Wertingen bei Augsburg hat 9.000 Einwohner, ein Schloss, eine Pfarrkirche – und eine Polizeidienststelle. Dort arbeiten Bernd Seiler, Martin Hamm und Jonas Hörmann. Wie ist das, Polizist auf dem Land zu sein? Was ist dran am Klischee des Dorfsheriffs, der mit dem einzigen Streifenwagen durch den Ort schleicht, der alle kennt und von allen gekannt wird? Kontrovers – die Story begleitet drei Wertinger Polizisten, von der allgemeinen Verkehrskontrolle über die Dienstbesprechung mit Leberkäs bis zum Unfall im Wald.
Ein Klischee stimmt: Jeder kennt jeden. Martin Hamm ist seit neun Jahren bei der Polizeistation in Wertingen, er sagt: "Tatsächlich gehöre ich zu den wenigen, die am längsten da sind. Und dadurch, dass wir relativ wenig Kollegen auf der Dienststelle sind, natürlich auch irgendwie alle miteinander befreundet, kennst du einfach deine Kollegen und dadurch bist du automatisch routiniert."
Mehr Arbeit, weniger Personal
Routine ist auch die Leberkäs-Semmel bei der morgendlichen Dienstbesprechung im Headquarter der Polizeistation. Für Dienststellenleiter Josef Mayer gehören sie dazu, diese familiären Momente. Und sie erweisen sich auch in dienstlicher Hinsicht als Vorteil: Mayer ist der erste Ansprechpartner fürs Polizeipräsidium, einen Vorgesetzten hat er nicht. Das heißt auch: die gesamte Kommunikation läuft über ihn, ohne Umwege.
Der Nachteil: Die Einsatzorte liegen oft weit auseinander. Und viele Polizisten gibt es nicht auf dem Land. Meistens sind sie zu zweit auf Streife. Brauchen sie Verstärkung, kann das auch mal 15 Minuten dauern.
Auch hier gibt es Einsätze, bei denen jede Sekunde zählt: "Auf dem Navi stehen zwar elf Minuten, aber das sollten wir schneller schaffen. Also ich schätze, noch so sieben, acht Minuten". Kollege Jonas Hörmann wird zu einem Unfall im Wald gerufen, offenbar ist eine Person von einem Jägersteig vier Meter in die Tiefe gestürzt. Er scheint schwerverletzt.
Unfall oder Verbrechen?
Die Polizei wird dazu gerufen, weil auch Hunde vor Ort sein sollen. Es ist nicht sicher, ob die Rettungskräfte ihrer Arbeit nachkommen. Zudem kann es immer sein, dass es sich um einen Arbeitsunfall oder gar ein Verbrechen handelt.
Als Jonas Hörmann am Unfallort ankommt, sind die Rettungskräfte schon da. Es stellt sich heraus: Hier sind sogar zwei Personen schwer verletzt. Sie werden unmittelbar ins Krankenhaus gebracht. Polizist Hörmann geht nicht von einer Straftat aus: "Es ist eine rein medizinische Geschichte dann am Ende, also dann nichts für die Polizei", sagt Hörmann in Kontrovers – die Story.
Volksfest Wertingen: Präsenz zeigen
Beim alljährlichen Volksfest in Wertingen sind die Polizisten natürlich auch anwesend. Immerhin: Bis zu 1.600 Menschen feiern auf dem Gelände. Es geht in erster Linie darum, Präsenz zu zeigen – und sich einen Überblick zu verschaffen, wer potenziell Probleme machen könnte, sagt Martin Hamm.
Polizist Seiler: "Wir haben denselben Anspruch wie alle“
Einer davon: ein Jugendlicher, der Polizei bereits bekannt. Die Polizisten hatten im Voraus mit ihm besprochen: Keine Drogen und kein Alkohol – dann dürfe er sich dem Volksfest nähern. Doch daran hat er sich nicht gehalten: Sie finden Rauschgift in seiner Tasche. Der junge Mann wird von den Polizisten nach Hause gebracht.
Das Klischee des Dorfsheriffs, des "Lonely Wolf" im schleichenden Streifenwagen – es lässt sich in Wertingen nicht bestätigen. Bernd Seiler und Kollegen werden zu unterschiedlichsten Einsätzen gerufen: "Wir haben denselben Anspruch wie alle anderen Kollegen auf anderen Dienststellen auch. Es ist ein anderes Arbeiten, aber grundsätzlich gibt es auch hier sehr viel zu tun."
Und dazwischen bleibt sogar Zeit für eine Leberkässemmel.
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