Degerndorfer Wallfahrt
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Vom Krieg verschont: Degerndorf dankt Maria noch heute

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Vom Krieg verschont: Degerndorf dankt Maria noch heute

Vom Krieg verschont: Degerndorf dankt Maria noch heute

Seit 1948 gibt es im oberbayerischen Degerndorf jeden Sommer monatlich eine kleine Wallfahrt auf einen nahen Hügel. Denn nach zwei brenzligen Situationen im Krieg gelobten die Dorfbewohner, dort eine Kapelle zu bauen und Maria regelmäßig zu danken.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

Zweimal war Degerndorf (Lkr. Bad Tölz-Wolfratshausen) während des Zweiten Weltkriegs in großer Gefahr: Am 16. November 1944 ging östlich des Ortes ein Bombenteppich nieder – möglicherweise wollten die Piloten eine Fabrik oder Gleisanlagen in Geretsried treffen. Im Dorf gab es zum Glück nur Flurschaden und keine Verletzten oder zerstörte Häuser. Wer die Stellen kennt, findet aber auch heute noch einige der Bombenkrater im Wald und auf den Feldern.

Gut einen Monat später explodiert nahe des Ortes ein mit Brandbomben beladener britischer Lancaster-Bomber in der Luft – möglicherweise hat ihn die Flag in Eurasburg erwischt. Die Splitter verteilen sich über drei Quadratkilometer und bleiben etwa in Baumstämmen stecken. Der damals siebenjährige Hans Nocker kann sich noch an den enormen Knall erinnern, am nächsten Tag hat er das Wrack besichtigt. "Einer der Propeller war noch da und ich habe einen Stiefel gesehen, der etwas blutig war."

Degerndorf blieb im Krieg zweimal verschont

Wie durch ein Wunder wurde wieder kein Haus im Dorf beschädigt und niemand verletzt. Sechs Besatzungsmitglieder der Lancaster kamen ums Leben, nur einer hatte sich mit einem Fallschirm gerettet und lief ins Dorf. Dort wollten ihn die Bewohner zunächst erschlagen, wie sich Hans Nocker erinnert, doch der Bürgermeister sei eingeschritten und habe einen von ihnen angewiesen, den Verletzten mit dem Pferdewagen ins Krankenhaus nach Tutzing zu fahren. Jahre später sei er nach Degerndorf gekommen, um sich zu bedanken. Allerdings erst im zweiten Anlauf, beim ersten Mal sei er in Deggendorf gelandet, erzählt Nocker.

Die umgekommenen Briten wurden dann – entgegen der Anweisung der SS – am Friedhof beerdigt, und einer der Propeller auf das Grab gestellt. Heute erzählt man sich im Dorf, dass die Alliierten das Dorf wegen dieser Bestattung nicht geplündert hätten. Inzwischen sind die Besatzungsmitglieder längst umgebettet.

Gelöbnis, eine Kapelle zu erbauen

Nach den beiden gefährlichen Situationen gelobten die Degerndorfer, der Jungfrau Maria auf einem nahegelegenen Hügel eine Kapelle zu erbauen, wenn das Dorf bis Kriegsende verschont bliebe. Das nahmen sie dann auch gleich 1945 in Angriff. Baumaterialien waren jedoch Mangelware, die Ziegel holte man aus zerbombten Häusern in München und an das Glas für die Fenster kam man nur, weil für eine Kirche in der Nachbarschaft statt buntem, normales Glas geliefert worden war. Nach drei Jahren war die Kapelle dann fertig.

Seither pilgert das Dorf von Mai bis Oktober jeden 13. des Monats betend auf den Hügel und feiert dort eine Andacht mit Gebeten, Singen, Dank und Segen. Manchmal spielt auch eine kleine Blasmusik. "Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehören meist zur älteren Generation", sagt Rosemarie Holzer, die den Bittgang gemeinsam mit anderen Frauen organisiert. "Die Jüngeren haben leider etwas den Bezug verloren." Sie fände es schade, wenn die fast 80-jährige Tradition des Dorfes eines Tages verloren ginge.

Im Video: Degerndorfer danken singend für Verschonung im Krieg

Maria-Dank-Kapelle bei Degerndorf
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