Ein normaler Montagabend in Regensburg, in der Nähe des Bahnhofs: Eine junge Frau telefoniert. Ein Mann, offensichtlich sehr betrunken oder unter Drogeneinfluss, schreit und pöbelt herum, rüttelt mehrmals aggressiv an einem Bauzaun, und belästigt wiederholt die junge Frau. Die bleibt erstmal ruhig: "Kannst du bitte einfach weiter gehen?" Als der Mann nicht aufhört, und der jungen Frau gefährlich nah kommt, schreitet das Fernseh-Team von "Kontrovers - Die Story" und "Report München" ein.
Regensburg: 20 Prozent mehr "Rohheitsdelikte" in Bahnhofsgegend
Die Stadt reagierte bereits auf solche Vorfälle. Seit Mitte 2024 gibt es eine Arbeitsgruppe aus Polizei, Justiz und Stadtverwaltung. Erste Maßnahmen: mehr Polizeipräsenz, mehr Beleuchtung und ein Spezialreferat für Intensivtäter. Um das Problem in den Griff zu bekommen, wurden außerdem im vergangenen Jahr einige Personen abgeschoben, die hier immer wieder straffällig geworden waren.
Dennoch ist die Zahl der sogenannten Rohheitsdelikte - also etwa Raub, Körperverletzung und Nötigung - in der Regensburger Bahnhofsgegend seit 2019 nach Berechnungen des BR-Politikmagazins "Kontrovers" um fast 20 Prozent gestiegen.
Im Video: Kontrovers - Die Story: Elend, Drogen, Kriminalität - Öffentliche Plätze vor dem Kollaps
Gegend um Nürnberger Bahnhof - laut Polizei "gefährlicher Ort"
In Nürnberg ist die Situation für Passanten und Anwohner ebenfalls belastend: Der Hauptbahnhof gilt als einer der gefährlichsten in ganz Deutschland. Tatsächlich wurde auch die Region rund um den Nürnberger Hauptbahnhof, darunter viele Parks, von der Polizei als "gefährlicher Ort" eingestuft. Laut bayerischem Gesetz sind dort deshalb Videoüberwachung und anlasslose Personenkontrollen erlaubt. Trotzdem steigt die Kriminalität. Das zeigen auch die Zahlen. Seit 2019 sind auch dort die Fälle der Rohheitsdelikte um rund 14 Prozent gestiegen.
Reporter von "Kontrovers - Die Story" durften zwei Polizeibeamte bei ihrer Tagschicht im Einsatz begleiten. Sie sind bei mehreren Drogenrazzien in Parks dabei, als die Polizisten mutmaßlichen Drogendealern hinterherjagen, sie kontrollieren, und in den meisten Fällen wieder laufen lassen müssen. Drogenhandel kann ihnen nicht nachgewiesen werden. Die Möglichkeiten der Polizei sind also oft begrenzt.
Bürgerinitiativen gegen Verwahrlosung in Köln und Hamburg
In anderen deutschen Städten ist die Lage ähnlich. Dort haben sich Bürgerinitiativen gegründet, um die Politik wachzurütteln. Beispiel Köln: Hier sind nach BR-Berechnungen Delikte der Straßenkriminalität rund um den Neumarkt, also dem größten öffentlichen Platz in Köln, seit 2019 um rund 30 Prozent gestiegen. Obwohl es auf dem Neumarkt sogar einen extra eingeführten "Konsumraum" gibt - wo Kokain, Heroin und Crack legal konsumiert werden dürfen, liegen dort überall Spritzen, Natron und Alufolie: Utensilien des Drogenkonsums.
Übergriff auf vierjähriges Kind in Hamburg - Stacheldraht um Kita
Auch im Hamburger Stadtviertel Sankt Georg wurde eine Bürgerinitiative gegründet. Dort hat sich die Situation ebenfalls dramatisch zugespitzt. Der Grund: Vor rund anderthalb Jahren gab es zahlreiche Verschärfungen und Polizeiaktionen, um den Hamburger Hauptbahnhof sauberer und sicherer zu machen. Dealer und Suchtkranke wichen deshalb in das angrenzende Viertel Sankt Georg aus. Anwohner Stefan Wiedemayer hat die örtliche Bürgerinitiative mitgegründet. Vor seiner Haustüre habe eine suchtkranke Person seine kleine Tochter ergreifen wollen, nur mit Gewalt habe er das verhindern können. Die Kita seiner Tochter in der Nähe ist mittlerweile mit einem hohen Stacheldraht geschützt.
Keine Einzelfälle - immer mehr gefühlte No-Go-Areas
Regensburg, Köln und Hamburg sind keine Einzelfälle. Auch wenn Deutschland zu den zwanzig sichersten Ländern der Welt gehört, die Wahrnehmung der Bürger sieht anders aus. 2017 fühlten sich 23 Prozent der Befragten eher oder sehr unsicher im öffentlichen Raum. Kurz vor der Bundestagswahl im Februar lag die Zahl schon bei 43 Prozent. Doch wie damit umgehen? Darauf gibt es immer weniger verlässliche Antworten, wie "Kontrovers - Die Story" und "Report München" zeigt.
Dieser Artikel ist erstmals am 26. März 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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