium bereits ab dem nächsten Jahr damit, dass Grundschulen keine zusätzlichen Neueinstellungen mehr benötigen. Studierende auf Grundschullehramt sollen für einen Wechsel zur Mittelschule gewonnen werden, statt auf der Warteliste zu landen.

Damit stellt sich die Situation für die Mittelschule zwar schwierig dar, aber erheblich besser als bislang vorausgesagt. Obwohl das geplante Stellenmoratorium 300 Vollzeitkapazitäten im nächsten Jahr kostet, verringern laut Prognose die Effekte von Sondermaßnahmen die Lücke: dank mehr Vollzeit statt Teilzeitstellen, befristeten Verträgen oder Quereinsteigern. Gleichzeitig gehen die Statistiker davon aus, dass Mittelschullehrer seltener in Elternzeit gehen. Rein rechnerisch könnten die Mittelschulen den Lehrkräftemangel bereits 2029 überwinden.

Verschleiern schöne Zahlen die tatsächliche Not?

Gewerkschaftsmann Weinberger hält diese Hochrechnungen für irreführend. "Da sagt sich doch jeder Kollege in der Mittelschule, das ist doch nicht die Realität. Die Realität sieht so aus, dass jeden Tag Vertretung anfällt, jeden Tag eine Doppelführung. Jeden Tag werden Klassen aufgeteilt, weil wir keine Lehrkräfte haben."

Ministerin Stolz: Wir steuern erfolgreich dagegen

Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) erklärt im BR-Interview: "Die Prognose zeigt auf, was passieren würde, wenn wir nicht gegensteuern. Die Zahlen zeigen, wir steuern erfolgreich dagegen. Bei den Lehramtsanwärtern liegen wir 2025 mit über 4.200 etwas über den Werten der letzten Jahre." Kurzfristig sei für die Unterrichtsversorgung der Schülerinnen und Schüler in Bayern vorgesorgt, dazu kämen noch Kapazitäten im Bestandspersonal, beispielsweise mehr Stunden zu übernehmen.

Zu den Sondermaßnahmen aus dem "Gesamtkonzept Unterrichtsversorgung" zählen neuerdings pädagogische Unterstützungskräfte für den Deutschunterricht. Dazu kommen Quereinsteiger, also Masterabsolventen, die einen zweijährigen Vorbereitungsdienst durchlaufen.

Sprunghafter Anstieg der Schülerzahlen an Gymnasien

Gleichzeitig wachsen die Herausforderungen: Im Schuljahr 2025/26 steigt die Schülerzahl in Bayern erneut auf über 1,76 Millionen. 1.300 neue Lehrerstellen, rund 600 Stellen für Fachkräfte – etwa für die Verwaltung oder Zusatzaufgaben wie psychosoziale Betreuung – wurden deshalb geschaffen. Die zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer sollen vor allem den sprunghaften Anstieg der Schülerzahlen an Gymnasien abfedern, etwa 30.000 Schülerinnen und Schüler kommen in die 13. Jahrgangsstufe im G9. Zum Schulstart ist allerdings noch unklar, wie viele der Planstellen besetzt werden.

Experten: Stabilität im Schulalltag enorm wichtig

Die Bildungsforschung zeigt: Ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und ihren Klassen ist entscheidend für die Unterrichtsqualität. Dazu zählen Zeit für individuelle Förderung und ein verlässlicher Stundenplan. Stabilität im Schulalltag hilft dabei, das psychische Wohlbefinden, das soziale Verhalten und die Leistungsbereitschaft zu verbessern.

Dagegen belasteten größere Klassen und wechselnde Vertretungen, Lehrkräfte und Schüler, so die GEW. Der Lehrerberuf müsse auch für den Nachwuchs attraktiv bleiben. Auch deshalb dürfe Mehrarbeit nicht die Regel sein, auch wenn weiterhin sogenannte Sondermaßnahmen wichtig sind, um den Unterricht in Bayern zu sichern.

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