Feiern für Vielfalt: Am 24. Juni 2023 kamen rund 460.000 Menschen zum jährlichen Christopher Street Day in der Münchner Innenstadt.
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Feiern für Vielfalt: Am 24. Juni 2023 kamen rund 460.000 Menschen zum jährlichen Christopher Street Day in der Münchner Innenstadt.

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Studie: Diskriminierende Vorurteile in München verbreitet

Studie: Diskriminierende Vorurteile in München verbreitet

Offene Weltstadt München? Nicht immer. Eine Studie zeigt: Diskriminierung ist in der Landeshauptstadt genauso verbreitet wie im Rest der Republik. Jeder vierte Münchner möchte einen "Schlussstrich" unter die Aufarbeitung der NS-Herrschaft ziehen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Diskriminierende Einstellungen ziehen sich quer durch alle Gesellschaftsschichten der Münchner Bevölkerung. Das zeigt die von der Stadt München in Auftrag gegebene Studie "München-Monitor". In der von der Ludwig-Maximilians-Universität durchgeführten Untersuchung wurden Demokratiezufriedenheit und Diskriminierungserfahrungen unter Münchnerinnen und Münchnern erforscht.

Ausgeprägter israelbezogener Antisemitismus erkennbar

So möchte etwa ein Viertel der Münchner Bürger einen "Schlussstrich" unter die Aufarbeitung des Nationalsozialismus ziehen. Darüber hinaus stellten die Forscher einen ausgeprägten israelbezogenen Antisemitismus in der Münchner Stadtgesellschaft fest.

Betroffen von Diskriminierung seien vor allem Langzeitarbeitslose, Geflüchtete, Obdachlose, Sinti und Roma sowie Musliminnen und Muslime. Die Abwertungstendenzen in München sind mit denen in der gesamten Bundesrepublik vergleichbar.

Breite Zustimmung zur Demokratie

Zufrieden zeigen sich die meisten Münchner und Münchnerinnen mit den demokratischen Grundwerten. Allerdings sei auch eine Verschwörungsmentalität und empfundene politische Machtlosigkeit bei Teilen der Stadtbevölkerung erkennbar, schreiben die Studienautorinnen und -autoren.

Rassismus als häufigste Diskriminierungsform

30 Prozent der Befragten gaben an, dass sie in den letzten zwölf Monaten Opfer von Diskriminierung geworden seien. Mit 55 Prozent stehen dabei rassistische Formen von Diskriminierung deutlich an erster Stelle, gefolgt von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts mit 33 Prozent. Vier von zehn Befragten waren außerdem von Mehrfachdiskriminierung betroffen.

Rassistische Verhaltensweisen kommen regelmäßig und an vielen verschiedenen Orten vor, so die Studienmacher. Rassismus manifestiere sich in verschiedensten Formen: angefangen bei Klischee-Zuschreibungen und Beschimpfungen über unverhältnismäßige Kontrollen durch die Polizei bis hin zu körperlichen Angriffen und Gewalt.

Bürgermeister besorgt über "geschichtsvergessene Parolen"

"Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftspolitischen Situation ist es wichtig, sich mit den Ergebnissen der Studie auseinanderzusetzen und diese ernst zu nehmen", sagte Bürgermeister Dominik Krause von den Grünen. "Für mich als Bürgermeister liegt hier der klare Handlungsauftrag an die Stadtpolitik, Minderheiten und vulnerable Gruppen vor Diskriminierung, Abwertung und Ausgrenzung zu schützen."

Besondere Sorgen bereitet Krause, wie viele Menschen einen 'Schlussstrich' im Hinblick auf die Verbrechen der NS-Zeit fordern. "Dieser Wunsch birgt die Gefahr, dass geschichtsvergessene Parolen von 'Volk' und 'Vaterland' wieder als normal empfunden werden."

Politikwissenschaftlerin: "Noch viel Arbeit vor uns"

Miriam Heigl, Leiterin der Fachstelle für Demokratie, ergänzt, dass die Studie zeige, dass ein großer Teil der Münchnerinnen und Münchner demokratische Ideale verfolgt. "Andererseits lassen sie auch aufhorchen – insbesondere bezüglich der stark ausgeprägten Abwertung von Menschen aufgrund ihres prekären sozialen Status oder einer rassistischen Zuschreibung. Dies und die Anschlussfähigkeit von Verschwörungserzählungen zeigen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt für eine demokratische Stadtgesellschaft, in der Vielfalt als Normalität gelebt wird", sagte Heigl.

Der "München-Monitor" soll in Zukunft regelmäßig durchgeführt werden und so antidemokratische Entwicklungen in der Münchner Stadtgesellschaft abbilden können.

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